[208] Villa Borghese
Niemals veraltet dein Reiz,
So oft ich hier wandle.
Dank dem edlen Geiste,
Der das süsse Labyrinth erschuf
Und uns vergönnte,
Hier, wo aus grünen Bäumen
Bilder uns grüßen,
Wo Blumenpracht den Frühling ausgießt,
Und Duft und Farben spendend
Alle Sinne mit Zauber umstrickt,
Glücklich zu seyn.
Dort das sprudelnde Wasser,
Und in dem einsamen Raum
Unter Eppich und Ulmen versteckt,
Die niederperlenden Tropfen Kristall's,
[209]Die in Marmorbecken
Melodisch fallen und klingen:
Dazu der Turteltaube Liebesklage
Aus dichterem Gebüsch,
Den wilden Waldruf
Fremden Geflügels.
Wie oft schon trank ich hier das süßeste
Innigste Leben entzückt. –
Hier auch bist du gewandelt,
Edelster Genius,
Unsers Vaterlands Zier und Lust,
Göthe, deutscher herrlicher Sänger.
Hier, so verkündet die Sage,
Ward dein Lied vom Tasso gedichtet,
Und jedes lispelnde Blatt,
Der Lorbeer rauscht deinen Namen,
Die Springquellen reden von dir,
Und ein Geisterschauer
[210]Fliegt über mir hinweg
Und säuselt noch heilig in den fernen Pinien.
So les' ich täglich die alte Welt,
Stein und Boden und Fluß,
Himmelsbläue und Baum
Reden von ihr.
Des Mittelalters Wunder,
Die Kraft der Religion,
Die Helden der Vorzeit,
Treten sichtlich vor mich hin,
Mit Glanz umflossen.
Schwebt mir Rafaels Schatten
Grüssend vorüber,
Er inmitten der Schaar
Der begeisterten Dichter und Bildner,
Erwiedr' ich mit Thränen den Gruß.
Und nun noch muß mir die süßeste, lieblichste
Schönste Erinnrung begegnen,
[211]Deine hohe Gestalt,
Du mir von Kindheit befreundet,
Vorbild und Muster,
In dessen Lied mir der trunknen
Begeistrung Quelle rauscht,
Du, der den Muth der Brust mir weckst,
Und, Unerreichbarer, im Kampf der Liebe
Das frohe Gefühl mir wieder
In Beschämung wandelst.