Auf eines vornehmen Mannes Namens-Tag

Den 25. des Heumonats 1736.


In andern Namen.


Der Allmacht Meisterstück, der Menschen die kleine Welt,
Viel Gaben der Natur und Schönheit in sich hält,
Woraus die Lieb und Huld des Schöpfers zu erkennen,
Weswegen wir uns auch nicht wenig glücklich nennen.
Allein was hilft es uns, wenn wir auch noch so schön,
Und lieblich ausgeschmückt der Welt vor Augen stehn;
Woferne nicht der Herr zu unsern Leib und Leben,
Uns eine feine Seel und die Vernunft gegeben?
Was nützet uns der Leib, wenn uns Verstand und Licht;
Zu unsern Amt und Werk hier mangelt und gebricht?
Wie elend ist der Mensch, dem Geist und Kräfte fehlen,
An statt der Laster-Bruth die Tugend zu erwehlen.
Giebt aber uns der Herr bey unserm Erden-Trit
Auch eine feine Seel nach seiner Liebe mit;
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Sucht er in unsre Brust Verstand und schöne Gaben,
Licht, Weisheit und Vernunft zu legen und zu graben;
So sind wir schön geziert. Denn hat Witz und Vernunft,
Bey uns die Oberhand, so sehen wir die Zunft
Der Thörichten nicht an. Ist die Vernunft geläutert,
Ist der Verstand erleucht, geklärt und ausgeheitert,
So ist der Sinn auch schön, so ist der Wille gut.
Das Wesen so man treibt, die Werke so man thut,
Die richt man löblich ein. Sie führet uns zu Sachen,
Wodurch wir uns berühmt und glücklich können machen.
Es läßt uns die Vernunft was mehr als Irdsches sehn,
Sie lockt und reitzet uns der Tugend nachzugehn.
Ein niederträchtig Herz labt sich an eitlen Werken,
Und sucht sein Aug und Herz an solcher Lust zu stärken,
Die reine Seelen fliehn; da dort ein kluger Geist
Und aufgeklärter Sinn sich alle dem entreist,
Was nach der Thorheit schmeckt. Er schwingt sich von der Erden,
Und trachtet durch Vernunft und Tugend groß zu werden.
Er wirds auch in der That. Sein Name bleibt und steht,
Wenn schon der Leib zerbricht und er von hinnen geht.
Von diesem zeugen ja so viel berühmte Männer,
Dieß lehrst du ebenfalls/ Geehrt- und Hoher Gönner! Der Herr von Ewigkeit und Held von Israel,
Der zierte deinen Leib mit einer feinen Seel:
Die Jahre nahmen zu, so wie der Geist in dir,
Es hielt dir die Vernunft stets ihre Schönheit für:
Und durch derselben Trieb trugst du ein groß Verlangen,
Der Tugend nachzugehn, und nur durch sie zu prangen.
Es sah dein tiefer Witz der Tugend Würde an,
Und wie man sich durch sie gefällig machen kan.
Du wußtest, daß sie Neid, Zeit, Tod und Moder höhnet,
Und sich allein durch sich verewiget und krönet.
Des Baumes gute Art beweißt er durch die Frucht,
Und wer die Tugend trägt, der sinnet, denkt und sucht,
Wenn es von nöthen ist, sie auch nicht zu verschweigen,
Und will sie sonder Ruhm durch Wort und Werke zeigen.
Dieß hast du, Theurer Mann! durch dich sehr wohl probirt,
Die Tugend hat man stets an deinem Thun verspührt.
Dein Geist stieg über sich nach jenen Himmels-Zinnen,
Du gabst auch dein Gemüth, dein Herz und deine Sinnen,
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Der Tugend gänzlich hin, und richtest deinen Stand
Nach ihren Regeln ein. Du suchtest, wie bekannt,
Der grossen Geren-Stadt zu dienen und zu nützen,
Und hier der Themis Arm und Stuhl zu unterstützen.
Die Tugend liebest du in deinem Richter-Amt,
Der Rath, die Policey, die Bürger insgesamt
Bekräftigen mein Wort. Sie müssen frey gestehen,
Daß sie ein Tugend-Bild an ihrem Brückner sehen.
Drum ist dein Rathschluß gut, drum ist dein Urtheil recht,
Wer kennet dich noch mehr? Ihr Waysen! ja ihr sprecht,
Daß ihr ein Vater-Herz an eurem Brückner wisset,
Wovor ihr mit Begier der Allmacht danken müsset.
Ja, diese nicht allein erfahren dieses Glück,
Ich selbst, Geehrtes Haupt! o denke nur zurück!
Kan davon Zeuge sein. Wie hat nicht deine Güte,
Und Tugend meine Brust, mein Auge und Gemüthe,
Mit vieler Gunst erfreut! Ich habe sonder Scherz,
Und ohne Schmeicheley an dir ein Vater-Herz,
Beliebter Mann! gesehn. Ich denke an die Stunden,
Da ich so manches Glück durch deine Huld gefunden.
Drum jauchz ich, wenn mein Geist an deinen Namen denkt;
Auch jetzund, da der Herr dir ein Vergnügen schenkt,
Und dich dein Namens-Fest mit Freuden heist begehen,
So kan ich höchst erfreut vor deinen Augen stehen.
Die Schuldigkeit verlangt, daß sich bey Deinem Fest,
Mein freudiges Gemüth durch Wünsche sehen läßt.
Der grosse Seegens-Herr, der alle Menschen nehret,
Der dich bewacht, beschützt, dich seegnet, liebt und ehret,
Der breite seine Hand noch ferner auf dich aus.
Er schütze dein Gemahl und dein berühmtes Haus,
Und lasse diesen Tag noch vielmahls wieder kommen,
Mir aber werde nie Dein Vater-Herz genommen.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Zäunemann, Sidonia Hedwig. Gedichte. Poetische Rosen in Knospen. Lob- Ehren- und Glückwünschende Gedichte. Auf eines vornehmen Mannes Namens-Tag. Auf eines vornehmen Mannes Namens-Tag. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-AD50-7