34. Auf des Herrn von Watteville Verlöbnis mit der Fräulein Johanna Sophia von Zetzschwitz 1

1724.


Du Quell der ewgen Ehe,
Und Du der Seelen Mann!
Du Geist der Tieff- und Höhe!
Schau her: wir beten an,
[102]
Wir rühmen Deine Liebe,
Wir freun uns Deiner Treu;
Denn ihrer beyder Triebe
Sind alle Morgen neu.
Wie werden doch die Deinen
So seliglich geführt?
Wie wird auf blödes Weinen
Bald muntre Lust verspürt!
Itzt setzen die Gerechten
Und Satan Stoß auf Stoß;
Dann rufst Du Deinen Knechten
Zur Ruh in Deinen Schooß.
Itzt sehn die blöden Augen
Der menschlichen Natur,
Die nimmer vor Dir taugen,
Sich weder Bahn noch Spur;
Bald zieht Dein seligs Winken
Die Dekke wieder weg:
Wir dachten zu versinken;
Nun zeigt sich Spur und Steg.
Du allzutreue Liebe!
Was sollen wir Dir thun?
Wer fördert unsre Triebe?
Sie können ja nicht ruhn,
Ach wären sie vermögend,
Dich also zu erhöhn,
Daß unsre ganze Gegend
Von Deinem Ruhm ertön'!
Sey gnädiglich zufrieden
Mit unserm ganzen Seyn.
Wir habens Dir beschieden
Zum Tempel, nim es ein:
Und stimme Deiner Ehre
In Christo Deinem Sohn
[103]
Durch alle Geistes-Chöre
Den allerreinsten Ton.
Die neu-verbundnen Beyde,
Die Du erst Dein gemacht,
Und nun zu Freud und Leide
Einander zugebracht,
Die sind zu uns getreten
In gleicher Harmonie,
Zu singen und zu beten;
Herab! und höre sie.
Zünd allen ihren Wandel
Mit Deiner Liebe an,
Bis man in ihrem Handel
Dein Gleichnis sehen kan:
Ihr Auge mache lichte,
Damit ihr ganzer Leib
Von Deinem Angesichte
Ein klarer Spiegel bleib.
Du bist bereits entschlossen,
Um ihnen Guts zu thun;
Das hat die Welt verdrossen,
Der Satan will nicht ruhn;
Der Streit ist angegangen,
Auch hat sich Jonathan
Schon an den Feind gehangen:
Wir hängen uns mit an.
Sie siegt bereits, die Liebe;
Drum sehet, was ihr thut.
Gebt jenen Streich und Hiebe;
Der Liebe, Gut und Blut.
Denn sonst bekommt ihr Wunden,
Und werdet ausgelacht;
Hat euch der Herr verbunden,
So zeigt nun eure Macht.
[104]
Gedeyht in Zions Mauren,
Die eine Friedens-Stadt:
Es müsse ewig dauren,
Was Gott gegründet hat;
Auch müssens sehn und hören,
Die Seine Hasser sind,
Daß bey der Liebe Chören
Euch alles lieb gewinnt.
Gott lasse unser Flehen
Bey Ihm erhöret seyn,
Daß wir euch wachsen sehen
In Christi Creutz-Gemein;
Und unter uns erbauen
Ein Haus dem Herrn bequem,
Bis daß wir alle schauen
Das Glük Jerusalem.

Fußnoten

1 Am 7ten September.

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TextGrid Repository (2012). Zinzendorf, Nikolaus Ludwig von. Gedichte. Teutsche Gedichte. 34. Auf des Herrn von Watteville Verlöbnis. 34. Auf des Herrn von Watteville Verlöbnis. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-B6F4-3