105. Der Dänholm bei Stralsund.
Nahe bei der Stadt Stralsund, rechts wenn man von der Stadt nach Altefähr auf Rügen schifft, liegt ein kleines, lustiges Eiland, der Dänholm geheißen. Diesen Namen hat es vor ungefähr 500 Jahren erhalten. Damals waren zu einer Zeit die Dänen mit einer großen Anzahl von Schiffen des Nachts auf dieses Eiland gekommen, um von da aus unversehens die Stadt zu überfallen. Sie waren zwar von einigen Schiffern gesehen worden, und diese machten auch gleich dem Rath Anzeige von der Ankunft des Feindes. Allein die Stadt hatte zu damaliger Zeit kein einziges Schiff zu Hause, als nur die kleinen Fischerböte. Die muthigen Stralsunder verzagten darum aber nicht, sondern sprangen rasch in die kleinen Böte hinein, um dem Feinde zuvorzukommen, und ihn zu verjagen, ehe er noch die Stadt angegriffen hätte. Das hatten die Dänen nicht erwartet. Sie lagen ruhig auf der kleinen Insel und rathschlagten, wie sie am besten die Stadt überfallen möchten, da wurden sie auf einmal selbst überfallen. Allein sie wehrten sich doch tapfer, und weil sie große, wohlausgerüstete Fahrzeuge hatten, die Stralsunder aber nur in den kleinen Fischerböten waren, so mußten die Letzteren am Ende weichen, und sie flohen nach [144] der Stadt zurück. An dem Wasser aber standen die Weiber und Kinder aus der Stadt, und wie die die Ihrigen fliehen sahen, da schalten sie dieselben, und schrieen sie zornig an, und ermahnten sie, sich besser zu wehren. Darüber schämten sich die Bürger denn, und sie sind wieder umgekehrt, und haben in ihrer Verzweiflung den Dänen so tapfer zugesetzt, daß kaum drei oder vier Schiffe davon gekommen sind. Von da an hat die Insel der Dänholm geheißen. Zum Andenken dieses Sieges wird noch alljährlich in Stralsund ein großes Fest gefeiert, an welchem die Bürger, festlich geschmückt, mit fliegenden Fahnen und unter freudigem Kanonendonner den Dänholm umschiffen. Es werden dazu aber nur Fischerboote genommen, weil diese den Sieg gewonnen haben.
Karl Lappe, Pommerbuch, S. 23, und mündlich.