192.

In seinem Gegensatze zu Gott gedacht, zeigt sich der Teufel als tätiger Feind alles Göttlichen und Christlichen, durch welches die Menschen seiner Herrschaft entzogen werden, und sucht namentlich die sinnlichen Dinge, welche die Verbindung der Menschen mit Gott erleichtern und fördern, die Kirchen und die Glocken und den Gottesdienst, zu stören und zu hindern. Merkwürdig ist, daß der Teufel, so sehr er alles Kirchliche haßt, dennoch nicht selten die Kirchen aufsucht und in denselben sein Wesen treibt. Auch sagt man, wenn der Prediger nicht zu Hause sei, regiere der Teufel in seinen Büchern. Daher ist es gefährlich, in des Predigers Abwesenheit [303] in dessen Büchern zu lesen, denn es erscheint alsdann der Teufel oder allerlei Spukgestalt, je mehr man liest, desto mehr. Liest man rückwärts, so verschwinden Teufel und Spuk. Hie und da scheint man nicht sowohl christliche als zauberkräftige Bücher im Auge zu haben. – Das Bestreben des Teufels, die Seelen der Menschen zu gewinnen, äußert sich unmittelbar in den Teufelsbündnissen, von denen der folgende Abschnitt handelt, dann in der Weise, wie er es zu verhindern sucht, daß Sterbende sich bekehren und die Sakramente empfangen, und dadurch, daß er den Menschen Schaden zufügt, sie unausgesetzt auf irgend eine Art quält, und was dergl. Dinge mehr sind.

a.

Der Wildenloh ist ein waldbewachsener Hügel mitten im Moore, eine kleine Meile von Oldenburg, jetzt von einer Landstraße durchschnitten, früher kaum zugänglich. Genau genommen sind es zwei durch Moor getrennte Hügel; aber die in neuerer Zeit vorgenommenen Baumpflanzungen haben einen Zusammenhang hergestellt. Ehemals war das Moor, das sich nach allen Seiten, zum Teil meilenweit, erstreckt, wüst und unbebaut; jetzt haben Ansiedelungen, Weg- und Kanalbauten den Wildenloh den Menschen näher gerückt. – Als die Oldenburger ihre erste Kirche bauten, ward der Teufel sehr zornig und beschloß, die Stadt zu vernichten. Er griff in der Nacht bei Zwischenahn einen großen Wald aus dem Erdboden und trug ihn über das Moor, um ihn auf die Stadt auszuschütten. Als er eine Strecke weit gekommen war, krähte ein weißer Hahn. Da sprach der Teufel:


»Witte Hahn witt,
ick acht di en –«
und setzte seinen Weg fort. Nach einer Weile krähte ein roter Hahn. Da sprach der Teufel:
»Rode Hahn ro',
ick acht die so no (ungern)«

und ließ einen Teil des Waldes fallen. Das ist der kleine Wildenloh. Endlich krähte ein schwarzer Hahn.


»Swarte Hahn swart,
du treckst mi all wedder upt Hart!«

schrie der Teufel und warf die übrige Last ins Moor. Das ist der große Wildenloh. Wo er aber bei Zwischenahn den Wald aus dem Erdboden gerissen hatte, da entstand das Zwischenahner Meer. – Die sehr verbreitete Sage kennt [304] meistens die Unterscheidung zwischen den drei verschieden gefärbten Hähnen und die Rufe des Teufels nicht. Die obige Fassung stammt aus Wardenburg. In einer Erzählung heißt es: als der Teufel den kleinen Wildenloh fallen ließ, rief er:


»Kickerlieckick,
hier liggt en Klick.«

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. Sagen. Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg. Erster Band. Erstes Buch. Siebenter Abschnitt. 192. [In seinem Gegensatze zu Gott gedacht, zeigt sich der Teufel als]. a. [Der Wildenloh ist ein waldbewachsener Hügel mitten im Moore, eine]. a. [Der Wildenloh ist ein waldbewachsener Hügel mitten im Moore, eine]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-298E-9