2174.

Mel. Allein Gott in der höh etc.

1.

Es ist doch gar ein groß gesing von wund' und [2053] wunden-maalen, von sündern und von sünderinn'n, vom blut und vom bezahlen, von Thomä seinem sel'gen blik, von der Marie Madlene glük, die ihren Herren sahe.

2.

Ich schwiege wohl am liebsten gar, und fiel zu seinen füssen, so wie es der Maria war, wie wolt ich sie zerküßen; ja, ich führ lieber schon hinein in seinen offnen Seiten-schrein, und käme nicht mehr wieder.

3.

Doch laß ich mirs itzt noch vergehn, mein geist der hat und fühlet euch, allerliebste wunden schön! wo Thomas drinn gewühlet; in diesem liebes-höhlgen sitzts, da sitzt mein seelgen drinn und ritzts, und krigt genug zu kosten.

4.

Und kömmt es denn einmal so weit, daß wir einander sehen; was mach ich mir darnach vor freud? ich werde wol vergehen. Den jüngern und den schwesterlein konts doch ohnmöglich wohler seyn, als mirs itzt ist und seyn wird.

5.

Doch der Maria Magdalen, und ihres Herrn begrüssen, das war wol auch erstaunlich schön, ihr fall'n zu seinen füssen; und ihr gebeugter sünder-sinn, mit welchem sie so sank dahin, macht mir mein herz zerfliessen.

6.

Ich weine über dieser sach, und so dergleichen dingen; doch aber bleibt mirs seiten-fach das liebste ding zum singen, dann die durchgrab'nen hand und fuß, dann dank ich vor die gültge buß, für mich das arme würmlein.

7.

Wie ist dem würmlein doch so gut, bey dem gefühl der wunden beflossen seyn mit Lammes-blut, und das so alle stunden, von frühe an bis in die nacht, in einer Gottes-freud verbracht, das macht das leben wichtig.

8.

Nun dann, du blut'ger Kirchen-fürst! gestalte knecht und dirnen, bis daß du sichtbar kommen wirst, an herzen, sinn und stirnen, zu deiner ganzen herzens-freud, in dieser und in jener zeit, und bleib ihr gnädigs Lämmlein.