[171] Ueber Wildemann, einem Bergstädtchen am Harz

Den 28sten April 1816.


Die Winde sausen
Am Tannenhang,
Die Quellen brausen
Das Thal entlang;
Ich wandr' in Eile
Durch Wald und Schnee,
Wohl manche Meile
Von Höh zu Höh.
Und will das Leben
Im freyen Thal
Sich auch schon heben
Zum Sonnenstrahl;
Ich muß vorüber
Mit wildem Sinn
Und blicke lieber
Zum Winter hin.
[172]
Auf grünen Haiden,
Auf bunten Au'n,
Müßt' ich mein Leiden
Nur immer schaun,
Daß selbst am Steine
Das Leben sprießt,
Und ach! nur Eine
Ihr Herz verschließt.
O Liebe, Liebe,
O Mayenhauch!
Du drängst die Triebe
Aus Baum und Strauch;
Die Vögel singen
Auf grünen Höhn;
Die Quellen springen
Bey deinem Wehn!
Mich läßt du schweifen
Im dunkeln Wahn
Durch Windespfeifen
Auf rauher Bahn.
O Frühlingsschimmer,
O Blürhenschein,
Soll ich denn nimmer
Mich dein erfreun?

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Schulze, Ernst. Gedichte. Poetisches Tagebuch. Ueber Wildemann, einem Bergstädtchen am Harz. Ueber Wildemann, einem Bergstädtchen am Harz. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-0476-1