[120] Filidors Geharnschter Venus sechstes Zehen

Dehm Beforderndem Aegon/ an dem Weltberühmten Elbenstrohme gesessen/ eigenet Dieses sechste Zehen seiner Geharnschten Venus als dehren gütigen Pahten zu Filidor der Dorfferer. durch beygesezte wenige Zeilen d. f. w.


Und hätte dir diß Werk/ Geehrter/ nicht gefallen/
so stünd' es nicht befelßt in seiner Zierligkeit.
Dir dankt es nur allein sein' erstgebohrne Zeit/
auff-fort-wachs/ ia sich ganz. Dir hätt' auß andern allen
der Ober-plaz gebührt: doch nim es an für Willen
daß ich den sechsten Ort dir dienstlich neige zu.
Das ganze Buch ist dein. Was ich hierunter tuh'
ist/ meiner Schüldigkeit Bezwängnüß zu erfüllen/
Nim meine Neigung an/ und laß mich ferner gelten/
die Venus wird nicht nur von mir besungen sein/
iezt schwazzt Minerve mir ein anders Treiben ein/
forthin entzieh' ich mich des Zypripors Gewälten.
Ist mir die Fame stumm: hier wil ichs gerne leiden
ich heiß' auch allzeit nicht der Hirte Filidor.
Mein Nahm' ist sonst bekant. Wenn mich der Musen Chor
bey Zirren reiner Fluht ließ um Parnassen weiden.
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Hier such' ich keinen Ruhm. Doch/ wenn auch Marzialens
wird bey der Welt gedacht: so steifft die Hoffnung mich/
es werde mich nicht ganz erstechen Morten Stich/
stürb' ich schon diesen Tag. Die Wahre darff des Prahlens
die Wehrt und selten ist. Gemeine Hempel-Männer
das kleine Dokken-Werk wird offters ehr verkaufft/
als das/ wornach man auch in beydes Indien laufft.
Wer schollt' ie Persen aus/ daß ihn der Flügel-renner
nach Zefeus Tochter trug. Wir schärfen uns im Lieben.
Das Narr- und Fabel-werk bereitet unserm Sinn'
aus diesen stiegen wir auff grosse Sachen hin:
hat Opiz/ Flemming doch und Rist erst so geschrieben/
daß diese Männer sich im Dichten mehr gezwungen/
gesteh' ich gern. Mir ist das Urtheil all zu schwach/
so bald der Eyfer wird in meiner Feder wach/
denn weiß ich keinen Halt. Katull hat so gesungen/
sein Leben ward gelobt/ das Lied vor hoch geschäzzet/
Noch liest mans weit und breit. Halt an du frecher Kiel/
iezt übertritstu schon dein vorgestektes Ziel!
Weistu/ warum du hast den Schnabel angesezzet?
Verzeih es/ Aegon/ mir: So geht mirs/ wenn ich schreibe.
Zwölff Zeilen sollen erst zu dieser Zuschrift sein/
iezt wird mir fast ein Blat/ ein volles Blat/ zu klein.
Gnug! Nim diß hin/ und glaub/ daß ich dein Diener bleibe.

Hamburg den 10. Herbstm. 1657.


Meines großgünstigen Herren Dienstergebener Filidor.

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TextGrid Repository (2012). Stieler, Kaspar. Gedichte. Die geharnschte Venus. Filidors Geharnschter Venus sechstes Zehen. [Dehm Beforderndem Aegon]. [Dehm Beforderndem Aegon]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-1878-4