374. Der Hund.

Der Hund ist zunächst der vertraute Hausgenosse des Menschen, sein Beistand in Gefahren, der Wächter für Haus und Hof. Als Gefährte des Menschen, an dessen Mahlzeit er teil nimmt, ist er nebst der Katze besonders geeignet, auf ihn die menschlichen Krankheiten sympathetisch zu übertragen: 86. Verboten ist es, junge Hunde gleichzeitig mit neugeborenen Kindern aufzuziehen: 54. Als Beistand in Gefahren erscheint er namentlich im Märchen: 622, und ferner, (wo er freilich mitunter nur die Verhüllung eines anderen [143] z.B. menschlichen Wesens ist): 360a b, 253d. Als Wächter des Hauses ist der Hund der Gefahr ausgesetzt, von Dieben besprochen zu werden; man schützt ihn dagegen auf verschiedene Weise: 70; durch sich selbst ist er geschützt, wenn er Wolfsklauen oder doppelte Augen, d.i. über den Augen einen kleinen weißen Fleck hat (Neuenkirchen). Dem Hunde das Laufen abzugewöhnen: 145. Im Kinderreim heißt der Hund Snippelen-Bill: 368a. – Ferner ist der Hund ein verächtliches Tier. Einen Hund geboren zu haben, ist die härteste Anklagr gegen eine Frau: 625, Hunde säugen zu müssen, das härteste Schicksal einer Gefangenen: 152d. Eine Frau zu Welpe, die sieben Kinder geboren hat, will ihrer sechs als Welpches, junge Hunde, ertränken lassen: 152e. Hundehanger ist ein Schimpfname der Schortenser: 591b. – Der Hund ist endlich in der Welt des Spukes von großer Bedeutung. Er ist die beliebteste Gestalt, welche die Teufel, 194, vgl. auch 186h i, 514b, und die verdammten Wiedergänger annehmen, 179; auch Diebe verwandeln sich in Hunde: 204. Hunde sind Boten des Teufels, 204b, Genossen der Riesen, 258c, und des Weltjägers, den sie auf seinen nächtlichen Zügen durch die Luft begleiten: 249. Eine Walriderske in einen Hund verwandelt: 250, ein Hund in einen Stein: 249h. Hunde sehen Vorspuk, 163, und Menschen können es von ihnen lernen, 164; auch anderen Spuk erkennen Hunde leicht: 186r. Ihr Heulen ist vorbedeutend: 6. – Wenn Hunde die Nachgeburt eines Pferdes fressen, werden sie toll. Mittel gegen den Biß eines Hundes, eines tollen Hundes: 104. Hundekot als Medikament: 110. Der Löwenzahn heißt im größeren Teile des Landes Hundewuttel oder Hundeblom, der Maulwurf Hundewarp (Münsterland). – In früheren Zeiten mußte der Scharfrichter alljährlich den ersten Beamten seines Bezirks ein paar Handschuhe aus Hundsleder verehren.

a.

Zur Zeit, als die Riesen noch auf Erden wohnten, gab es nur noch wenig Menschen. Diese wurden von den Riesen nicht viel beachtet; aber Hunde und Katzen merkten, daß die Menschen einst die Herren der Erde sein würden, und schlossen sich ihnen an. Der Hund ging mit auf die Jagd, um das Wild heran zu treiben, und bewachte seinen Herrn, wenn dieser schlief. Die Katze hütete Küche und Feld und vertrieb das kleine Getier, das dort seine Nahrung suchte. Die Menschen waren dankbar und freundlich und teilten ihre [144] Speisen mit ihren vierfüßigen Dienern. Als aber die Menschen sich vermehrten und mit mehr Mühe und Schwierigkeiten sich ernähren mußten, vergaßen sie der treuen Dienst der beiden Tiere, und statt des Fleisches bekamen diese bald nur noch die Knochen. Endlich gingen Katze und Hund vor Gericht und suchten dort ihr Recht. Die Richter aber getrauten sich nicht diesen schweren Handel allein zu entscheiden, und beschickten einen alten wegen seiner Weisheit weit berühmten Mann, damit er ihnen Rat erteile. Der Alte besah sowohl den Menschen als den Tieren die Zähne und sprach: »Hund und Katze sind mehr zum Fleischessen geschaffen als der Mensch, der auch Gemüse essen soll; der Mensch muß den Hunden und Katzen ein genügend Teil Fleisch abgeben.« Das Urteil ward auf Pergament geschrieben und den Klägern eingehändigt, damit diese sogleich ihr Recht beweisen könnten, wenn der Mensch es ihnen weigern sollte. Froh gingen die Tiere nach Hause. Aber nun galt es, das wichtige Dokument so aufzubewahren, daß es der Mensch nicht finden und vernichten könne. Der Hund riet, es unter einen großen Stein zu legen. »Nein«, sagte die Katze, »das geht nicht, wie leicht kann es der Mensch dort finden, und wenn der es nicht findet, so zerstört es die Feuchtigkeit. Ich will es in den Hahnebalken tragen, da ist es hübsch trocken, und dahin kommt auch kein Mensch.« Des war der Hund zufrieden, und die Katze kletterte das Dach hinauf und verbarg das Pergamentpapier unter einer Latte. – Etliche Jahre waren die Menschen dem Urteil gehorsam und teilten den Tieren von allem Fleisch, das auf ihren Tisch kam, mit. Dann aber wurden sie nachlässiger, und nicht lange, so hatten die Menschen des Richterspruchs vergessen, und Hunde und Katzen bekamen wieder nur Knochen. Da beschlossen die beiden, die Menschen an ihre Pflicht zu erinnern, und die Katze kletterte das Dach hinauf, um das Urteil zu holen. Als sie aber oben kam, hatten die Mäuse das Pergament ganz zernagt, so daß es nicht mehr zu gebrauchen war. Die beiden konnten also dem Menschen ihr Recht nicht beweisen und müssen sich seitdem immer mit Knochen abspeisen lassen. Der Hund wurde aber zornig auf die Katze, deren Rat das Unglück veranlaßt hatte, und ist ihr ärgster Feind geworden, und die Katze sucht ihre Rache an den Mäusen und verfolgt sie aufs hitzigste, weil sie das Dokument vernichtet hatten. – Warum gingen sie denn nicht [145] wieder vor Gericht? Ja, der alte Mann war in der Zeit gestorben. (Hooksiel.)

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TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. Sagen. Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg. Zweiter Band. Zweites Buch. Vierter Abschnitt. C. Das Tierreich. 374. Der Hund. a. [Zur Zeit, als die Riesen noch auf Erden wohnten, gab es nur noch]. a. [Zur Zeit, als die Riesen noch auf Erden wohnten, gab es nur noch]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-2357-F