617. Hageböken Evangelium.

Deir bäte det Osterwold was un Bur,
Di hidde trei Sune.
Di ene hit Just, di tweide hit Knust,
Di tredde Jan Berend Fent.
Di ene was blind, di tweide was lomm,
Di tredde splinter-blod-nakend.
Do giengen alle trei weil op do Jagd.
Di blinde schot un Hase, di lomme di grep 'ne,
Di nakende statt 'ne in'n Bouse.
Do giengen jo noch un bitsken ferre,
Do kemen jo bi 'n grot Water,
Un bi det Water deir ligen trjo Schippe,
Dat ene was leck, det our was gebreck,
In det tredde was gar nan Bouden one,
Un wir gar nan Bouden one was,
Deir giengen alle trei in sitte,
[441]
Di ene versonk, di our verdronk,
Di tredde kom gar nit wir.
Un di gar nit wir kom,
Di kom bi 'n groten Wohld.
Un in den groten Wohld
Deir stud' un grote Serke,
Un in de grote Serke
Deir stud' un holtenen (busbomnen) Pastor
Un en busbomen (holtenen) Köster,
Do delden det Weiwater med un Kneppel ut.
Gluckselig is de Monn,
Di det Weiwater entlopen konn.

Übersetzung:

Dort hinter dem Osterwald war ein Bauer,
Der hatte drei Söhne,
Der eine hieß Just, der zweite hieß Knust,
Der dritte Jan Berendfent.
Der eine war blind, der zweite war lahm,
Der dritte splinterbloßnackend.
Die gingen alle drei einmal auf die Jagd;
Der blinde schoß einen Hasen, der lahme griff ihn,
Der nackte steckte ihn in die Tasche.
Da gingen sie noch ein bischen weiter,
Da kamen sie an ein großes Wasser.
Und auf dem Wasser lagen drei Schiffe:
Das eine war leck, das andere war gebrochen,
In dem dritten war gar kein Boden in.
Und worin gar kein Boden war,
Darin gingen alle drei sitzen,
Der eine versank, der andere ertrank,
Der dritte kam gar nicht wieder.
Und der gar nicht wiederkam,
Der kam in einen großen Wald,
Darin stand eine große Kirche.
Und in der großen Kirche,
Darin stand ein hölzerner (buchsbaumener) Pastor
Und ein buchsbaumener (hölzerner) Küster.
Diese teilten das Weihwasser mit einem Knüppel aus.
Glückselig ist der Mann,
Der dem Weihwasser entlaufen kann.

[442] Dies Lügenmärchen stammt in vorliegender Aufzeichnung aus dem Saterlande, wo es bei Gelagen nach der katholisch-kirchlichen Evangelienmelodie langsam gesungen wurde. Es hat seinen Ursprung im Sauerland, ist aber außer dem Saterland im ganzen Münsterland bekannt. – Eine Niederschrift trägt den Titel Hageböken Evangelium secundum Wurmploug. Wer dieser Wurmploug (Wurmpflug) gewesen, ist nicht zu ermitteln. Vorliegende Fassung des Märchens scheint mir besser zu sein als die von den Grimms mitgeteilten; vollständig wird sie aber auch nicht sein. Wenigstens ist der Rhythmus, der im allgemeinen in dem Gedichte herrscht, eine Zeile von vier Hebungen mit einer Zeile von drei Hebungen wechselnd, mehrfach unterbrochen. Man hat auch ein Rätsel: De Blinde sach 'n, Hasen, de Lahme greep 'n, de Nakde steek 'n in de Task. Wat is dat? Die Antwort lautet: Dat is lagen.

Vgl. Grimm, Kinder- und Hausmärchen, 3 Bde., 1864, II, Nr. 138 und III, Nr. 138. Münstersche Geschichten, Sagen und Legenden usw., Münster, 1815, S. 232 ff. Uhland, Schriften III, 229. Bröring, Saterland, II, S. 10.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. Sagen. Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg. Zweiter Band. Viertes Buch. 617. Hageböken Evangelium. 617. Hageböken Evangelium. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-210C-B