1078. Das alte Schloß von Saalenstein.
Mündlich.
Folgt man von Hof aus südlich dem Laufe der Saale, so liegt an deren linkem Ufer, zwischen den Dörfern Unterkotzen und Saalenstein, da, wo sich die Göstra über Felsenblöcke den Weg in die Saale bahnt, auf waldbewachsener Anhöhe, die Trümmerstätte der alten Burg Saalenstein; im Munde der Landleute nur das alte Schloß genannt. Diese Burg gehörte zu Kaiser Heinrich IV. Zeiten einem wilden Ritter, der das Faustrecht nach damaligem Brauche übte, wo er nur konnte. Da er aber die Unterthanen der benachbarten Edelleute auch nicht verschonte, so beschlossen diese, dem Unfuge ein Ende zu machen, nahmen seine Burg mit Sturm ein, wobei er selbst sein Leben einbüßte, und ließen das Raubnest schleifen. Seit dieser Zeit liegt die Burg in Trümmern.
Die umwohnenden Landleute und alte Jäger behaupten, in der Nähe dieser Burgstätte sei es nicht geheuer, auch wagt Niemand Nachts diese Stelle zu betreten. Hirten wollen zu verschiedenen Tageszeiten eine weiße Frau gesehen haben, welche von der Burgstätte herab an das Ufer der Göstra steigt, daselbst ein Tüchlein wäscht und wieder verschwindet. Kleine Männchen sollen das Vieh auf der Weide beängstigen; eilen die Hirten nun dahin, wo sie die Männlein sehen, so finden sie an deren Stelle ein Stück Moos oder Baumwurzeln. Noch geht die Sage, es lägen in den [128] Kellergewölben des zerstörten Schlosses die von den Rittern geraubten Schätze verborgen. Am St. Johannistage, um zwölf Uhr Mittags, soll auf der Burgstätte eine Johannisblume erblühen. Wer so glücklich ist, dieselbe zu finden und mit der Wurzel auszureißen, dem wird dadurch die Macht verliehen, die verborgenen Schätze zu heben.