Von Pfalzgraven Carl-Ludwigen und seiner fräulein schwester Princessin Elizabeth

Hat schon des himmels hohe gunst
der Musen kunst auf mich geregnet,
und durch ein süß fruchtreiche brunst
mein haupt und hand also gesegnet,
Daß ihre stete fruchtbarkeit
ein löbliche fürwitzigkeit,
wie werte männer mich beschreien,
kont und solt billich hoch erfreuen:
Die weil in ein und andrer sprach,
wie sie villeicht befunden haben,
ich seinem wolgefallen nach
mit früchten jemand kont erlaben:
So findet sich in meiner brust
doch gar kein lust, mit frechen händen
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ein unverdiente frucht, noch blust
unwerten gästen anzuwenden:
Ich will nicht, ja ich kann auch nicht
durch ein ungründliches gedicht
die laster der gotlosen reichen
mit tugendfarben überstreichen;
auch keinem stinkend hübschen grab
will ich ein süßes opfer bringen,
noch um ein fliegend leichte gab
ein liegendschweres lob hersingen.
Doch wie ich fälschlich keinem stand
und keinem land will lob bezeugen,
also wär es mir eine schand,
wan ich von euch solt allzeit schweigen;
Von euch, als deren wahres lob
vor langem schon mit klarer prob
ich solt, wie euch mein herz geehret,
auch haben durch die welt vermehret.
Ja billich solt mein geist mit fleiß
die wunder, die man in euch blühen
kan sehen, durch warhaften preis
der welt zu schauen, sich bemühen.
O großer prinz, wan ich betracht
der tugend pracht, die euch hell schmücket
in euers unglücks finstern nacht,
befind ich doppelt mich entglücket.
Dan kont es immer möglich sein,
wan auch mit höchster kunst, witz, pein
die höchste götter zu verpflichten,
Apollon selbs mein lied solt dichten,
Daß euer wert auch eure feind
nicht treflicher erachten solten?
daß euer leben eure freind
nicht lieblicher bekennen wolten?
Was dan erfordert die gebühr,
princessin, hier von euch zu singen?
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soll euers leibs wolstand und zier
wie erstlich ihr, auch ich fürbringen?
Doch leib und geist, ganz götlich gleich,
seind beed so unvergleichlich reich,
daß ich von beeden vil zu sagen,
weil vil nicht gnug, mich kaum darf wagen.
Von beeden singen wolt ich gern,
doch könt ich, solt ich beede preisen,
für die sonn selbs nur einen stern,
und für das meer ein tröpflein weisen.
Wer nicht weiß, daß ihr beed ein schoß
seid mangellos von einem stammen
an altgekrönter Tugend groß,
der weiß kaum seinen eignen namen.
Zwar seind die, welche schon sehr weit
allein aus freiheit alter zeit
vor euch der chronik eingeschriben,
weit nach euch an verdienst gebliben.
Wer auch will wissen stuck von stuck
was ihre tugenden gewesen,
der mag sie, als in einem druck,
in euch ausführlich überlesen.
Die ehr, geborget, ist so schlecht,
daß sie nicht recht die kinder zieret;
und ist ein herr, der lastern knecht,
sehr torecht, der damit prachtieret.
An euers wandels neuer lehr,
zwar euers alten stammes ehr
vermehrend, kan man nichts ereugen,
dan was recht löblich euer eigen.
Also die stern, die von dem schein
der sonnen ihren schein bereichen,
die müssen auch all ihr allein
an wahrer klarer reichtum weichen.
Wer dan auf euers lobs botschaft
(die ihre kraft sunst gehend stärket,
[181]
doch von euch beeden mangelhaft)
auf euer thun und lassen merket;
Der kan mit leicht und schwerem mut
bald eurer feinden arge wut
und der welt unverstand auch sehen
und muß, unwürsch, darauf gestehen:
Daß nichts, dan die unbillichkeit
darf euer erbland von euch halten,
und daß, nach der gerechtigkeit,
die ganze welt euch zu verwalten.
Befinden würd er mit wollust
und mit unlust, so spat zu finden,
wie euer haupt und eure brust
kan alles unglück überwinden.
Dan euers lebens reicher thron,
und eurer selen gleicher ton,
der tugend einiges exempel
der göttin Panareten tempel:
In euch des himmels hand ganz frei
kont und wolt des leibs und der seelen
gleichlose gaben, ganz getreu,
zu trutz dem unglück, recht vermählen.
Daß aber euch des höchsten hand
noch euer land nicht widergeben,
sondern will, euch in fremdem land
noch länger übend, lassen leben:
Da mag auch euer feind voll stolz
und forcht, wan an dem grünen holz
er dises sihet, wol zusehen,
was ihm, dem dürren, mag geschehen.
So löblich ist es, gut und geld
und herrlichkeit gar zu verachten,
als schändlich, es für got, der welt
hochheit unbillich nachzutrachten.
Durch gold und gut der gröste theil
träg, üppig, geil, den lust nur wetzet
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und damit sein und andrer heil,
gern oder ungern, frech verletzet:
Und ob euch wol an geld und gold
nicht manglet, hat der tugend sold
euch doch vil köstlicher bereichet,
daß keinem schatz der eure weichet.
Der tugend dienend lebet ihr
mit frölich fridlichem gewissen,
weil euers feinds herz für und für
wird von den Furien zerrissen.
O schwere that! o werter fleiß!
so geistlich, weis und kühn zu kämpfen
und mit gleichlosem sig und preis
lust und anmutungen zu dämpfen!
O schöne kunst! o reiche zier!
des lebens seltsame carrier
durch so viel beizungen zu wenden,
ohn fall, ohn fehl recht zu vollenden!
Dan wer ohn reichtum, geld und fug,
den kan man nicht schuldlos gestehen;
sondern nur den, der zwar reich gnug,
und doch nichts unrechts will begehen.
Vil theurer ist ein edler stein
artlich und rein in gold versetzet,
weil sein, sunst kaum kraftreicher, schein
oft mehr dan seine kraft ergetzet:
Und wan ein könig oder gast
in seinem statlichen pallast
hof haltet oder sunst einkehret,
vermeinet man ihn mehr geehret:
Also erscheinet der gewalt
des geists, der euern leib regieret,
wan man desselbigen gestalt
und mayestet zu herzen führet.
[183]
Ihr beed von zarter kindheit an
seid auf die bahn der tugend kommen,
die euch dan, auf des unglücks plan
zu streiten, alsbald angenommen:
Und ihr gestreng und edle zucht
hat euch für nahrung ihre frucht,
davon unsterblich man zu leben,
zu leben ihr selbs gleich, gegeben:
Da man dan eure frucht und blum
vollkommen sah in euerm glänzen,
und daß der geist der seinen ruhm
und nicht das alter kan ergänzen.
Der künsten heimlichen genuß
in finsternus und müh verstecket,
hat ihres geists sonn ohn verdruß
euch unverhinderlich entdecket:
Und euch hat euers fleißes spur
der heimlichkeiten der natur
die jemal würdiglich vermehret
gewehret bald, und ganz erkläret:
So daß wer torecht finden wolt,
was doch an element und jahren
nicht gründlich euch bekant sein solt,
der must ein neue welt erfahren.
Daher macht der weisheit gesatz
und künsten schatz, um müh ertauschet,
daß eure meinung und fürsatz
als ein fluß lieblich herfür rauschet:
Und die scharfsehend bleiche schlang,
die, deren fremdes gut macht bang,
und ob des nächsten freud geschwindet,
ab eurer tugend schier verbindet:
Und ihr allschmähend falscher mund,
der wider alle wolfahrt brummet,
euch sehend beed vollkommen rund
bald wider willen gar verstummet.
[184]
So groß ist euers lobs anzahl,
daß auf einmal es nicht zu zählen;
auch arm werd ich bald in der wahl,
weil ich nicht weiß, was zu erzählen:
Daher, weil ihr beed gänzlich gleich,
und wie Phöbus und Pallas, reich
an herrlichen leibs- und geistsgaben,
die darbende welt kont erlaben,
So wird die welt auch mein gesang
ganz wahr zu sein allzeit bezeugen,
und daß, wär es auch noch so lang,
es doch das mehrest must verschweigen.
Wan man auch noch für recht unrecht
und schlim für schlecht stets muß aussprechen,
so lasset mich numehr mit recht
mein wahres lied hiemit abbrechen:
Und solt schon auch des höchsten macht
des Teutschlands ungestüme nacht
durch seine gnad noch nicht verjagen,
und wir nicht singen, sondern klagen:
Hab ich von euch doch dise prob,
daß ihr beed vil mehr ein verlangen
und den gebrauch, ein wertes lob
mehr zu verdienen, dan empfangen.

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TextGrid Repository (2012). Weckherlin, Georg Rodolf. Gedichte. Gedichte. Von Pfalzgraven Carl-Ludwigen. Von Pfalzgraven Carl-Ludwigen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-93AF-4