Eduard Böcking
gewidmet.
[5]Eduard Böcking
gewidmet.
[5]Nächst Goethes Faust hat ohne Zweifel das altePuppenspiel von Faust unter allen Gedichten, wozu die Faustsage Veranlaßung gegeben hat, das gröste poetische Verdienst. Es stellt die Faustsage anziehender dar, als das Volksbuch und reiner als Goethe, der sich nach dem Grundgedanken seines Gedichts von der Sage, der Fausts Höllenfahrt wesentlich ist, entfernen muste. Von dem Werk des großen Meisters wird es nicht in Schatten gestellt; es ist in seiner volksmäßigen Art ebenso kühn und geistreich erfunden und durchgeführt; als Bühnenspiel runder und von stärkerer, wenn auch nicht so tiefgreifender Wirkung. Außerdem hat es als die nächste Quelle Goethes, so wie Lessings und Maler Müllers, eine große Bedeutung. Es ist daher zu verwundern, daß man es nicht früher herzustellen versucht hat.
[6] Von der Schütz- und Dreherschen Gesellschaft, die noch in den zwanziger Jahren mit ihrem Casperle-Theater mehrmals nach Berlin kam (sie war in Oberdeutschland zu Hause und zuletzt in Potsdam angesiedelt), hatte ich dieß Puppenspiel wiederholt aufführen sehen. Sehr zu Statten kamen mir außerdem bei der nachstehenden Aufzeichnung Franz Horns bekannter Bericht, die beiden Mittheilungen Von der Hagens, und Emil Sommers Skizze einer noch 1844 in Berlin gesehenen Aufführung. Keine dieser Meldungen stimmt in allen Stücken mit der andern. Als Sommer seine Skizze niederschrieb, war der alte Schütz, der jener Gesellschaft zuletzt allein vorstand, schon todt; Franz Horn scheint aber Schütz zu folgen und von Von der Hagens erster Probe steht dieß fest. Am abweichendsten ist dessen zweite Probe, die sich auf ein Manuscript des Puppenspielers Geißelbrecht gründet, welches 1832 durch den Herrn Obersten von Below in 24 buchstäblichen, nur zu Geschenken bestimmten Abdrücken vervielfältigt worden ist. Es führte den Titel: Dr. Faust oder der große Negromantist, Schauspiel mit Gesang in fünf Aufzügen. Berlin, ganz neu gedruckt. 12. 24 Blätter ohne Seitenzahl. Merkwürdigerweise hatte Geißelbrecht am Schlusse seines Manuscripts beigeschrieben: »(Alles was unterstrichen ist beweget mich, daß ich Fausten nie wieder aufführen werde.)« Herr Von der Hagen bemerkt [6] hierüber: »Diese Stellen, im Drucke gesperrt, sind theils Beschwörungen und Missbrauch heiliger Namen, theils Kaspars Schilderung seiner lästerlichen und verbrecherischen Sippschaft, als Wagner ihn in Dienst nimmt.«
Keiner dieser abweichenden Meldungen konnte ich allein folgen; keine ist unbenutzt geblieben: die besten Züge muste ich aus ihnen allen zusammenlesen. Einzelnes verdanke ich meiner eigenen Erinnerung. Wesentliches habe ich nicht hinzugethan. Daß der Dialog, die Ausführung überhaupt, gröstentheils Mir gehört, und alle Verse auf meine Rechnung kommen, brauche ich nicht erst zu sagen. Wer genauere Auskunft begehrt, mag die Quellen vergleichen, aus welchen ich geschöpft habe.
Bekanntlich lehnte Schütz alle Anfragen über das Manuscript seines Puppenspiels mit der Versicherung ab, daß es nur im Gedächtniss aufbewahrt würde. Sollte gleichwohl einmal eine schriftliche Aufzeichnung zu Tage kommen, so wird sie von der meinigen schwerlich in Hauptzügen abweichen.
Ich kann diese Gelegenheit nicht vorübergehen laßen, ohne den Wunsch auszusprechen, daß man den Puppentheatern, die vormals einen Schatz guter alter Stücke besaßen, doch mehr Aufmerksamkeit schenken möchte. Das Meiste wird freilich jetzt schon untergegangen und durch moderne [7] Opern und gehaltlose Possen verdrängt sein; aber das Wenige, was sich hier und da noch erhalten haben mag, verdient um so mehr aufgezeichnet und veröffentlicht zu werden. Schon bloße Berichte über Inhalt und Verlauf der Stücke würden unsern Dank verdienen. Lebte ich selbst an einem Orte, wo ein Casperletheater oder ein s. g. Henneschen, wie sie am Niederrhein heißen, noch altüberlieferte Stücke gäbe, so würde ich mir dieß Verdienst nicht entgehen laßen. Volkslieder, Volksmärchen und Volkssagen fängt man endlich an eifrig zu sammeln,der deutschen Volksbühne hat man bisher noch fast gar nicht gedacht.
Bonn im Januar 1846.
K. S.
[8][1]Personen:
Verzeihen Euer Magnificenz. Eben komme ich von der Post. Es sind für heute keine Briefe angekommen; aber gerade stiegen drei Studenten aus dem Postwagen, welche Ew. Magnificenz ein Tractätlein überreichen wollen.
Geht, Wagner, und sagt ihnen, daß ich keine Tractätlein mehr annehme. Ich bin der kopfbrechenden Arbeit müde, bei der ich das tägliche Brot nicht verdiene.
Verzeihen Ew. Magnificenz, es ist keine Doctordissertation, die Ihr übersetzen und zustutzen sollt. Es ist gedruckt. Ich habe das Titelblatt gelesen, es heißt: Clavis Astarti de Magica.
[9]Ha! nun blüht mein Glück. Nun wird mir, was ich so sehnlich erwünscht, so lange gesucht habe. Hab ich nicht an alle Universitäten um das Buch geschrieben; aber nirgends war es mehr zu finden. Ha! nun zittert vor mir, ihr unterirdischen Geister, zittert vor mir, ihr Bewohner des Tartarus! Faust wird euch zwingen, das Geheimste zu offenbaren, die verborgenen Schätze auszuliefern, die zu lange in der Erde gemodert haben.
Verzeihen Ew. Magnificenz, die drei Studenten sind da. Hier ist das Buch, das sie euch bringen wollten.
Dank, lieber Wagner, tausend Dank. Jetzt bin ich glücklich. Bald wird sich unser Schicksal ändern, bald werden wir diese armselige Hütte verlaßen und in Pallästen wohnen. Bald soll die Welt von Doctor Faust anders sprechen. Was hat mir das viele Studieren geholfen? Das nächtliche Wachen über den Büchern? Presst sie aus, Wagner, und wenn Ihr in all den Folianten und Quartanten einen Tropfen Lebensweisheit findet, so will ich mich gleich dem Teufel verschreiben.
Ich wünsche selbst, daß sich unsere Umstände beßern möchten. Aber noch eine Bitte hab ich an Ew. Magnificenz.
Ich wollt Ew. Magnificenz bitten, ob ich mir nicht einen Gehülfen annehmen dürfte, der mir in der groben Hausarbeit etwas zur Hand gienge, damit ich mich beßer aufs Studieren legen könnte.
[11]O ja, lieber Wagner, diese Bitte sei euch gewährt. Aber ich liebe verschwiegene Menschen in meinem Hause. Noch eins, wenn mich heute Jemand sprechen will, so sagt, ich wär ausgegangen.
Sehr wohl, Ew. Magnificenz. Aber wollt Ihr nicht wenigstens die Studenten sprechen? Sie wißen, daß Ihr daheim seid, und möchten euch doch gesehen haben, ehe sie abreisen.
Wenn mich jetzt mein Vater Papa sehen thät, der würd sich gewiss was Rechts freuen. Denn er pflegt' immer zu sagen: Casperle, mach, daß du dein Sach in Schwung kriegst. O jetzund hab ich mein Sach in Schwung, denn ich kann mein Sach haushoch werfen. Wirft sein Felleisen in die Höhe. Ha! jetzund bin ich auf zehn Jahr versorgt, wenn ich gleich in zwanzig nix brauch. Zu allererst Mit stolzer Miene das Felleisen öffnend. hab ich in meinem Ranzen einen funkelnagelneuen Rock; der Ueberzug und das Futter – hehe! liegt aber noch beim Kaufmann im Laden; ich darf aber nur das Geld hinschicken, so krieg ich das Zeug, das Futter, die Knöpfe, alles gleich vom Stück abgeschnitten. Dann hab ich noch ein Paar Stiefeln – die Schäfte und die Sohlen liegen aber noch beim Schuster. Aber Spaß beiseit: es ist doch eine verzweifelte Sach, wenn man ein vacierender Gesell ist und keinen Herrn finden kann. Da lauf ich nun schon eine halbe Ewigkeit herum und [13] kann keinen Dienst kriegen, und wenns so fort geht, behalt ich keine heile Sohl an meinen Füßen und Hunger hab ich dabei, ich wollt alle Berge wegeßen und wenns lauter Pasteten wären, und das ganze mittelländische Meer wollt ich aussaufen und wenns lauter Champagner wär. Aber Potz Blitz Mordbataillon! Hier soll ja ein Wirthshaus sein und ich sehe doch keinen Krug, kein Glas, keinen Wein, kein Bier und auch keinen Kellner. Muß doch einmal Lärm machen. Heida, Kellner, Hausmeister, Kammerdiener, Hausknecht, Kammerjungfer, Wirthschaft! Heda, ein fremder Prassagier ist angekommen.
Ei so hört! Nun kommt ihm noch Geld heraus. Ist das hier zu Land Brauch, die Gäste so lang warten zu laßen, die Hunger und Durst und keinen Pfennig in der Tasche haben?
Ihr seid im Irrthum, guter Freund. Ihr meint wohl, hier wär ein Wirthshaus, wo man für Geld Speis und Trank haben kann. Da müßt ihr ein Haus weiter gehn.
Was Ihr sagt? Hier ist kein Wirthshaus? Hier kann man nichts haben für sein Geld, wenn man auch keins hat?
[15]Na, ich bin auch nit so. Wenns nit anders sein kann, will ich euch mein guts Gemüth zeigen und eine Malzeit umsonst annehmen. Ich hätts sonst für Geld gethan, wenn ichs gehabt hätt. Aber nun macht auch weiter keine Umständ. Ich mach auch keine. Setzt sich an den Tisch. Tragt auf was das Haus vermag und wenns doppelt so viel wär. Es kommt mir nit drauf an, wenn ich auch einen Knopf springen laßen muß.
Man muß Mitleid haben mit dem einfältigen, ungelehrten Menschen. Wenn er studiert hätte, wär er vielleicht so lustig nicht. Je gelehrter ich werde, je mehr büß ich an meiner natürlichen Munterkeit ein. Am Ende schlüg ich zwei Fliegen mit Einer Klappe, wenn ich den Burschen zum Bedienten annähme, denn ich hätte zugleich einen Lustigmacher und Grillenvertreiber. [16] Laut. Hör er, guter Freund, mit der Malzeit ist es nichts; aber laß er mit sich reden: vielleicht findet er doch noch ein Stück Brot hier. Ich suche einen Bedienten: da kommt Ihr eben zurecht, wenn Ihr in meine Dienste treten wollt. Ihr sollt es gut bei mir haben: mein Herr, seine Magnificenz, der Doctor Faust, läßt es mir an Nichts fehlen. Ich bin seine rechte Hand, so zu sagen sein alter ego.
Was das Stück Brot betrifft, das wär mir schon recht, wenns auch Kuchen wäre. Aber es kann nix draus werden, weil ich einen Herrn suche.
Paperlapap! Den kann ich nicht an ihm finden. Er ist ja nur ein Bedienter, und einen Bedienten such ich nit, ich such einen Herrn.
Woher ich das weiß? Ja, das rath er einmal. Aber er sieht mir nit aus wie ein Rathsherr. Ich will es ihm nur sagen. Hat er nit von seinem Herrn gesprochen? Wer einen Herrn hat, der ist ein Bedienter. Ich brauch aber keinen Bedienten.
Daran stoß er sich nicht. Wenn ich gleich selbst einen Herren habe, so kann ich doch noch einen Bedienten brauchen. Ich will ihn aber auch, wenns ihm recht ist, in meines Herren Dienste aufnehmen.
Zwanzig Goldgülden? Das ist zu wenig. Dafür kann ichs nit thun. Ich verlange zum Wenigsten sechs und dreißig Groschen.
Ja jährlich, Jahr für Jahr, alle Jahr, die Gott ins Land gehn läßt. Darunter kann ichs nit thun, mit dem besten Willen nit.
Ei, so ist er nicht klug. Ich biet ihm ja mehr. Laß er sich doch belehren: er thut sich ja selbst den grösten Schaden. Ein Goldgülden ist ja mehr werth als sechs und dreißig Groschen, und ich biet ihm zwanzig. Aber weil ers nicht versteht, so will ich ihm noch sechs und dreißig Groschen Trinkgeld obendrein geben, damit er seinen Willen hat. Ist ers zufrieden? Zwanzig Goldgülden Lohn und sechs und dreißig Groschen Trinkgeld.
Nein, daraus kann nix werden. Ich will meine Haut so theuer zu Markt tragen als möglich. Ich verlange sechs und dreißig Groschen Lohn und zwanzig Goldgülden Trinkgeld. [19] Sonst sind wir geschiedene Leut. Nun thu er was er nit laßen kann. Dixi!
Er Einfaltspinsel! Aber ich muß dem Kindskopf nachgeben. So soll er seinen Willen haben, ich geb ihm was er verlangt hat. Aber er muß verschwiegen sein.
Ich kann Alles verschweigen, sonderlich was ich nit weiß. Aber nun laß er die Malzeit anfahren, denn ich bin bei gutem Appetit und werd nit satt von seinem Milchsuppengesicht.
Sonderbar, die Studenten sind verschwunden und in der ganzen Stadt nicht mehr aufzutreiben. Aber gleichviel, bleibt mir doch das Buch, das sie gebracht haben. Ich bin allein: nun will ich das Studium der Magie beginnen. Er schlägt das Buch auf und liest. Also so muß ichs machen? Nichts leichter als das. Und darüber hab ich mir so lange den Kopf zerbrochen? Er löst seinen Gürtel, legt ihn auf den Boden in einen Kreiß und tritt mit einem Stab hinein. Nun will ich die Geister beschwören.
Da sind ihrer ja gleich genug. Aber welchen wähl ich? Ich muß den Grad ihrer Geschwindigkeit erforschen. Du da, mit den weißen Hörnern, gieb Antwort. Wie heißest du?
Ha! um so schnell zu sein, brauch ich keine Geister. Zurück, wo du hergekommen bist. Apage male spiritus. Der nächste! Wie heißest du?
So geschwind wär ich zur Noth auch noch. Zurück, wo du hergekommen bist. Apage male spiritus. Der folgende! Wie heißest du?
Das geht wohl an, muß aber noch beßer kommen. Apage male spiritus. Die Reih ist an dir, Rothkopf. Wie heißest du?
Geschwind wie der Wind? Eine schöne Geschwindigkeit; [26] doch mir zu langsam. Apage male spiritus. Nun sind noch zwei übrig. Wie heißest du denn, Kaminfeger?
So ist die Pest geschwinder als der Wind? Aber der nächste muß ihm noch drüber sein. Apage pessime spiritus. Wie heißest du denn, Ultimus?
Du bist mein Mann. Wie der Gedanke des Menschen? [27] Was kann ich mehr verlangen, als daß meine Gedanken erfüllt werden sobald ich sie denke? Weiter bringt es Gott selbst nicht. Eritis sicut deus. – Willst du mir dienen?
So frag ihn ob du mir acht und vierzig Jahr dienen darfst. Hernach will ich dir dienen. Aber kehr wieder in menschlicher Gestalt. Ich mag die Affen nicht und bin es müde hier im Kreiße zu stehen. Und sage deinem Herrn, daß ich den Genuß aller Herrlichkeiten der Welt, Schönheit, Ruhm und wahrhafte Beantwortung aller meiner Fragen verlange.
Deine Bedingungen sind dir gewährt, aber vier und zwanzig Jahr ist die längste Frist, auf die ich mich dir verdingen darf.
Vier und zwanzig Jahr. Das ist mancher Tag und manche schöne Nacht. Gut denn, ich willige in diese Bedingung.
Must dus Schwarz auf Weiß haben, so schaff Dinte herbei, denn in meinem Köcher ist sie längst vertrocknet.
Schwarz auf Weiß nicht, aber Roth auf Weiß. Es bedarf nur eurer Unterschrift, der Pact ist schon in optima forma geschrieben. Die Unterschrift bitt ich mir mit euerm Blut aus. Hier ist eine Nadel, damit ritzt euch den Finger.
Ich schwöre Gott und dem christlichen Glauben ab.
Nach vier und zwanzig Jahren, das Jahr zu dreihundert fünf und sechzig Tagen gerechnet, will ich dein sein mit Leib und Seele.
Ich gelobe mich in all der Zeit nicht zu waschen noch zu kämmen, auch Haar und Nägel nicht zu verschneiden.
Ich will den Ehestand meiden.
Sonderbar! die letzten Bedingungen kommen mir am härtesten vor, und doch sind die ersten ohne Zweifel viel schlimmer. Doch was hilft das Grübeln? Ich nehme sie alle miteinander an.
So höre, Mephistopheles. Du bist mir nun in menschlicher Gestalt erschienen; aber das rothe Unterkleid unter dem Mantel kleidet dich schlecht und verräth den Unterthanen unheimlicher Mächte. Mit dem langen Horn an der Stirne siehst du gar wie ein Hahnrei aus. In solcher Gestalt kann ich dich unter Menschen nicht producieren.
[32]Darum sorgt nicht. Nur für euch erschein ich in dieser Gestalt; in den Augen aller andern Menschen seh ich immer so aus, wie ihr es gerade wünscht. So sollt auch ihr in aller Menschen Augen der schönste Mann sein, wenn ihr euch gleich, wie ihr versprochen habt, weder kämmt noch wäscht.
Schon gut. Aber wohin nun? Hier in Mainz halt ichs nicht aus. Und wenn ich Salomons Weisheit hätte, so glaubte mir doch Niemand, weil ich Professor bin.
Mein Luftmantel soll uns alsbald an den Hof des Herzogs von Parma tragen, der eben Hochzeit hält. Da mögt ihr in allen Freuden schwelgen und mit Zauberkünsten Ruhm und Ehre gewinnen. An Liebesabenteuern soll es auch nicht fehlen. Nehmen wir auch euer Gesinde mit?
Den bringt nach, aber auf einem andern Gefähr. Ich hab [33] euch unterwegs noch dieß und das zu fragen, wovon er nichts zu wißen braucht.
Pardauz! Nun weiß ich auch wie lang dieß Zimmer ist. Unglück über Unglück begegnet mir hier im Hause. Das ist kein guter Angang. Kaum hab ich den Speisezettel von oben bis unten durchgegeßen, so ists als wärens lauter Windeier gewest und ich kann von vorne wieder anfangen. Und ein Rattennest wie das ist mir halt noch nit vorkommen. Sie beißen einem das Brot vom Munde weg. Und was für Ratten? Ellenlang mit solchen Bärten! Hier bin ich gewiss wieder über einen Rattenschwanz gestolpert. Laß doch schauen. Was ist denn das? Ein Schneidermaß? Hat sich mein Herr einen neuen Rock anmeßen laßen, oder ist er gar selbst ein Schneider? Das Maß will ich einstecken, wenn mir wieder so ein Rattenkönig begegnet, daß ich meßen kann, wie lang er ist. Kann aber doch [35] nit denken, daß mein Herr ein Schneider ist. Was sollt ein Schneider mit all den Büchern machen? Es können doch nit lauter Modejournale sein. Da liegt gleich eins auf dem Tisch. Ich will doch zuschauen. Näher tretend und im Buche blätternd. Das ist gewiss ein Brevier, wo der Herr draus betet. Es ist doch kein Schneider: die sind nit so fromm, sie laßen zu viel in die Hölle fallen. Liest. K – k – katz – Pu – del oder wie das heißen mag. Das ist doch curios, wenn Eins lesen will und kann nit buchstabieren. Ich hätts gewiss gelernt; aber meine Großmutter starb so früh, denn wie sie starb, da war ich noch ein Kind von zwanzig Jahren. Ich muß aber doch sehen, ob ichs nit herausbring. Katz-Pudel heißt es nit, das seh ich schon. Erstes Kapitel. Ah, das will sagen Schnapitel, erstes Schnapitel. Nu kommen wir an die Sach.Liest. »Wenn – man – will – die – Geister – kommen – laßen – so sagt man – Perlippe.«
Da mag der Daus mit euch eßen. Liest weiter. Wenn man will – daß die Geister – verschwinden – so sagt man Perlappe.
Jetzt bin ich schon ein ganzer Hexenmeister. Sind doch wunderliche Geschöpfe! Was unser Herrgott nit vor Zeugs gemacht hat! Muß doch hören was sie treiben. Rattenschwanz, wie heißt du?
Kann er das? Das ist schon Was; aber ich glaubs halt nit. Da hab ich einen Leuchtthurm am großen Zehen, den mach er einmal zunichte.
Ah, ist er so ein Held? Er thut auch nix umsonst, merk ich. Aber ein dummer Teufel ist er doch, sonst wüst er beßer Bescheid. Aber den langweiligen alten Gesellen bin ich satt. Da ist ein handhohes freundliches Teufelchen, das will ich einmal fragen. Wie heißt du, alter Bursch?
Wie ist mir denn? Xerxes? Ist das nit ein unüberwindlicher großer General gewest, der doch zuletzt 's Laufen gelernt hat? Wie alt ist er denn?
[38]Ei, noch so jung und hat schon Haar ums Kinn? Na, aus ihm kann mit der Zeit noch ein tüchtiger Kerl werden, wenn er es nur hübsch angreift. Aber er muß nit zu lang schlafen und das Schnapstrinken laßen. Der thut nit gut fürs Wachsthum. Ich habs an meiner Mutter ihrem Mops gesehen. Kerls, ihr stinkt aber pestialisch. Macht daß ihr fortkommt. Perlappe.
Perlippe, Perlappe, Perlippe, Perlappe, Perlippe, Perlappe, Perlippe. Er wechselt mit den Worten so geschwind, bis er endlich außer Athem kommt und mit dem Worte Perlippe schließt. Die Teufel, die er hin und her gehetzt hat, rächen sich an ihm, indem sie ihm eine Rakete in den Haarzopf flechten.
Er soll zu seinem Herrn. Wo der Herr ist, da gehört auch der Knecht hin. Er weiß wohl gar nicht, daß sein Herr des Teufels ist.
Wohin will er mich bringen? Zum Teufel? Da bin ich schon. Ist er nit selbst der Teufel? Wenn ichs nit schon wüst, so könnt ichs riechen, so 'ne feine Nase hab ich.
[40]Nicht zum Teufel, nach Parma will ich ihn bringen, wo sein Herr auch ist und in tausend Freuden lebt. Er hat vier und zwanzig Jahr Frist, so lange müßen ihm die Geister dienen. Sein Herr hat mir befohlen, ihn nachzubringen.
Na, ich sage doch! Wer alt wird, der lebt lang. Auf dem höllischen Sperling soll ich nach Parma reiten?
Ja sieht er, den Leib brauch ich selbst, ohne den kann ich nit mitfahren. Und was die Seel betrifft, eine Seel hat Casperle nit. Ihr dumme Teufel, daß ihr das nit gemerkt habt. Als ich zur Welt gekommen bin, waren just keine Seelen mehr vorräthig.
Wenns weiter nix ist, ich laß mir ein Schloß vors Maul hängen. Aber Apelpo. Meine fünf Malzeiten halt ich mir aus.
Erst Morgens ein Imbs, hernach ein Zehnuhrebrot, Mittags pumpsatt, ein guts Vesperbrot und Abends ein Schlätchen (Salätchen), ein Brätchen und zwei Pinten Roth.
Pardauz! Richtig, da lieg ich. Der Kerl hält Wort, das muß wahr sein. Es ist aber doch niedrig. Ich hab ja nur gefragt, ob ich jetzt sprechen dürft, weil wir in Parma wären. Aber wart, ein andermal will ichs ihm schon wieder eintränken.
O weh, das ist gewiss der Herzog. Das ist mir jetzt noch nit passiert, mit so einem gnädigen Herrn zu reden. Aber ich fürcht mich nit.
Ah, der meint gewiss auch, ich könnt nit schweigen. Da seid ihr irr, Herr, ich kann ganz gut schweigen. Und wenn ichs nit gekonnt hätt, so hätt ichs jetzt gelernt. Hält sich die Ellenbogen als schmerzten sie ihn von dem Fall.
Ja, ich merks schon, er will mich ausforschen. Ich werds ihm aber nit sagen, was er gern wißen möcht, daß ich Casperle heiß und meinem Herrn nachgeflogen komm, der des Teufels ist.
Versprechen? Dann darf ichs ihm doch nit sagen. Wenn er mir ein guts Trinkgeld gäb, dann sollt ers erfahren.
Wenn sein Herr Faust heißt, so versteh ich ihn. Faust? Doctor Faust? Von dem hab ich gehört, wenn mir recht ist. Ist er nicht aus Maguntia? Ja, dann mag er wohl in der Magie gut beschlagen sein.
Wo will er hin? So kommt er nit fort. Erst soll er mir eine Probe von seiner Kunst geben. Bei einem solchen Herrn muß er was Rechts gelernt haben.
Gleichviel. Sträub er sich nur nicht länger. Ich verlangs ja nicht umsonst, auf ein gutes Trinkgeld kann er zählen.
J, was soll ich ihm denn machen? Soll ich vielleicht ein ungeheures Gewäßer herströmen laßen, das uns alle beide verschlingt?
So soll gleich ein Mühlstein aus der Luft herunterfahren und ihn zehntausend Klafter tief in die Erde schlagen.
Ich sehe wohl, er hat mich zum Besten. Das sind ja lauter halsbrechende Geschichten. Damit mag ich nichts zu thun haben. Gebt uns ein einfaches Gesellschaftsstück, wobei keine Gefahr ist, wenigstens nicht auf meiner Seite.
So gebt wohl Achtung. Ich werd jetzt in die Luft fahren, ganz hoch, weit über die Wolken hinaus, daß ihr mich gar nicht mehr sehen könnt. Seid ihr damit zufrieden?
Na gut denn, so gebt Obacht. Aber Apelpo, die Bezahlung verlang ich voraus, denn ich werd so hoch fliegen, daß ich so bald nit wieder komm.
Nein, dann laß ers doch lieber, denn er muß mich ja gleich zu seinem Herrn führen. Das Trinkgeld soll er gleich haben; aber mach er ein ander Kunststück. Giebt ihm Geld.
Wenn ihr so schwätzt, könnt ihr Alles von mir haben. Ich werd itzt ein fein Stück machen; aber gebt den Augen wohl die Kost, denn es ist gar fein. Dreht sich auf dem Absatz herum. Habt ihrs gesehn?
Müßt ihr durchaus was sehen? So nehmt guten Rath an und machts selber, denn ich kanns halt nit. Läuft auf und davon.
Ihr schwebt in dreifacher Todesgefahr. Erstlich habt ihr den Herzog eifersüchtig gemacht durch euer Liebäugeln mit der Herzogin. Darum will er euch bei Tisch vergiften laßen.
Zweitens sollt ihr in Oel gekreitscht werden. Die Inquisition ist euch auf der Spur, weil ihr die Schrift Lügen gestraft habt.
Euer Knecht Casperle hat mit Perlippe und Perlappe die Hölle in Bewegung und das Volk in Erstaunen gesetzt. Euch, seinen Meister, denkt sich das Volk als einen gefährlichen Wettermacher und Brunnenvergifter. Eben rottet es sich zusammen um euch den Garaus zu machen.
Wenn Fürst, Volk und Geistlichkeit wider mich im Bunde sind, muß ich freilich weichen. Mach, daß wir davon kommen. Um die Herzogin ist es mir leid und mich dünkt, auch ihr wirds leid um mich sein.
[69]Den Casperle laß hier, damit er mir nicht wieder solchen Possen spielt. Aber unsere Auffahrt muß glänzend sein, damit wenigstens das dumme Volk sich an meiner Herrlichkeit ärgre.
Mordblitzkreuzbataillonsapperment! Ist das nit mein höllischer Sperling? Und wenn mir recht ist, sitzt mein Herr drauf und der Urangutang von Leibteufel! Das ist ja eine garstige Geschicht. Mich hier bei den Macronenfreßern im Stich zu laßen! Das geht doch übers Bohnenlied! Heda, he! So nehmt mich doch mit! – Ja, Prost die Malzeit! Die haben Schultheißenohren. Was stell ich nun hier an bei den welschen Grützköpfen? Ich möcht gleich greinen wie 'ne Meerkatz, wenns was batten thät. Soll ich a Bären führen oder mit Marmotten hausieren gehen
Ich könnt auch Rattenfallen oder Dinte verkaufen, wie die Welschen bei uns zu Land. Aber da müst ich Dinte gesoffen [71] haben. Am besten wärs, ich würd a Marketenderin, die haben Tag und Nacht zu thun. Aber da fällt mir was ein. 's ist doch gut, wenn Eins was gelernt hat. Perlippe, perlippe, perlippe!
Ach, du herzallerliebstes Ratteschwänzle! Wie froh bin ich, daß ich dein schwarz Teufelsgesicht wiederseh.
Uf, Uf, du erstickst mich. Machs kurz, was begehrst du? Du hast den Teufel gerufen, nun must du ihm auch zu schaffen geben.
Ich hab in der Zeitung gelesen, daß der Nachtwächter gestorben ist. Da will ich mich zu dem Posten melden. Das ist ein guts Leben. Man kann den ganzen Tag auf der faulen Haut liegen.
Und in der Nacht spuken gehen. Aber meintwegen. Hinbringen muß ich dich schon, weil ich dich hergebracht hab.
Das hat man davon, wenn man sich mit den Deutschen einläßt. Die sind langweilig wie eine Windstille. Ueberall kriegen sie das Heimweh nach den Fleischtöpfen Aegyptens. Der Doctor wirds auch nicht lang aushalten.
Nun warum setzst du dich nicht? Meinst du, sie wird dich freßen? Oder ist dir um deine Keuschheit bange?
[75]Ja, renommier nur. Ich weiß doch wo der Has hüpft. Aber damit dir die preußischen Aengste vergehen, so wiße, es ist deine Schwester Dorothee.
Zwölf Jahre vergangen, die ganze Welt durchstreift, und doch keine Freude, kein Genuß. Wenn ich meinte, es wär Gold, so war es Heckerling. Der schäumende Becher der Lust hat bittere Hefe. Und wie oft ward er mir vor dem Munde weggerißen, als sollt ich schon hier die Qualen der Hölle empfinden. Hab ich für solchen leeren Schein die ewige Seligkeit verscherzt, so war ich ein Thor, ein rasender Thor. In der Fremde hielt ichs nicht aus: von meinem Lebensquell abgeschnitten meinte ich zu versiegen, und nun mich das [81] Heimweh zurückzog, ist mir im Vaterland Alles was ich sehe ein nagender Vorwurf. Wie glücklich war ich hier, da ich ein Kind war, da ich noch glauben, noch beten konnte. Und warum kann ich nicht mehr beten? Weil ich nicht glauben kann? Nicht glauben? Muß ich nicht? O daß ich nicht müste! Hab ich den Beweis doch in Händen! Wenn ein Teufel ist, so ist auch Gott. Aber diesem Gott hab ich abgesagt, diesen Gott hab ich verschworen! Darum kann ich nicht beten, denn Gebet ist Gnade des Himmels und für mich ist keine Gnade. O wie bereu ich! – Reue? Wo Reue ist, da ist auch Gnade. Hätt ich nur rechte Reue, vielleicht wär auch für mich noch Gnade. Versinkt in Betrachtung.
Was ist euch? Seid ihr krank? Wollt ihr Mönch werden? Was soll das kopfhängerische Wesen? In Mainz, dacht ich, sollte das lustige Leben erst recht angehen, und nun schleicht ihr umher wie ein Duckmäuser. Ihr habt mich oft geplagt und in Schweiß gesetzt, wenn ich die Straße vor euerm Wagen pflastern, euch Wege durch die Luft zu bauen Balken und Bohlen hinten abbrechen und vorn wieder ansetzen muste, und [82] hab ich je gemurrt, wenn ihr mir zu schaffen gabt? Aber jetzt beklag ich mich mit Recht, denn ihr werdet langweilig und Langeweile kann selbst der Teufel nicht vertragen.
Weist du, was in unserm Pact geschrieben steht, daß du verpflichtet bist, mir auf alle Fragen, die ich thun werde, die lautre Wahrheit zu sagen?
Dank dir, Mutter des Heilands! Ich bin erlöst, bin gerettet! O ich kann wieder beten, kann weinen, der Quell der Reue ist nicht versiegt. Betet.
Faust, laßt ab, es hilft euch nichts. Es ist zu spät, ihr habt den verschworen, zu dem ihr betet. Wollt ihr noch selig werden, ihr könnt es nur durch die Liebe. Noch habt ihr nie wahrhaft geliebt: dieß höchste Erdenglück hab ich euch noch vorbehalten. Alle die ihr noch saht, auch jene Herzogin, waren eurer Liebe nicht würdig. Blickt her, diese ist es, diese kann auch allein eure Liebe erwiedern.
Verschmäht ihr sie? Die Welt, der Himmel selbst hat nicht höhere Schönheit. Wißt, es ist Helena, jene Helena, die auch die Graubärte Trojas bewunderten.
Ihr verschmäht sie? So führ ich sie zurück und nie wieder giebt der Hades diesen Schatz heraus, nie wieder sieht die Sonne das reinste Bild der Schönheit.
Nun, ansehen kann ich sie ja wohl. Blickt um und steht auf. Welches Ebenmaß, welche Vollkommenheit, welcher Liebreiz! Du hast Recht, Sie war es werth, daß zwei edle Völker zehn Jahre lang um ihren Besitz stritten. Solch ein Weib, welch ein Glück!
Ist sie mein? Ich wagte es nicht zu denken. Mein, das edelste, göttlichste Weib? Gieb, laß mich glücklich werden in ihrem Besitz: einmal ganz glücklich ist glücklich auf ewig. Gieb, gieb!
Hahahaha! Nun bist du mein. Alle Heiligen können dich nicht mehr retten. Hahahaha! Ich wär auch schön angekommen bei meinem Meister, wenn die sichere Beute mir wieder entschlüpft wäre.
Fluch dir, Fluch! tückischer, boshafter Betrüger. Eine höllische Schlange drückt' ich an meinen Busen. Ich wollte sie umarmen, da hauchte sie mich an, ein ekler Pestbrodem schlug mir erstickend entgegen. Ist das dein Dienst, das deine Treue?
[88]Hahaha! Betrügen ist mein Handwerk. Hast du das nicht gewust? Du bist noch weit mehr betrogen als du glaubst.
Was sagst du? Bleiben mir nicht noch zwölf Jahre? Vierundzwanzig Jahre solltest du mir dienen, das Jahr zu dreihundert und fünfundsechzig Tage gerechnet.
Armer Schlucker! So wenig kanntest du die List der Hölle? und ließest dich in einen Pact mit ihr ein. Hab ich dir nicht auch die Nächte gedient, und du willst nur die Tage zählen? In zwölf Jahren hab ich mein Versprechen gelöst, dir vierundzwanzig Jahr zu dienen. Um Mitternacht läuft unser Vertrag ab. Dieß zur Nachricht. Ab.
[89]Du sollst Unrecht haben, Gretl, gieb dich zufrieden. 's ist doch ein wahres Muster von einer Frau! Sie kanns gar nit vertragen, wenn ich sag, sie hat Recht. Und hat sie nit Recht? Kann ich mir die Latern nit selber anzünden? Zündet die Laterne an und singt:
's ist aber schon ein Bißerl lang her. Meine Frau hat so laut gezankt, daß ichs Schlagen überhört hab. Aber was thuts? Ihr könnt desto länger beim Schöppli sitzen.
Eine zänkische Frau, wer hätts gedacht? ist doch zu etwas gut. Der Wirth soll mirs bezahlen, daß ich die Policeistunde so spät gemeldt hab. Der hat doch den meisten Vortheil davon.
Praepara te ad mortem! Aber sollen wir nicht immer zu sterben bereit sein? Vielleicht hab ich mirs auch nur eingebildet. Das sind die Schrecken des Gewißens! Wie lange foltern die mich schon.
Weh, weh! So ist kein Zweifel, es war keine Einbildung. Was soll ich thun, wohin soll ich flüchten? Accusatus es!
Weh mir! Ihre Züge wandeln sich in Helenens! Die unbefriedigte Lust vergiftet die frömmsten Gefühle. Satan! Daß ist deine verruchte List Darum hast du mich um alle irdischen Freuden betrogen, daß ich die himmlischen nicht inbrünstig begehren könne. Ist denn keine Gnade?
Ich hab aber doch eine. Hab ich eine, oder hab ich keine? Ich sag, ich hab keine. Eine böse Frau will, Alles soll nach ihrem Kopf gehen; aber meine Frau läßt Alles nach meinem Kopf gehen, Stühl und Bänk, Töpf und Pfannen.
Ja gröl du nur, ich geb dir doch den Brei nit. Hab meine Gründ dazu. Primo hab ich kein Zeit nit, denn 's hat zehn geschlagen. Herrendienst geht vor Gottesdienst. Pro secundo hat mich die Gretl in Daumen gebißen. Prostertio hab ich keinen Brei nit, denns Gretl hat keinen nit gekocht.
Vatter! Wie kann ich dein Vatter sein! Meine Frau schläft Nachts, ich schlaf am Tag, so schlafe mer nie zusammen.[95] – Aber dafür wird nix gut gethan. Muß mein alt Lied wieder singen.
Wenn ich nur wüst, wie's heißen müst: das Klock oder der Klock. Ich mein der Klock. Sie wollen zwar sagen die Klock. Aber das kann ich nit glauben. Da müst ein Klock keinen Schwengel nit haben.
Wer liegt denn da im Wege? Der ist knippeldick! Das kommt von der späten Policeistunde, und die kommt wieder von meiner Frau ihrem langen Predigen. Steht auf, Freund, steht auf!
Na, wie ist mir denn? Ist des nit mein alter Herr, der des Teufels ist? Guckt der jetzt so gern ins Gläsle? Muß ihn doch anreden. Kennt ihr mich nit, Herr?
Ich merks schon. Das sind Flausen. Er will mich nit kennen, weil er mir den Lohn noch schuldig ist. 's ist aber doch niedrig. Wenn ich allen Teufeln zu befehlen hätt, wollt ich doch keinem armen Schlucker was schuldig bleiben. Laut. Ihr wollt mich nit kennen, Herr.
Ei der Casperle bin ich, merkt ihrs denn nit? Dem ihr noch sechsunddreißig Groschen Lohn und zwanzig Goldgülden Trinkgeld schuldig seid. Habs meiner Seel sauer genug verdient, denn mir ist himmelangst gewest bei den Rattenschwänzen und Ipekrätzern von Teufeln, und bei der halsbrechenden Fahrt auf dem höllischen Sperling nach dem Makronenland. Und da habt ihr mich gar sitzen laßen und seid mit dem Urangutang davon geflogen nach Stambul. Und eh ich wieder heim kam, hats noch Heulen und Zähnklappern gesetzt.
Ich dacht nit, daß ich euch noch wiederfänd: ich meint, der Teufel hätt euch längst den Hals gebrochen. Hab aber das Geld noch nit hintern Schornstein geschrieben. Hätts oft brauchen können, sonderlich das Trinkgeld. Nun sollt ihr mirs bei Heller und Pfennig bezahlen, und die Zinsen dazu, und das Kostgeld.
Paperlapap! Das sagt der Wagner auch und hat Geld wie Heu. Wie könnt er denn die Studenten mit Champagner tractieren, wenn er kein Geld nit hätt?
Ja freilich. Sie haben ihm gestern einen Fackelzug gebracht, weil er Magnificus ist. Es hat ihn genug krepiert. Sie haben ihm drei Ohm Oil de Perdrix ausgesoffen. Er hätt sich schier ein Leids gethan, der Pfennigfuchser.
Hör Casperle, Geld hab ich nicht. Aber die Knöpfe an meinem Rock sind dreimal so viel werth als deine Forderung. Laß uns die Kleider tauschen, so bist du bezahlt. Für sich. Es ist mein erster Betrug, aber das Meßer sitzt mir an der Kehle.
Ei seht doch! Wie ist Er so gescheidt! Aber Casparle ist auch nit auf den Kopf gefallen. Da könnt ich in des Teufels Küche gerathen, wenn sie den Unrechten erwischten. Nicht für Tausend Reichsthaler möcht ich in eurer Haut stecken. Es muß gewaltig bei ihm in der Fechtschule stinken, sonst hätt er mir das nicht angebotten. Ich will machen, daß ich davonkomme. Der Teufel macht nit viel Federlesens.
Ich will ihm doch noch einen guten Rath geben, wenn er bang ist, daß ihn der Teufel holt. Sieht er da die blaue Thür? [99] Da wohnt meine Frau. Da geh er hinein und versteck sich. Er ist da vor den Teufeln sicher. Sie getrauen sich nit hinein, sie förchten sich vor ihr. Ab.
Der letzte Anker riß. Kein Entgehen möglich. Ich bin angeklagt! – Doch auch gerichtet? Kann ich nicht freigesprochen werden?
Weh mir, weh! Die Hölle ist mein Erbtheil. Noch eine Stunde und das schrecklichste Gericht ergeht. – Aber ist diese Qual, die mich jetzt foltert, nicht tausendmal schrecklicher als alle Martern der Hölle? Ich muß Gewissheit haben. Mephistopheles!
Du wirst es früh genug erfahren. Doch weil dus zu wißen begehrst, so höre. Die Qual der Verdammten ist so groß, daß die armen Seelen eine Leiter von Schermeßern zum Himmel hinaufsteigen würden, wenn sie noch Hoffnung hätten. Ab.
Das hat man von der Gastfreiheit. Ich gutmüthiger Narr, ich! Er ist mir Geld schuldig und will nit bezahlen. Aus Mitleid biet ich ihm noch mein Haus an. Wie aber das die Gretl hört und warum er sich bei ihr verstecken soll – daß ihm die Teufel nix zu leid thun – weil sie die Courage nit haben: da wird sie fuchswild und greift zum Besenstock. Na, wart! Ich will dich bezahlen. Ich hängs an den großen Klock.
Du bist gerichtet. Gerichtet – das heißt verurtheilt. Doch zu welcher Strafe? Wie wenn es nur zum Fegefeuer wäre? Schreckliche Hoffnung, doch eine Hoffnung.
Was hats denn hier gesetzt? Eine höllische Execution? Pah, wie das stinkt! Das hat meinem alten Herrn gegolten! Hab mirs gleich eingebildt, daß es so kommen müst. 's ist mir aber doch leid, daß ichs nit ein Bißerl vorausgewust hab. Hätt ihm gern noch einen Gruß an meine Großmutter aufgetragen.
So eben, da die Vorrede längst geschrieben und das Puppenspiel schon großentheils gesetzt war, erhalte ich durch die Güte meines Hrn. Verlegers eine Abschrift des Geißelbrecht'schen Manuscripts. Wie schon nach dem Berichte des Hrn. Von der Hagen eine schriftliche Mittheilung des Dr. Kloß in Frankfurt a. M. an des Herrn von Nagler Excellenz die genaue Uebereinstimmung des Abdrucks mit dem sonst dort von dem Puppenspieler Geißelbrecht aufgeführten Dr. Faust bezeugt hatte, so war dieser Abschrift folgende Beglaubigung beigeschrieben:
»Mechanicus Geißelbrecht von Wien.
Ich habe dieses Stück von ihm aufführen sehen um 1800. Zum letztenmale führte er es um 1817 zu Frankfurt auf.
26. Mai 1840.
G. K.«
Schwerlich würde ich, wenn mir diese Abschrift früher zugekommen wäre, von Geißelbrecht's Faust mehr in den Text aufgenommen haben, als schon nach Von der Hagens Bericht geschehen war. Gleichwohl möchte es dem Leser willkommen sein, von seiner Beschaffenheit mehr zu erfahren. Ich laße daher eine kurze Skizze hier folgen, bei welcher ich besonders die Stellen hervorhebe, die mir noch einiges Verdienst zu haben scheinen.
Ich übergehe die ersten, von mir stark benutzten Scenen, da sie Von der Hagen wörtlich mitgetheilt hat. Als Casperle zuerst mit Wagner zusammenkommt, fragt Letzterer: Wer bist du? Wo kommst du her, oder wo willst du hin?
Das versteht sich! er war, war, wart 'n bisgen! nun hab ich's doch wieder vergessen! es schneitert sich.
Nichts Hoßenschneider, ver ste mich, es war halt so ein Mann er ging auf die Jahrmärkte und wenn er weiter nichts erwüschen konnte, so war er mit ein paar Schnupftücher verlieb.
Sieh! die Leute haben ge sagt sie wäre eine Hexe gewesen, da wurde ein hoher Haufen Holz aufeinander gesetzt und meine Mutter oben drauf gebunden und das Holz unten angezunden und die Tamburs und Pfeiffer die machten a Lärmen, es war zum todtlachen.
Mein Bruder! das war ein komischer Kerl, wenn er des Mor gens mit 2 Pferden ausfuhr, kam er des Abends mit 4 wider.
Meine Schwester, die ist in der Stadt und bügelt Manschet ten, und verdiente etwas klein Geld, nach dem Trommelschlage.
Das hier gesperrt Gedruckte gehört zu den Stellen, die dem guten Mechanicus in seinen letzten Jahren Gewißensscrupel verursachten.
Das Folgende ist schwächer. Ich hebe nur aus, daß Kaspar für Famulus Hammelochs versteht, wie er auch weiterhin Wagnern nur Bruder Famulochs nennt. Bei dem Namen Wagner fällt ihm ein, daß er auch einmal bei einem Wagner in der Kost war, der ihm lauter Hobelspäne für Salat zu freßen gegeben. Als die Rede auf den Lohn kommt und Wagner ihm alle Quartal 25 Gulden verspricht, sagt Kaspar: wieviel Quartals haben wir denn des Tags? und als ihn Wagner bescheidet, daß das ganze Jahr nur vier Quartale habe, gesteht er, gemeint zu haben, wir hätten alle Tage ein Stücker 6 Quartal. Mit Wagner will er sich brüderlich vertragen und zwar wie folgt: Schau Bruder, du stehst früh auf, machst das Holz klein, legst das Feuer an, kochst den Kaffe, bringst ihn mir vors Bette, und ich helfe dir ihn brüderlich austrinken. Eh er sich die Arbeiten anweisen läßt, verlangt er auch hier noch Erquickung, denn sein Magen sei vor Hunger und Durst so durchsichtig wie eine alte Dorflaterne.
Im zweiten Aufzug beschwört zuerst Faust die Geister im Walde bei Donner und Blitz, und mit vielen hochtönenden Worten, von welchen ich nur die anführe, welche Geißelbrecht als bedenklich unterstrichen hat: Bei allem was euch heilig ist! Bei dem Namen, der die Vesten der Höllen gegründet hat. – Bei dem großen Siegel Salomonis! – Nur drei Geister erscheinen, Auerhahn, Krumpschnabel (nicht Vitzliputzli wie Von der Hagen berichtet) und Mefistofeles. Letzterer giebt vor, er könne Pluto nicht sogleich um Erlaubniss fragen, sich dem Faust auf 24 Jahre zu verpflichten, weil er vor der mitternächtigen Stunde nicht wieder vor seinem Fürsten erscheinen dürfe. Hierdurch namentlich werden aus den vier Acten fünfe. Statt des abique male spiritus, oder spiriti, womit Schütz die Geister entließ, lautet hier die Formel: hop hugo!
Als Faust abgetreten ist, kommt auch Kaspar in den Wald, seinen Herrn abzuholen, und tritt in den Kreiß, den er auch hier für [109] ein Schneidermaß hält. Unter Donner und Blitz erscheinen die Geister und verlangen, er solle sich ihnen verschreiben. Kaspars erste Entgegnung ist: Wenn ich mich verschreibe, so kratz ichs wieder aus und schreibs anders. Als er hernach einwendet, er könne gar nicht schreiben, erbieten sich die Teufel, ihm die Hand zu führen, was er ablehnt, weil er fürchte, sie möchten ihm die Manschetten schmutzig machen. Die Geister wollen ihn aber nicht aus dem Kreiße laßen, bis er sich ihnen verschrieben hat.
Zuletzt fällt dem Kaspar ein, daß er ja einmal bei einem Herrn gedient habe, der die Teufel beschwören konnte: »Und da las ich in einem Buche, da hieß es Parlicken, Parlocken friß brocken.« Hiervon macht er jetzt Gebrauch und schickt die Teufel mit »Parlico« heim. Kaspars Vorgeben, daß er bei einem frühern Herrn diese Worte in einem Buche gelesen habe, wird um so weniger Glauben finden, als er sie, wie wir sehen werden, im dritten Auftritt des folgenden Aufzugs vor unsern Augen erst in Fausts Buche liest, zum deutlichsten [110] Beweise wie hier Alles durcheinander geworfen und aus Rand und Band gekommen ist.
Als Kaspar aus dem Kreiße getreten ist, erscheinen die Teufel doch wieder und führen ihn die Luft. Er schreit: »Auwey laßt mich los ich bin von N. N.,« worauf er wieder herunter fällt. »Ei, das war gut,« sagt Kaspar, »daß ich mich darauf besann, denn in meinem Ort wohnen lauter Leineweber und mit denen woll'n sie nichts zu thun haben.« Das Ende dieses Acts, so wie des folgenden bezeichnen die Worte: »die certine gehet zu,« statt »der Vorhang fällt.«
Im dritten Aufzuge finden wir Faust vor einem Tische schlafen. Der Accord liegt geschrieben vor ihm. Ein Recitativ des eintretenden Mefistofeles weckt ihn. Er kündigt an, daß sein Fürst in die 24 jährige Dienstfrist gewilligt habe. Der Pact beginnt mit den Worten: Ich Johann Doctor Faust, Professor zu Wittemberg, mache mit Mefistofeles folgenden Accord. Nach der ersten Bedingung, ein Beutel, der nie leer wird, scheint die zweite, Auslieferung aller verborgenen Schätze, überflüßig. Die dritte und letzte geht auf beliebige Veränderung des Orts und erinnert an Fortunati Wünschhütlein, wie die erste an dessen Seckel. Als Mefistofeles dem Faust den Finger geritzt hat, sagt dieser: ich lese hier in einem Buche einige Worte, welche so heisen homo fugo, was bedeutet das? worauf Mefistofeles antwortet: »Ha! ha! Du willst ein Gelehrter sein und weißt das nicht; das daß Worthomo fugo so viel bedeutet, als fliehe! und wohin in die Arme deines treuen Dieners Mefistofeles. Als sich Faust unterschrieben hat, kommt ein Rabe und holt die Handschrift, worüber Faust heftig erschrickt. Aber Mefistofeles heißt ihn in sein Zimmer gehen, da werde er einen Mantelsack mit kostbaren Kleidern finden. Er solle sich drauf setzen und mit dem Wortehop hugo werde er in Parma sein, wo das Beilager des Fürsten Hector gefeiert werde. Nun folgt die schon erwähnte Scene, wo Kaspar in Fausts Buche blättert und findet, wenn man die Teufel beschwören wolle, müße man sagen parliko. Mefistofeles unterbricht ihn und meldet, sein Herr sei fort nach Parma; er habe ihm so viel Geld gegeben als er verlangt habe. O du liebes Kartoffels Gesicht, [111] sagt Kaspar, gib mir doch auch ein paar malter Laubthaler, ich kann sie auch brauchen. Obwohl sich ihm Kaspar dafür nicht verschreiben will, giebt er ihm doch ein Höllenpferd, »aber unter dem Beding, daß du die ganze Sache verschwiegen halten willst.
Ja, ja! geh nur voraus, denn den Fremden gebühret die Ehre. Vor sich. Dem Kerl trau ich nicht quer übern Weg. Ab.«
Im vierten Aufzug, wo wir die Vorgänge unseres dritten am herzoglichen Hofe zu Parma erwarten, finden wir nichts von alledem. Statt dessen erscheint Wagner, von dem man nicht erfahren hat wie er hierher kommt, in einem vornehmen Zimmer, aber unzufrieden mit dem geräuschvollen Leben. Er bittet Faust um seine Demission, dieser weigert sie, aber Wagner erklärt, so werde er sie mit Gewalt nehmen. Er geht ab, nachdem er Faust ermahnt hat, an seine Seele zu denken, von der er einst Rechenschaft geben müße. Die höchst unverfängliche Stelle ist unterstrichen und zeugt von des Mechanicus alberner Scrupulosität. Faust wird nun auch nachdenklich und kündigt Mefistofeles auf. Dieser versucht es erst, ihn mit Geld zu beschwichtigen und als das nicht mehr verfängt, hofft er ihn mit einer Schönen zu blenden. Er bringt ihm Helenen, von der hier gesagt wird, Faust habe sie einst schon in Griechenland gesehen. Faust nimmt sie mit in sein Cabinet und somit ist die ganze sonst so wirksame »Versuchung zum Guten« abgethan. Wagner nimmt nun auch von Kaspar Abschied, und setzt auch ihm, dem das lustige Leben noch eben so wohl gefiel, einen Floh hinters Ohr. Er beschließt, sich um eine Nachtwächterstelle zu bewerben und ein rechtes dickes Mädel zu heiraten.
Im fünften Aufzug erscheint Faust in der Nacht auf der Straße und klagt, Alles habe ihn verlaßen in dieser öden Stunde, auch Helena habe sich von ihm entfernt. Auf seinen Ruf erscheint Mefistofeles in Furiengestalt. Auf Fausts Frage, wie er sich unterstehe, in dieser schrecklichen Gestalt zu erscheinen, erklärt er, es sei die nämliche, [112] in der ihn Faust vor 24 Jahren citiert habe. Ueber die 24 Jahre erschrickt Faust und meint, es sei ja kaum die Hälfte. »Du irrst, Faust, wenn die mitternächtliche Stunde 12 Uhr schlägt, ist unser Accord zu Ende.« Wie es damit zugehe, wird weiter nicht gesagt. Faust bittet, ihn nur noch Ein Jahr leben zu laßen, dann nur noch einen Monat, zuletzt nur noch einen Tag. Mefistofeles Antwort mag einen Begriff von den Alexandrinern des alten Puppenspiels geben:
Nun kommt Faust und bittet den Kaspar, den er noch für seinen Diener hält, ihm nach Hause zu leuchten. Der erklärt aber, er sei jetzt hochlöblicher Nachtwächter, und hier sei der Befehl »daß wenn sich jemand nach 10 Uhr auf der Straße blicken läßt, der muß ins Hundeloch marschieren: versteht ihr mich? he!« Aber Faust verspricht ihm eins seiner besten Kleider, wenn er ihm nach Hause leuchte. Kaspar bedankt sich recht schön, denn er fürchtet, der Teufel möchte glauben, wenn er den Rock an hätte, er wäre der Doctor Faust und könnte sich vergreifen u. s. w. Nun versucht es Faust zu beten. Das geht aber nicht mehr: da legt er sich aufs Fluchen. Die Glocke schlägt Dreiviertel.
Ich bin schon bereit, der Stab ist über mir gebrochen, ach und weh ist über mich gesprochen. Das ist mein verdienter Lohn! den ich bald empfind, weil ich mich zu solcher Frevelthat erkühnt.
[114] Fünfter Auftritt.
Aha! seyt ihr schon wieder da, herr Meister Faust, hab ich euch denn nicht gesagt, wenn ich die 11te Stunde ausrufen thu, und ihr seyt noch auf der Straße, so geht ihr mit mir in Preson, und ihr habt meinen Befehl übertreten, jezt also marsch mit euch ins Hundeloch herein, versteht ihr mich? He!
Ach Kasper verlasse den schreklichen Ort, wo meiner die größte Strafe erwartet, bald werde ich das Leben enden gehe und siehe nicht zu dem schrecklichen Ende, dem ich bald entgegen gehe.
Also ist es doch wahr, was die Leute sagen, daß euch der Teufel bald holen wird? nun so wünsche ich euch glückliche Reise durch die Luft.Ab.
Ich bin gerichtet, die Stunde hat geschlagen, der Teufel thut nach meiner Seele fragen. Kommt hervor ihr Verfluchten der Hölle, damit mich die Martern nicht länger quälen, hervor ihr Teufel, hervor ihr Furien, nehmt mir das Leben, ich bin schon dahin
[115] Obgleich ich nur das Beste ausgehoben und viele ganz fade Witze übergangen habe, sieht man doch, daß dieser Geißelbrechtsche Faust nur ein verworrener, abgeschwächter Nachklang des alten Puppenspiels ist, dem aber der Mechanicus hier und da, z. B. in der Beschwörungsscene aus eigenen schwachen poetischen Mitteln hat aufhelfen wollen.
Zum gänzlichen Beschluß laße ich noch Lessings kurzes Fragment von Faust hier folgen, damit man es mit der Scene unseres Puppenspiels, die er bearbeitet und zu überbieten gedacht hat, vergleichen könne. Ob es ihm geglückt ist, zweifle ich. Die Rache des göttlichen Rächers setzt seinen Gedanken voraus und Gottes Gedanken sind nicht schneller als des Menschen Gedanken. Der Uebergang vom Guten zum Bösen mag leicht sein, schnell kann er nur heißen, wenn er sich im Gedanken des Menschen begiebt und dann wäre hiermit ja nichts Neues aufgestellt. Ueberdieß würde uns diese Neuerung, wenn es eine wäre, zu metaphysisch, zu ausgeklügelt scheinen.
Und verbrenne mich nicht. So geh auch du und fahre siebenmal eben so schnell durch die Flammen der Hölle, und verbrenne dich nicht. – Du verstummst? Du bleibst? – So prahlen auch die Teufel? Ja, ja, keine Sünde ist so klein, daß ihr sie euch nehmen liesset. – Zweyter, wie heißest du?
Würdige sie deines Unwillens nicht. Sie sind nur Satans Bothen in der Körperwelt. Wir sind es in der Welt der Geister; uns wirst du schneller finden.
Das ist etwas! – Aber nicht immer sind die Gedanken des Menschen schnell. Nicht da, wenn Wahrheit und Tugend sie auffordern. Wie träge sind sie alsdenn! – Du kannst schnell seyn, wenn du schnell seyn willst; aber wer steht mir dafür, daß du es allezeit willst. Nein, dir werde ich so wenig trauen, als ich mir selbst hätte [117] trauen sollen. Ach! – Zum sechsten Geiste. Sage du, wie schnell bist du? –
Des Gewaltigen, des Schrecklichen, der sich allein die Rache vorbehielt, weil ihn die Rache vergnügte. –
Teufel! du lästerst, denn ich sehe, du zitterst. – Schnell, sagst du, wie die Rache des – bald hätte ich ihn genennt! Nein, er werde nicht unter uns genennt! – Schnell wäre seine Rache? Schnell? – Und ich lebe noch? Und ich sündige noch? –
Und daß ein Teufel mich dieses lehren muß! – Aber doch erst heute! Nein, seine Rache ist nicht schnell, und wenn du nicht schneller bist als seine Rache, so geh nur. Zum siebenden Geiste. – Wie schnell bist du?
Ha! du bist mein Teufel! So schnell als der Uebergang vom Guten zum Bösen! – Ja, der ist schnell; schneller ist nichts als der! – Weg von hier, ihr Schnecken des Orcus! Weg! – Als der Uebergang vom Guten zum Bösen! Ich habe es erfahren, wie schnell er ist! Ich habe es erfahren! u. s. w.
[118]