Theon an Wilhelminen
Wilhelmine, o du Holde!
Die beim ersten Blick entzückt,
Denn mit seinem reinsten Golde
Hat der Himmel dich geschmückt.
[416]Höre – nicht mit Liebesklagen
Füll' ich dieses Lied dir an;
Meine Augen mögen sagen,
Was der Mund nicht stammeln kann.
Deiner Schönheit Pfirsichblüthe,
Deiner Laune Heiterkeit;
Ach, dein Herz voll Himmelsgüte,
Das die Unschuld nie entweiht;
Deiner Augen stilles Feuer,
Drin der Liebe Schmachten flimmt,
Hat, o Traute! meine Leier
Heut zu deinem Lob gestimmt.
Alles tönt mir: Wilhelmine!
Ueberall seh' ich dein Bild,
Wie dir aus verklärter Miene
Weiblichzarte Anmuth quillt.
Wilhelmine! hallt's in Lüften,
Wilhelmine! seufzt der Bach,
In des Mondes Silberdüften
Seufzt es meine Seele nach.
Wilhelmine, kann dies Wallen,
Kann dies Klopfen meiner Brust,
Kann ein Jüngling dir gefallen,
Der der Treue sich bewußt?
Ach, so schaue mit den Blicken
Deiner Engelhuld auf ihn,
Wonnestrahlendes Entzücken
Reißt dann seine Seele hin.
O in deinen Armen leben,
Wilhelmine, welch ein Glück!
Unsichtbare Geister schweben
Goldgeschwingt um meinen Blick!
O mit dir! mit dir! – wie helle
Wär's in meinem trüben Sinn:
Hüpfend, wie die Silberwelle,
Tanzte mir dies Leben hin.