2214.

Mel. In dulci jubilo.


1.

Ein jahr ist wieder rum, quod magnum sabbathum Agni celebramus, & novum canticum, cum jubilo cantamus unserm Kirchen-Mann, durch den unser plan geht, in Gott gethan.

2.

Ein jahr, ein kirchen-jahr der auserwehlten schaar, die communi usu, da alles namen kriegt, doch nur humano lusu Mährisch heissen muß: propriissimus latet titulus.

3.

Ach Ecclesiola! ah soror Jehovah! soror adæquata des Lämmleins, bis Papa dich, hora destinata, zu der trauung führt, und mit Blut geschmiert zum Sohncopulirt.

4.

Ach, wie wird mir zu muth! ich sehe Dich im Blut leben, schwimmen, baden, te cerno similem dem Mann, der dich aus gnaden, durch die blut'ge schwemm sich macht angenehm, und für uns bequem.

5.

Diß kommt der sünderin, Gottlob! nicht aus dem sinn, toto corde flere, und vor gebrech und fehl. lateinisch: miserere, griech'sch: ἐλεὴσον, Gnad, im kirchen-thon singen, bleibt dir schon.

6.

Doch strahlt sein bild aus dir so angenehm herfür,vultus laceratus, rubentes oculi, cæsariei gratus vom haupt bis zum fuß, ein stük seiner buß sind deinhabitus.

7.

Es scheinet überall was vom original an dir vor, wers siehet, wie seiner wunden strahl gefühlig auf dich sprüet, daß ihns blenden möcht, der ruft aus mit recht. Ave, Gott's geschlecht!

8.

Ach, ave tausendmal, du volk der gnaden-wahl, du gebenedeyte! Gott Schöpfers Ehgemahl, das Er am creuze freyte. O ecclesia! pleuræ gratia ejus incola.

9.

So, Kirchlein! siehst du aus, so strahlts aus dir heraus, seit auf Gottes Blute dein grund, dein ganzes haus in allen theilen ruhte, seit dein proprium drinn und draussen rum Doxa vulnerum.

10.

Seit dir spes contra spem, mehr noch als ie vor dem, zur erfüllung kommen, und seit die blut'ge schwemm [2097] das vollends hingenommen, was dir zum ruin, wenns auch noch so grün und so blühend schien.

11.

Seit dem sieht deine zeit dich Mährisch angekleidt, und in Hussens rokke, den sie gar ehrlich hält, und an dem pilger-stokke sieht sie, daß du ziehst, ohne daß du fliehst und dich sauer mühst.

12.

Allein dein habitus, wie er intrinsecus eigentlich gestaltet, die forma nitida, die nimmermehr veraltet, und die dich erhält, wenn die Christen-welt übern büchern fällt.

13.

Was dich so ruhig macht, wenn alles um dich kracht, Satanas minatur, tumultuatur plebs & orbis adversatur, stille bleibst und froh, und lebst quasi so als in otio.

14.

Das thut kein brüder-rok, kein blut vom märtrer-blok, keine vis armata, virtutis prœmium, noch wen'ger conclamata lehr- systemata und principia theologica.

15.

Kein inn- und äussrer zwang, dein volk, Gott lob und dank! handelt sua sponte, der strich Amminadib erscheinet dir in fronte, & rhedarius ist dein spiritus voluntarius.

16.

Was alles bey dir thut ist nur das wörtlein Blut, Blut ex laceratis Agni visceribus, ach Blut! ex perforatis Jesu manibus, pleura, pedibus, das ist dein genuß.

17.

Das ist dein symbolum & privilegium, wer sich zu dir zehlet hat kein πολίτευμα so lang ihm dieses fehlet, und wer hunger hat nach der blut'gen gnad, ist gleich candidat.

18.

Portarum limina invisibilia, deine kirchen-wände,Deo opifice bereitet ohne hände, grund und bau und fach, bis zur spitz und dach, was man nennen mag.

19.

Hoc rubet sanguine ex- & intrinsece, da kan kein zwik-steingen mit in den bau hinein: sein kleinestes gebeingen sey denn auch berührt, und durchs Blut geführt, und getransmutirt.

20.

Nun Ecclesiola! so wardst, so stehst du da, führst den Mährschen namen, feyrst die encænia, denkst an den alten saamen, und der neuen ruhm & martirium honorificum.

21.

Du deducirst dein recht mit recht von dem geschlecht, welchem Gottes marter, [2098] ad ripam Maravæ, erwarb den Kirchen-Charter: tritt man unterdeß näher ans gefäß, und fragt: cujas es?

22.

So heists im höhern thon: des Lamms religion, & innominata fratrum ecclesia, fundata, consecrata Agni sanguine, mit der destiné zu der Lammes-Eh.

23.

Die eine ohne zahl, gegründet überall, und doch niemand kenntlich als nur der ἐκλογῆ, bis daß ihr Mann sie endlich, ausser dem gezelt drinn sie wache hält, darstellt vor der welt.

24.

Doch hier kan ich nicht nach; ich freu mich auf den tag, auf das ehe-bette, aufs novum canticum, wenn wir beym braut-geräthe singen: gloria! pleuræ gloria! eya, wärn wir da!

25.

Wohlan! ad interim, du Ihm, du weist wohl, Ihm hier verlobtes kirchlein! geh per divinam vim des Bluts aus Jesu fürchlein, unaufhörlich fort mit dempasseport von dem leidenswort.

26.

Die Ἀρχιτρεῖς εἰς ἓν, die dich für sich ersehn, heben ihre hände zum segnen über dich, ohn alles ziel und ende, ad encænia perfectissima ἐπυράνια.

27.

Auch heil'ge deine frau, und wem noch sonst dasTau von der stirne fünkel, dein kalter tods-schweiß-thau, der strahl dort aus dem winkel; Tu dum exspiras, flas etesias per ecclesias.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Zinzendorf, Nikolaus Ludwig von. Gedichte. Zugaben 1-4 zum Herrnhuter Gesangbuch 1743. 2. Zugabe. 2214. [Ein jahr ist wieder rum]. 2214. [Ein jahr ist wieder rum]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-B76F-7