Himmelfahrt.

In den Dörfern Gödewitz, Fienstedt, Gorsleben, Zörnitz und Krimpe feiert man zu Himmelfahrt ein Fest, bei welchem man eine Tonne Bier trinkt und darauf in einer für das Fest erbauten Scheune, der Himmelfahrtscheune, die neben der Kirche steht, tanzt. Früher, noch nach der Mitte des vorigen Jahrhunderts, versammelte man sich vor dem Tanze am Gemeindebrunnen und trank da sieben Rinkeimer Bier, und zugleich wurde in Fienstedt und wahrscheinlich auch in den übrigen Dörfern öffentlich verlesen woher das Fest stamme. Eine Königin Namens Elisabeth, hieß es, kam vor mehr als sechshundert Jahren am Himmelfahrtstage durch Fienstedt: damals kam ihr die Einwohnerschaft mit sieben Rinkeimern Bier entgegen sie zu empfangen, und hierüber war die Königin so erfreut, daß sie den Bewohnern von Fienstedt und den benachbarten Dörfern, welche das Gleiche gethan, alle Steuern für ewige Zeiten erließ unter der Bedingung daß jede Gemeinde alljährlich am Himmelfahrtstage der Königin zu Ehren sieben Rinkeimer [149] Bier am Gemeindebrunnen trinke. Der Vorleser ermahnte darum die Gemeinde das Fest nicht untergehen zu lassen; denn wenn sie es nicht mehr feire, sei sie verpflichtet der Obrigkeit den Zehnten und dazu noch ein schwarzes Rind mit weißen Füßen und weißer Blässe, einen Ziegenbock mit vergoldeten Hörnern und ein vierspänniges Fuder Semmeln zu entrichten. 1

Gegenwärtig erzählt man daß eine Gräfin von Mansfeld, die ihr Gemahl verstoßen habe, in diesen Dörfern freundlich aufgenommen worden sei; und als der Graf später ihre Unschuld erkannte und die Verstoßne wieder zu Ehren aufnahm, habe er den fünf Dorfgemeinden den Zehnten unter der Bedingung erlassen, daß sie alle Jahr am Himmelfahrtstage ein Fest feierten und dabei zu seinem Gedächtniß eine Tonne Bier tränken. – Das Geld, mit welchem das Fest ausgerichtet wird, schießen die einzelnen Dorfgemeinden zusammen: sie erwählen zwei Bierherrn, die Alles anordnen und nichts zu zahlen brauchen. Das Bier aber muß bis auf den letzten Tropfen ausgetrunken werden, und jeder Fremde, der vorüber geht, muß mittrinken. In Fienstedt, Gorsleben, Zörnitz und Krimpe trinkt man das Bier im Dorfe, in Gödewitz auf einem Hügel vor demselben, welcher davon der Bierhügel heißt, und auf den am Himmelfahrtsmorgen aus jedem Hause ein Bewohner kommen muß. Wenn eine Gemeinde das Fest nicht mehr feiern wollte, [150] so wäre sie, wie man jetzt sagt, verpflichtet einen Bock mit ganz goldenen Hörnern, zwei Fuhren Semmeln und eine Tonne Mückenfett der Obrigkeit zu liefern.

In andern sächsischen Dörfern, wie in Nietleben, schmückt man am Himmelfahrtstage die Häuser mit Blumengewinden.

Fußnoten

1 Neue Mittheilungen des thüringisch-sächsischen Vereins 5, 2, 130 f.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Sommer, Emil. Märchen und Sagen. Sagen, Märchen und Gebräuche aus Sachsen und Thüringen. Gebräuche. Himmelfahrt. Himmelfahrt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-1060-3