Auf dem Nachttisch

Eins, zwei, drei, vier, fünf . . . da fehlt doch ein Buch! Wenn so viel auf dem Nachttisch liegt – warum soll nicht auch einmal etwas unter dem Nachttisch liegen? Richtig: es ist heruntergefallen. (Hinunter, [136] herunter . . . wie heißt das? ›Hin‹ zeigt die Richtung an – ich weiß schon. Aber die Sprache macht das nicht mit, sie kugelt alles bunt durcheinander.) Da liegts. Da darfs nicht liegen. Denn das Buch verdient einen Ehrenplatz auf dem Nachttisch. Und den soll es auch gleich haben.

Von den vielen Arten, die Schande des Krieges zu betrachten, ist eine wohl am wirkungsvollsten: das ist die des still leidenden, nicht zornmütigen Menschen. Alfred Polgar hat sie gewählt. (›Hinterland‹; erschienen bei Ernst Rowohlt, Berlin.) Nein, er hat diese Art nicht gewählt – es ist die seine. Er gehört nicht zu jenen, die da aufstehen und Zetermordio gegen eine organisierte Schweinerei rufen – es ekelt ihn. Weil aber im Grunde seines Herzens der Humor glüht, so ist ein bittersüßes Getränk aus dem geworden, was er uns da gekocht hat.

Ein Teil dieser Geschichten ist im Kriege geschrieben und merkwürdigerweise auch gedruckt worden. Ein Berliner wird aus Österreich niemals ganz klug; welche Mischung von Roheit, Schlamperei, Dummheit, Gewitztheit, Raffinement! (Liebe Mitschriftsteller, das Wort ›Raffinesse‹ gibt es nicht, das ist eine schreckliche und krebsartige Neubildung!) Wir andern verstehen Österreich niemals ganz – wir erleben nur schaudernd in diesem Buche, wie es gewesen ist.

Was den Stil der Polgarschen Prosa angeht, so kann er etwas, worum ich ihn unendlich beneide. Alle seine Sätze, alle ohne Ausnahme, sind zu Ende formuliert. Die Fassung scheint endgültig. (Ihm scheint sie bestimmt nicht so; wer so schreibt, quält sich.) Es sind ganze Abschnitte darin, die durchaus klassisch anmuten – hätten wir pazifistische Schulbücher und nicht dieses wüste Gehetz zum nächsten Krieg, so verdienten diese Kapitel, dort aufgenommen zu werden. »Wer roh, brutal und stumpfsinnig ist, erträgt die Greuel des Krieges, jene, die ihm selbst, wie gewiß jene, die nicht ihm selbst widerfahren. Die andern schwanken zwischen Irrsinn und Verzweiflung.« Wie zementiert war dieser Boden, Stein, Stein, Stein. Aber es gab da Fugen und Ritzen, und aus denen wuchsen diesem großen Schriftsteller zarte Gräser der Ironie. Diese Pflanzen haben dann später geholfen, die Steindecke zu sprengen.

Ich frage mich, was wohl unsere Enkel, wenn sie dieses Buch in die Hände bekommen (Polgar würde sagen: bekämen), dazu sagten. Werden sie das verstehen? Dieser Hohn, der zum Beispiel in dem bezaubernden ›Interview‹ aufklingt; dort wird die Wartefrau eines öffentlichen ›HIER‹ interviewt, mit ernsten politischen Fragen wird die treue Schaffnerin behelligt, die dort die Wasserspülung beaufsichtigt, und sie antwortet auf alles. Aber diese Antworten sind so merkwürdig . . . Bis sich denn ergibt: »Das Amt der guten Frau bringt es mit sich, daß sie nur mit alten Zeitungen zu tun hat. Vom Sommer 1916 ist das neuste Quartal datiert, das sie erworben hat. Und auch das nicht zur Lektüre. Was für eine verständige Frau!«

Und werden die Enkel die Sehnsucht verstehn, die damals in den [137] Herzen aufflammte: einmal aus diesem vaterländischen Modder hinauszukommen, hinaus in andre Länder, in denen es noch vernünftige Menschen gab, keine Musterungskommissionen, sorglose Frauen, still arbeitende Männer, ›echten‹ Bindfaden und ›echtes‹ Leder und Butter . . . ! Es war nicht auszudenken. Dieser Sehnsucht gibt Polgar hinreißenden Ausdruck. Und von den verbrecherischen Ärzten ist die Rede, die mit faradischen Strömen die Proletarier gequält haben . . . ach, ich weiß. Ich weiß, daß man mit diesen sehr schmerzhaften Strömungen manchmal, manches Mal, auch Heilungen erzielen kann – aber es ist doch widerwärtig, wie diese uniformierten Schinder das niemals an ihrer gut zahlenden Kundschaft, sondern immer nur an wehrlosen Soldaten ausprobiert haben. Manche rühmen sich dessen noch heute. Und niemand hat sie zur Verantwortung gezogen.

Die Verantwortung . . . Das ist das schönste Kapitel dieses Buches, und das gehört nun wirklich in alle Schullesebücher. Seite 73. »Die leitenden Staatsmänner und Generale übernehmen die ›Verantwortung‹ für das Schicksal, das sie den Völkern auferlegen.« Und was dann kommt, das müßt ihr selber nachlesen – es ist jene Verantwortung, nämlich vor der ›Geschichte‹, und das ist eine schöne Geschichte.

Das ist ein Buch! Die famosen Glossen über Berlin, in liebevoller Ironie; die Schilderungen aus dem verfallenden Wien; eine himmlische Satire über den Umsturz in Ungarn . . . auch für die, die einen Teil dieser Arbeit schon in der ›Weltbühne‹ gelesen haben, ein nimmer endendes Vergnügen. Und das wimmelt von klugen Bemerkungen, das funkelt und strahlt und blitzt – und nie, niemals ist die Formulierung Selbstzweck; der Stil ist gebändigt von einem großen Meister der deutschen Sprache. Hut ab.

Die Satire Polgars über Budapest ist lustig und bös. Blutig ist sie nicht. Ungarn aber ist blutig gewesen, blutig wie rohes Fleisch . . . Davon steht zu lesen in einem kleinen Band ›Die Kerker von Budapest‹, von Sandor Kémeri, mit einem Vorwort von Henri Barbusse (erschienen im Buchverlag Kaden &: Co., Dresden). Nicht gut für die Nachtruhe – sehr gut für die Schärfung des Gewissens.

Sandor Kémeri ist das Pseudonym einer Frau, der Gattin eines ungarischen Journalisten, von Bölöni. Der Mann ist niemals Kommunist gewesen, die Frau auch nicht. Das Ehepaar floh vor Horthy aus Ungarn, weil der Terror unerträglich war – alle hatten zu fürchten, alle, außer den Uniformierten. Dann kehrte die Frau in einem gradezu fahrlässigen Vertrauen auf die Anständigkeit der ungarischen Regierung zurück, um nach ihrer beschlagnahmten Wohnung und nach ihren Sachen zu sehen . . . Sie wurde natürlich verhaftet. Man behielt sie wochenlang im Militärgefängnis; ihr selbst geschah zwar nichts – aber was sie dort gesehen hat, das hat sie aufgezeichnet. Und das muß man lesen.

[138] Es ist viehisch.

Es ist so gemein, daß ich diese Einzelheiten nicht noch einmal abschreiben mag – ich habe neulich bereits aus einem Buch von Barbusse Proben gegeben. Wie sie auf Menschenfleisch (meist Judenfleisch) herumgehackt haben! Wie sich ein irrer Sadismus noch an Sterbenden austobte – einem, der in den letzten Zügen lag, hat ein Soldat in den Mund gespuckt; wie sie schlugen, messerten, peitschten, brüllten, Stöcke in die Zähne wirbelten, auf Winselnden mit Füßen umhertraten . . . das Zeugnis dieser Frau ist um so beachtlicher, als sie keiner Partei angehört, keine politischen Schlußfolgerungen aus ihren entsetzlichen Beobachtungen zieht – es ist nichts von Klassenkampf in dem Buch. Es ist einfach eine anständige Bürgersfrau, die zu zittern anfängt, wenn sie an das denkt, was sie da gesehen hat. Es ist grauenvoll.

Vergeltung? Es hat keine Vergeltung gegeben. Die Juden beten schon wieder für Horthy, der seinerseits ›gar nicht mehr so schlimm ist‹ . . . es hat keine Vergeltung gegeben. Nun, ich halte befriedigte Rache für etwas grauenvoll Lächerliches: wenn der Feind zerprügelt am Boden liegt, schämt man sich, wenn man Nerven hat – was soll das? Was nützt uns das da?

Aber doch . . . es ist nicht gut, daß Gottes Mühlen so langsam mahlen. Es ist nicht gut, weil in Ungarn (wie in Deutschland) Tausende von Menschen herumlaufen, die sich an Blutfusel sattgesoffen haben, die einmal ihre sadistischen Triebe haben frei auslaufen lassen können. Sind sie wirklich satt? Ja, sie mögen wohl gesättigt sein. Aber es ist nicht gut. Solch ein Gesindel ist vergiftet Zeit seines Lebens. Verroht, vertiert, Verzeihung: vermenscht . . . wer das einmal fertig bekommen hat, wer so schrankenlos hat zuschlagen dürfen, wer aus Menschen Objekte gemacht hat und sich benommen hat, als befinde er sich in einem blutigen Bordell –: der bleibt eine sittliche Gefahr für sein Land. Ungarn wimmelt von solchen Bestien. Sie sind alle noch da. Gepäckträger sind sie nun, kleine Zigarrenhändler, Schutzleute, Feldwebel . . . und haben den lieben Gott geprellt, der es ihnen im Jenseits vergelten . . . wie?

Kein Wunder, wenn auf der andern Seite die Flamme glüht, und schwelt.

Wenn jemand in Deutschland Tendenz macht, dann werfen ihm die Kunstrichter zunächst vor, daß er es tut, und wenn sie der andern Richtung angehören, dann jammern sie: der Mann kann ja nichts. Ich bin für Tendenz – feste, gib ihm.

Das ›Volksbuch 1930‹ (erschienen im Neuen Deutschen Verlag) gibt ihm.

Es ist eine Anthologie aus Bild und Text – ich bin auch vertreten. Der Querschnitt durch das Jahr ist voll gelungen; das Bildmaterial ist gut. Es ist anständige Literatur, und so ausgewählt, daß sie jeder Proletarier, [139] jeder Angestellte, der auch nur ein wenig geistige Interessen hat, ohne weiteres versteht. Tendenz, nicht die einer Partei, durchtränkt jede Zeile, so daß sie nicht noch nötig hat, zu kollern. Dichterisch am stärksten sind ein paar Zeilen aus einem Gedicht Emil Ginkels (›Wir haben die billigsten Hände, die billigsten Hände der Welt‹) und von der ersten bis zur letzten Zeile voll gelungen ein Gedicht Walter Mehrings aus dem ›Kaufmann von Berlin‹: ›Das Lied vom trocknen Brot‹. Man sollte übrigens dieses Drama nach dem Piscatorkrach nicht ad acta legen – es ist nicht nur sprachlich eines der besten Dokumente aus der Inflation.

›Montiert‹ hat das Buch John Heartfield, der ja bahnbrechend auf diesem Gebiet ist. Mir erscheint diese Technik ausbildungsfähig. Ich habe mit Heartfield zusammen in meinem ›Deutschland, Deutschland über alles‹ versucht, eine neue Technik der Bildunterschrift zu geben, eine Technik, der ich jetzt häufig, auch in illustrierten Blättern, begegne. Aber es sind Äußerlichkeiten, die man uns abgeguckt hat. Es kommt darauf an, die Fotografie – und nur diese – noch ganz anders zu verwenden: als Unterstreichung des Textes, als witzige Gegenüberstellung, als Ornament, als Bekräftigung – das Bild soll nicht mehr Selbstzweck sein. Man lehre den Leser, mit unsern Augen zu sehen, und das Foto wird nicht nur sprechen: es wird schreien.

Das ›Volksbuch‹ enthält auch ein Gedicht ›Ich geh mit meiner Kleinen stempeln‹. Viel stärker – wenn auch ohne Zusatz propagandistisch nicht brauchbar – ist ein kleines Gedicht mit demselben Thema ›Ick jeh stempeln‹, das Erich Carow aufsagt. Ich habe es leider niemals von ihm gehört. Die einfachen Verse stehen in dem Band ›Erich Carow, Karriere eines berliner Volkskomikers‹ (erschienen im Eden-Verlag zu Berlin). Es lohnt sich wohl, da einmal einen Blick hineinzutun. Nicht nur, weil dieser Carow ein großer Schauspieler ist – sondern auch, weil mancherlei Aufschlüsse über Berlinertum in diesem Buch zu finden sind. Wir, die Schriftsteller, sind im Buch in der Majorität – schade, ich hätte gern gelesen, was Carows Publikum vom Weinbergsweg über ihn sagt. Im übrigen:

Ick jeh stempeln, ick jeh stempeln,

denn ick habe nischt zu pempeln.

Ick bin klamm un ausjemist,

Ick wees nich mehr, wat Arbeet is.

Ick sehne mir ooch nich danach,

der Jeist is willich, det Fleesch is schwach,

Ick kann bloß nachn Nachweis tempeln –

Ick jeh stempeln, ick jeh stempeln, ick jeh stempeln.

Nun ist nur noch ein Buch übrig geblieben. Wenn ich von dem erzählen soll, laßt mich erst einmal Atem holen.

A. T. Wassiljew ›Ochrana‹ (erschienen im Amalthea-Verlag in Wien). [140] Dieser Wassiljew war Polizeidirektor bei der russischen Ochrana, und von der berichtet er.

Der Mann ist überzeugter Zarist; man wird also nicht erwarten, daß er die Ochrana, die ihm Brot, Ehre und Lebensinhalt gegeben hat, hinterher beschimpft. Nein, das erwartet man nicht. Auch nicht, daß er so ziemlich alles zugibt, was man der Ochrana vorwirft – er ist so dumm, daß ers noch zugibt, während er es bestreitet, und das Buch ist voll der infamsten Beschimpfungen der russischen Intellektuellen, des Sozialismus, von gänzlichem Unverständnis vom Wesen einer Revolution . . . soweit ist das alles Sache des Herrn Wassiljew. Es ist, wie wenn jemand das Lallen eines besoffenen russischen Gendarmerieobersten ins Deutsche übersetzt hätte.

Vieles wirkt, wie wenn es ein böser Satiriker geschrieben hätte. Spitzel? Aus den Kreisen der Revolutionäre? Nein . . . Nur: »Hatte die Ochrana eine Gruppe von Revolutionären ausgehoben, dann suchte sich der Chef der moskauer Ochrana Subatow jene Personen unter ihnen aus, die am ehesten beeinflußbar erschienen, lud sie in sein Privatzimmer und begann ihnen im freundlichen Plauderton die Verwerflichkeit der revolutionären Bestrebungen und die Gerechtigkeit des von der Regierung geführten Verteidigungskampfs auseinanderzusetzen.« Ist das nicht idyllisch? Er gibt Provokationen zu – die wurden aber scharf geahndet. Zum Beispiel so: Die russische Polizei stellt ein revolutionäres Flugblatt her, um ein paar Leute gehörig einzuseifen. Das kommt heraus. »Der Ochrana-Kommandant darf nicht länger in seinem Amt verbleiben; seine Absetzung ist dem Korpskommandanten unverzüglich zu melden.« Unverzüglich! So streng ging es im zaristischen Rußland her . . . Er gibt zu, daß man die Post Tolstois heimlich geöffnet hat, aber: »Der redliche wahre Russe hat die starke Macht immer geachtet, sich vor ihr gebeugt, ohne zu fragen und ohne darüber nachzudenken, welches die Gründe für jene Befehle seien, die oft nicht leicht zu erfüllen und zu ertragen waren. Das kam daher, daß der Russe in der Tiefe seiner Seele wußte und verstand, wie doch die vom Kaiser eingesetzten Behörden nur dazu da seien, als treue Diener des Zaren das Wohl Rußlands mit allen Mitteln zu fördern.«

Und dann die fassungslose Verwunderung, wie ihn die Revolutionäre nun beim Kanthaken nehmen – wie denn? er soll (siehe bei Polgar) nun auch noch die Verantwortung für das tragen, was er gemacht hat? Nein . . . ! Denn diese Kerle haben ja, wenns schief geht, zwei Ausreden, die sie durch die ganze Weltgeschichte begleiten: entweder sie haben nur Befehle ausgeführt oder sie haben nur Befehle erteilt. Und dafür trägt man doch keine Verantwortung! Ja, mit dem Maul . . .

Man wird von mir nicht verlangen, daß ich mich ernsthaft mit einem Buch auseinandersetze, das die›Protokolle der Weisen von Zion‹ ernst nimmt; das über die russische Judenfrage gradezu groteske Ansichten [141] entwickelt; das die Maßnahmen der russischen Revolutionäre durch ein Monokel bespöttelt . . . zum Glück ist das Buch unverhältnismäßig teuer und wird nicht viel Schaden anrichten. Auch das Skatspiel: Ochrana – GPU wollen wir nicht mitspielen. Nicht deshalb zeige ich das Buch an – Herr Wassiljew ist kein Gegner.

Was aber einmal gesagt und gefragt werden muß, ist dies:
Wer ist der Amalthea-Verlag?

Willy Haas hat neulich in der ›Literarischen Welt‹ einen höchst instruktiven und guten Aufsatz über die Verleger Wiens veröffentlicht, wie immer von der besten Gesinnung getragen. Darin wird auch des Amalthea-Verlages Erwähnung getan, und er wird ernst genommen. Ich bedaure, Haas ausnahmsweise hier nicht folgen zu können.

Daß ein Verlag antibolschewistische Bücher druckt, ist sein gutes Recht. Daß diese Bücher, besonders die Fülöp-Millers, einen, wie soll ich sagen, leicht anrüchigen Eindruck machen, mag an meiner Nase liegen. Ich kann Millern nichts ›beweisen‹ und will es auch gar nicht. Daß der Verlag gegen Rußland hetzt, muß man ihm zugestehn – er ist frei. Dagegen wäre nichts einzuwenden.

Doch hat alles seine Grenzen, und ein Verlag ist für seine Autoren verantwortlich.
Und wenn ein Verlag wagt, ein Buch zu drucken, das diesen Anwurf hier enthält:

»Hierauf trat Lenin durch einen jüdischen Vermittler namens Helfmann, genannt Parvus, mit der deutschen Regierung in Verhandlungen und übernahm gegen eine hohe Belohnung die Aufgabe, in Rußland Unordnungen und Streiks hervorzurufen und überhaupt mit allen Mitteln Erfolge der russischen Kriegsführung zu verhindern« –

so scheidet damit der Almathea-Verlag aus den Reihen der ernst zu nehmenden Verlage ein für alle Male aus.

Es hat alles seine Grenzen. Man kann Hindenburg politisch bekämpfen, und das mit den schärfsten Mitteln; man darf sagen, daß seine militärische Bedeutung überschätzt wird, man darf gegen seine politische Haltung polemisieren – aber man hat anständig zu bleiben. Und wenn sich heute ein deutscher Verlag einfallen ließe, drucken zu lassen: »Herr von Hindenburg hat von England Geld erhalten, um nicht alle Möglichkeiten der Kriegführung zur Entfaltung kommen zu lassen« – so würde der Verlag mit Recht von der öffentlichen Meinung fortgefegt werden.

Und genau denselben Respekt nehmen wir für Lenin in Anspruch.

Bekämpft ihn. Sagt, er habe nichts als Unheil angerichtet. Schreibt, er sei überschätztes Mittelmaß. Sagt alles, was ihr wollt. Wer aber die persönliche Ehrenhaftigkeit dieses Revolutionärs in Zweifel zieht, der ist ein Schuft.

[142]

Ich nehme den Gendarm, der das Zeug geschrieben hat, nicht ernst. Ich habe nur den Amalthea-Verlag in Wien bis heute für einen ernsten Verlag gehalten. Ich tue das nicht mehr. Die Publikationen dieses Verlages verdienen keinerlei Erwähnung. Das Buch des echten Russen gehört dahin, wo vorhin Polgars Buch versehentlich hingeraten ist: unter den Nachttisch.


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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Tucholsky, Kurt. Werke. 1930. Auf dem Nachttisch [4]. Auf dem Nachttisch [4]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-6310-4