An den deutschen Mond

Guter Mond, du gehst so stille
Durch die Abendwolken hin!
Siehst die lange Äppelzille
Und die Venuspriesterin.
Siehst Passanten und die Bummler
Und die bösen Geldscheinschummler.
Bist das alles schon gewohnt,
Guter Mond, guter Mond –!
Segelst langsam ob den Dächern,
Siehst in Fenster und Büros,
Wo die Akten in den Fächern
Flüstern: »Wir sind Nosken los!«
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Siehst in Fenster der Kasernen,
Wo sie Schwarz-Rot-Gold entfernen . . .
Bist das alles schon gewohnt,
Guter Mond, guter Mond –!
Kugelst dich am Firmamente
Über unsre große Stadt,
Siehst die dicke, schwere Rente,
Die der Ludendorff noch hat.
Siehst auch nächstens, wenn es später,
Manche freien Hochverräter . . .
Bist das alles schon gewohnt,
Guter Mond, guter Mond –!
Aber käme plötzlich einer,
Der trotz Lärmen und Gezisch
Schlüge – wie noch leider keiner –
Mit der Faust auf unsern Tisch –
Sagt der: »Militär kann gehen!«
Ei, dann bliebst du sicher stehen!
Denn das bist du nicht gewohnt,
Guter Mond, guter Mond –!

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Tucholsky, Kurt. Werke. 1920. An den deutschen Mond. An den deutschen Mond. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-6AB5-5