4.

Vorbedeutung von Himmels- und Naturerscheinungen. – Ein jeder Mensch hat am Himmel seinen besonderen Stern, der mit der Geburt erscheint und mit dem Tode herabfällt. Daher sagt man, wenn eine Sternschnuppe vom Himmel herabschießt: Nun stirbt ein Mensch (Neuenkirchen).


Es flogen drei Sterne wohl über den Rhein,
Einer Witwe starben drei Töchterlein.

(Volkslied).


Wenn ein fallender Stern eine bestimmte Richtung auf ein Haus nimmt, so deutet dies auf einen nahen Todesfall in [18] diesem Hause (Jever). Ein Wunsch, den man beim Falle eines Sternes sich denkt, wird erfüllt.


Ein alter Märchenglaube kündet,
Der Himmel, er gewähre gern
Uns alle Wünsche, die wir hegen,
Wenn durch die Nacht hinschießt ein Stern.

(M. Bern).


Es heißt aber auch (Wildeshausen), wer eine Sternschnuppe sehe, habe des Tages eine Sünde begangen. – Sonnenfinsternisse bedeuten Unglück. Der Chronist Klinghamer auf Gut Dinklage schreibt: »1567, Mittwoch nach Quasimodogeniti, war der 9. Tag Aprilis, den Vormittag um 9 Schläge bis auf 12, ist eine große schreckliche und wundersame Finsterniß der Sunne gewesen, also, daß selbige sich ganz und gar verwandelt und schwarz geworden, auch die Sterne ein nach dem andern vom Himmel herabgefallen, welches in mannigen Jahren nicht gesehen.« Der spanisch-niederländische Krieg hatte begonnen, der dem südlichen Oldenburg großen Jammer bringen sollte. Ferner: »1577 ist großer Krieg, Aufruhr, Pestilenz, Krankheit und Venien (Verbrechen) gewesen, auch wunderlich neue Sterne und Finsterniß der Sonne gesehen worden« (Klinghamers Chronik, Landesbibliothek Oldenburg.) Die Angst vor Sonnenfinsternissen in früherer Zeit beleuchtet Folgendes: Eine Verfügung des münsterschen Fürstbischofs Franz Arnold ordnet an, daß wegen der am 3. Mai 1715 eintretenden Sonnenfinsternis, die an diesem Tage abzuhaltenden Prozessionen eingestellt und bis auf den folgenden Sonntag (5. Mai) verschoben werden, weil »vorhin offters verspüret worden, daß bei dergleichen Finsternissen wegen alsdann herunterfallenden fast schädlichen Himmelsthaues an Menschen und Vieh Schaden zugefügt sei.« Die Pfarrer der Ämter Vechta und Cloppenburg werden angewiesen, von den Kanzeln über diese Schädlichkeit der Sonnenfinsternisse das Volk zu unterrichten, damit am 3. Mai Menschen und Vieh soviel als möglich im Hause oder unter Dach bleiben und die Brunnen wohl zugedeckt gehalten werden, auf daß der bei solcher Sonnenfinsternis gemeiniglich herunterfallende Himmelstau nicht schaden könne. – Blutregen deutet auf blutige Kriege, Seuchen, Verbrechen usw. Der Chronist Klinghamer schreibt: »1599 auf h. Weihnachten, wie es groß Ungewitter gewesen, hat es bei der Vechte um des Edlen Herbord von Elmendorf Haus Blut in großer [19] Vielheit geregnet – – – und ist Anfang des folgenden Jahres einer zu Münster gerichtet, der mit 42 Frauen Ehebrüche begangen, über alles dieses noch Jungfrauen geschändet.« 1542 hatte es bei Sassenberg und Warendorf im Stift Münster Blut geregnet, und aus 1543 meldet K. gewaltige Teuerung wegen Mißwachses, welches eine Strafe Gottes gewesen wegen der Menschen Sünde und Bosheit willen. Das Blutregnen war hier also vorbedeutend. – Ein Komet bedeutet ebenfalls Krieg oder ähnliche Heimsuchung: (332). Dasselbe gilt vom Nordlicht oder jeder ungewöhnlichen Himmelserscheinung: (333). Wir lassen folgende Aufzeichnungen Klinghamers hier folgen: »1535: Etliche Tage vor der Eroberung der Stadt Münster (Niederwerfung der Wiedertäufer) hat das Kriegsvolk bei Dage am klaren Himmel Kreuz und Schwert gesehen.« 1554: Es ist am Himmel zu derselben Zeit eine Figur am Himmel gesehen, so darin gestanden J.N.R.J. das ist »Jhesus von Nazareth ein König der Juden«. Aus demselben Jahre berichtet der Chronist von einer Pest in Transsilvanien; und im Lande Cleve hat 1555 eine Frau 365 kleine Kindlein, zur Hälfte Mädchen zur Hälfte Knaben, zur Welt gebracht. »Es schreiben viele,« fügt K. hinzu, »daß es so kleine Kinder seien gewesen, daß man keine menschliche Natur an ihnen hat spüren können. Dies alles ist wohl zu glauben, denn bei Gott ist kein Ding unmöglich. Die Sache war so gekommen: Eine arme Frau hatte 2 Kinder geboren. Dieserhalb von einer reichen hartherzigen Frau angefahren dahin, es sei unmöglich, zwei Kinder zumal zu erhalten, wenn man nicht zwei Männer habe, habe die Arme gewünscht, ihre Beleidigerin möge soviel Kinder erhalten, als Tage im Jahre seien.« »1572 zur Zeit des Papstes Gregor XIII ist ein wunderbarer seltsamer und ungewöhnlicher Stern am himmlischen Firmament gesehen worden, daß Keinmant gewußt, wo er es hindeuten sollte. Es sein aber die alten Hebräer gänzlich der Meinung, daß durch sothanen neuen Stern ein neuer König bedeutet würde.« »1580 um Michaelis abends 10 Uhr sind zwei Monde am Himmel gesehen wor den.« »1580 im Herbste 8 Tage vor Michaelis ist der Himmel mit großen feurigen Streifen bemalt gewesen, ins Westen gezogen und wiederum verschwunden.« Im Anschluß an diese Mitteilung berichtet K. von Bränden, Verbrechen, feindlichen Einfällen, Mißwachs, Seuchen usw. Der Oldenburger Chronist Winkelmann erwähnt, daß im November 1618 ein [20] erschrecklicher Kometenstern mit einem langen brennenden Schwanz bei klarem Himmel in ganz Deutschland 30 Tage lang gesehen sei als rechter Herold und Vorbote der künftigen 30jährigen göttlichen Strafe. Ebenso sieht zu der Zeit der Pastor Fabricius in Rastede einen Kometen, der 54 Tage gesehen worden, als Vorhersager von Krieg und Pestilenz an. Als 1858 der prachtvolle donatische Komet längere Zeit am nächtlichen Himmel strahlte, sprach die ganze Welt wiederum von Krieg, und viele glaubten später, er habe den Zusammenstoß Österreichs mit Frankreich und Italien im Jahre 1859 angekündigt. – Elmsfeuer an den Mastspitzen deutet auf Todesfall unter den Mannschaften. – Regen am Hochzeitstage, mit andern Worten schlechtes Wetter, ist ein Zeichen, daß die Frau im Ehestande viel weinen muß. Man pflegt alsdann zu sagen, die junge Frau habe die Katze nicht gut gefüttert, auch wohl mit dem Zusatze: »Darum regnet es ihr in den Kranz,« nämlich auf dem Wege zur Kirche, wo die Trauung stattfindet. Dagegen bedeutet (Oldenburg, Varel, Münsterland) Regen am Hochzeitstage eine fruchtbare Ehe, wenn dieser Regen im Frühling oder Sommer als ein kurzer warmer Gewitterregen die nach Feuchtigkeit lechzende Saat erquickt. – Wenn der Küster den Kirchhof mäht, gibts Regen. Außer dem Küster nennt man an verschiedenen Orten einen Eingesessenen, der Unwetter herbeischafft, wenn er anfängt zu mähen oder eine bestimmte Wiese in Angriff nimmt. – Regen mit Sonnenschein bedeutet Mehltau für die Pflanzen. – Wenn in den Nächten von Karfreitag auf Karsamstag und von Karsamstag auf Ostern Frost sich einstellt, so erfriert im folgenden Sommer der Buchweizen (28). Woher am Ostermorgen der Wind weht, dorther weht es bis Pfingsten (53). Sind die Schweine unruhig im Stalle, gibt es Sturm (Münsterland).

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TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. Sagen. Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg. Erster Band. Erstes Buch. Erster Abschnitt. 4. [Vorbedeutung von Himmels- und Naturerscheinungen. - Ein jeder Mensch]. 4. [Vorbedeutung von Himmels- und Naturerscheinungen. - Ein jeder Mensch]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-30F6-4