Baldurs Tod
Starr stand er,
Den Todespfeil im Herzen,
Weiße Rosenblüten im blonden Haar,
Stand und wankte nicht.
Jähes Grauen lähmte die Himmel, und ein Schluchzen trug
Zitternd der Abendwind durch dämmernde Welten.
Um seine Füße schlug die Abendsonne,
Die Wolkenwehre niederrauschend, goldne Wogen.
Vom Ost
Trotzig den Blick gesenkt wuchs Loki aus der Nacht.
»Hört ihr das Lied, das Weltenschicksalslied?
Wie Wetterschlag gellt's durch zermorschte Saiten.
Wild rauscht die Esche auf,
Urds Lippen beben.
Auf Flammenrossen peitscht im Sturm die Nacht.
Die letzte Nacht, die Schicksalshochzeitsnacht:
Eckpfeiler bersten, Balken stieben –
In Feuermeeren sinkt die alte Welt ...
[169]Hört ihr das Lied, das Weltenschicksalslied?
Hell schwillt es auf. Aus seinem Rauschen
Glüht neuer Welten neues Morgenrot.
Und neues Leben quillt aus meinem Blut
In roten Kelchen. Stirbt und blüht –
Und stirbt ... Bis einst
Ein großer Sonntag allen Welten dämmert:
Da braust ein einig Glockenläuten durch die Luft.
Heilige Choräle
Reicht ewiger Morgenglanz von Hain zu Hain,
Und alles Leben ist
Ein einzig hehres Opferfest von Licht und Liebe.«
Aufschauernd brach er auf das Purpurlager.
Krampfend griff
Die Hand zum letzten Male in das Quellgold,
Das um ihn flutete und ließ es breit
Und leuchtend durch die starren Finger rieseln.
Funkensplitter stoben klingend durch den Abend,
Heißes Wundenblut
Troff durch die Wolken nieder – Sonnensamen
Knospen zu zeugen roter Zauberblüten.
Ein greller Windstoß prasselt in die Glut ...
Ein Schrei ... Und Nacht ...
Und Baldur tot.