[178] Schönheit und Vergänglichkeit

Warum Klagen, daß die Blume sinkt
Und in Asche bald zerfällt:
Daß mir heut ein lüstern Auge winkt
Und das Alter diesen Glanz entstellt.
Ihm mit allen Kräften nachzuringen,
Fest zu halten unsrer Schönen Hand, –
Ja, die Liebe leiht die mächt'gen Schwingen
Von Vergänglichkeit, sie knüpft das Band.
Sagt, was wäre Glück, was Liebe?
Keiner betete zu ihr
Wenn sie ewig bei uns bliebe,
Schönheit angefesselt hier.
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Aber wenn auch keine Trennung droht,
Eifersucht und Argwohn schweigen,
Alle sich der Liebe neigen,
Fürchten gleich Geliebte keinen Tod –
Ach! Vergänglichkeit knüpft schon die Ketten,
Denen kein Entrinnen möglich bleibt,
Lieb' und Treue können hier nicht retten,
Wenn die harte Zeit Gesetze schreibt.
Darum geizen wir nach Küssen,
Beugen Schönen unser Knie,
Winke, Lippen, Lächeln grüßen
Allzuoft zur Freude nie.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Tieck, Ludwig. Gedichte. Gedichte. Zweiter Theil. Schönheit und Vergänglichkeit. Schönheit und Vergänglichkeit. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-543C-C