3. In eines andern Namen, der seinen Abschied verschweigen muste

1.
Liebgen sol ich jetzt verschweigen
Oder offenhertzig seyn,
Sol ich mich und dich betriegen
Oder sag ich meine Pein,
Welche mich mit Uberdruß
Nach und nach verzehren muß.
2.
Nein ich wil den Mund bezwingen
Denn ich kan es nimmermehr
Uber dieses Hertze bringen,
Wann es noch so häfftig wär,
Daß ich dir mit meiner Pein
Wolte so beschwerlich seyn.
[97] 3.
Dann so fern ich muß verreisen,
Wirstu meiner Traurigkeit
Keinen grossen Dienst erweisen
Durch erregtes Hertzenleid:
Ach es ist genug daran,
Daß ich mich nicht trösten kan.
4.
Ich soll alle Lust vergessen
Welche meine Seele liebt,
Da die Jahrs-Zeit dir indessen
Neuen Fug zur Freude gibt,
Und dein süsses Mündgen lacht,
Weil mein Kopff Calender macht.
5.
Niemand wird es wol vermeinen,
Daß ich auff dem Sprunge steh;
Doch der Tag wird bald erscheinen,
Welcher mein betrübt Ade,
Das noch itzt im Hertzen girrt,
Offentlich bekennen wird.
6.
Drum so sprech ich in Gedancken:
Liebstes Seelgen lebe wohl!
Und wofern ich von dir wancken
Und dich gantz verlassen soll,
So bedanck ich allezeit
Mich vor deine Freundlichkeit.
7.
Und wo mein gehäuffter Schmertzen
Keine Reden übrig hat,
Ach so nimm in deinem Hertzen
An des letzten Grusses statt,
Dann ich dir nicht geben kan
Meinen letzten Seuftzer an.

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TextGrid Repository (2012). Weise, Christian. Gedichte. Der grünenden Jugend überflüssige Gedanken. Überflüssiger Gedancken sechstes Dutzent. 3. In eines andern Namen. 3. In eines andern Namen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-9949-D