11. Das Bergmännlein auf der Hochzeit.

Brixener Volksbüchlein a.a.O.


Im Dorfe Glas, eine Stunde vom Untersberge, war einmal eine Hochzeit. Alles war heiter und lustig. Da kam auf einmal ein Bergmännlein, das seinen Berg verlassen hatte, in die Wirthsstube, wo eben getanzt wurde. Sogleich bat er, auch mittanzen zu dürfen, und als man es ihm bewilligte, da machte er mit mehreren Jungfrauen allemal drei Tänze. Er tanzte so zierlich und schön, daß alle Anwesenden Freude und Lust fanden, ihm zuzuschauen. Nachdem er getanzt hatte, schenkte er jeder [15] der Brautpersonen eine kleine Münze, die vier Kreuzer werth war, und sagte ihnen, sie sollten sie zu ihrem übrigen Gelde legen, und der Segen werde ihnen dann gewiß nicht fehlen. Zugleich gab er ihnen Allen Ermahnungen, sie sollten lustig und fröhlich sein, aber in Ehren, sie sollten in Frieden und Eintracht mit einander hausen, und ihre Kinder christlich und fromm erziehen. Zu den Brautleuten sprach er, sie sollten nicht hoffärtig werden, und von dem Ueberflusse, der ihnen werden würde, auch ihren Nachbarn mittheilen; denn nur dann werde der Segen und der Reichthum ihnen bleiben. Nach diesen Ermahnungen blieb er noch bei der Hochzeit, bis es Nacht ward, trank und aß mit ihnen, aber nur weniges. Endlich bedankte er sich und verlangte einen Mann unter den Holzleuten, der ihn über den Fluß Salzach zu seinem Berg führte. Dazu erbot sich auch ein Fischer, Namens Johann Ständl, und das Bergmännlein ging mit ihm an den Fluß zur Ueberfahrt. Während sie überfuhren, verlangte der Fuhrmann seinen Lohn, und das Bergmännlein gab ihm in Demuth drei Pfennige. Dieß verschmähte der Schiffer und beklagte sich auch darüber, daß es ihm zu wenig sei. Das Bergmännlein gab ihm aber zur Antwort, er sollte die drei Pfennige nur behalten; denn er würde dann an seiner Baarschaft keinen Mangel zu erleiden haben, wenn er anders seinem Uebermuthe Einhalt thäte. Zugleich gab das Männlein dem Schiffmann ein kleines Steinlein, und sprach zu ihm die Worte: »wenn du dieses an den Hals hängen wirst, so wirst du nie zu Grunde gehen!« Zuletzt ermahnte er den Fuhrmann noch zu einem demüthigen Lebenswandel, und ging schnell, nachdem er ausgestiegen war, von dannen und dem Berge zu. – Was ihm das Männlein von der Wunderkraft des Steinleins gesagt hatte, ging in demselben Jahre noch in Erfüllung; denn es rettete ihn wirklich vom Ertrinken.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Schöppner, Alexander. Sagen. Sagenbuch der Bayerischen Lande. Erster Band. 11. Das Bergmännlein auf der Hochzeit. 11. Das Bergmännlein auf der Hochzeit. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-F689-2