Die achtundvierzigste Fabel.
Vom Ael und der Schlangen.
Es sprach der ael zu einer schlangen:
»Wie komts, daß mich die leut so fangen,
Und du und ich sind einer moß,
An leng und dick schier gleiche groß,
Und doch kein fischer auf dich helt,
Mit angeln oder reusen stellt?«
Da sprach die schlang: »Hör, wies zuget:
Wer mich zu fahen understet,
Sich mir mit frevel widersetzt,
Der bsorgt sich, daß er werd verletzt
Von mir, derhalb tut er mir nit:
Darumb han wir all beide fried.«
Wenn einer sihet ein bösen man,
Den get nicht leichtlich feindlich an,
Besorgt sich, daß er in auch zwack,
Und denkt, er hab auch stahl im sack.
Wer einen wil freventlich letzen,
Der muß so vil entgegen setzen.
Zwei meßer, gleiche scharpf all beid,
Helt eins das ander in der scheid.