[9] [2039]Num. 2157.

1.

Abba! weiß, seit wenn mein datum steht aufs Lämmleins Decanatum 1; seit uns das Mutter-herz gutes rieth in red Leyen-Striet 2; seit man das Simeons-wörtgen krigt': Er läßt euch nicht; eh eure wanderer wiederkommen, hat Er das Kirchlein schon hingenommen: und/durch die gnade, daß JESUS Christ allein sein Hauswirth ist, wirds umgetauffet seyn zum wunden-würmelein, verliebt in seine vier nägelein, ein Creuz-luft-vögelein, kränkelnd vor liebes-pein nach JESU Seiten-schrein.

2.

Hätt sich bey dir dictum factum 3 nicht durch so gar manchen actum legitimiret als einerley ding, woran manch siegel hing 4; so hätte doch bey dem guten wort, im tempel 5 dort, mich gar kein zweifel angewandelt: ich weiß wie mein Geliebter handelt, wenn er was guts verspricht mit beding, oder nur schlechterding. Das war ein rundes Ja: Sey Philadelphia! das zwischen dem lauen Laodicee und Sarden durchhin geh; Er 6 geh in seinem haus in friede ein und aus.

3.

Ach! fuhr'n wir fort zu gedenken, an den Nagel 7 woll'n wir henken (denn er stekt veste in seiner wand) den ganzen Kirchen-stand: und [2039] was denn irgend anhängig ist, das hang am Christ. Wir woll'n ins blut-element fahren, das blut soll unsre thur bewahren. Der eine zimmer-axt weiland trug, und hauser zusammenschlug, regier mit seinem stab die ganze Kirchen-haab! Der für sich keine schlafstelle hatt, mach andrer lager-statt! Ihm ist die welt zu klein, aber kein herzelein.

4.

Uns war schon, seitdem wir wallen dieser grund-plan nie entfallen; nur daß man ihn so von zeit zu zeit immer wieder erneut. Kein mensch wäre Herr der Gemein, solts auch nicht seyn; sondern dem Vater des Kirchen-Alten bleib die Theocratie vorbehalten: doch bey der Pflege beschied man sich, wie daß sie manche sprüch den menschen zugesagt, Kön'ge zu Pflegern betagt, und ihre Fürstin'n zu Amm'n 8 bestellt der Kirche in der welt. Das war nun gut bisher; wie, wenn Er das auch wär'?

5.

Nach verschiednen hundert tagen liessen wir vom Heiden-jagen; als wir in Bethlehem ausgeruht, ruften wir wieder: Blut! die creuz und queer durch der Penne busch, zertheilt wie Kusch 9. Dann kamen wir aus der grossen wüste, längst der Nord-Indian'schen küste, den Jerseys, Staaten- und Lang-Eyland, Ney-York und Neusound Land, über den Ocean wieder zu hause an. Und als wir unsern plan wieder mit augen sahn, sahn wir am Leib und Haupt, mehr als wir vor geglaubt.

6.

Ja wir sahn die Kirch mit weinen in ihren rainen und steinen, kanten die grenze beynah nicht mehr; wo kommen wir daher? klingts nicht beynahe in einem thon, von Religion? doch nein! es war Kirchlein-gethöne eines häufleins in sünder-schöne: manch tief gebogenes sünder-herz fand' man voll liebes-schmerz, unanständig dabey, kindisch in mancherley, aber so seliglich übermannt von der segnenden hand, daß man sie kaum gekant, so war'n sie umgewandt.

7.

Wenn wir vertraut mit ihnen redten, ob sie menschen vertrauet hätten? da weinten sie ihre bittern zähr'n, wolten das nicht hör'n: solt ich die skybglg 10 wiederkäu'n? sagte [2040] das häufflein; nein, du selige Creuz-Caravane! wir sind noch immer auf deinem plane, wir hangen an deinem Herrelein sind seine närrelein. So wars im grunde drinn: drum trat der Ältste hin, und nach erschütterter grundvest, bereitet er sein nest zu der gedult am reich, und dem glauben zugleich.

8.

Wenn ich dem achtzehnjähr'gen kindlein (denn wie kurz ist das Kirchen-stündlein) beym hundertfach angeschirrten bund manchmal zur trüben stund auf einmal unter die augen blikk', tritt mein geist zurük; ach die Gemeine! die kleine arme! daß sich das Lämmelein ihr erbarme! Da Capo 11: Kyrie eleïson! über den weichen thon: mit ihm selbst gehts wol an, sein Schöpfer ist ein Mann; aber was das für ein umstand ist, denk dran, Herr Jesu Christ! blieben gern in der sach' ohne menschen-gemach'.

9.

Was soll man am ende machen? Kirche, und seelen, und amt sind sachen, die Er, und nicht wir selbst gemacht, und bis daher gebracht. Wir können nichts vor die tausende von Blute sausende; hats wir iemand, daß es die heere der propheten-knaben ernehre? wer von den zeugen auf unserm thor beym neunfachen Chor? wer kan was vor die schaarn, die er nun hilft bewahrn? Der die Kirch aus seinem herzen schuff, gibt auch leuten beruff, dem, daheim zu regiern, jenem, das Heer zu führ'n.

10.

Nun, so gesegne dich auch dein Schöpfer! nun so formir' dich dein und mein Töpfer zu seiner eignen religion, du bist ja sein thon: formen ist kein werk für das gefäß, wers macht, der formt es. Wir geben, nach art guter geister, herz, seel und glieder hin ihrem Meister, daß er sich seines geschöpfs kan freu'n. Wie aber das muß seyn, weiß Er, was wißen wir? Tausend geliebte ihr! Vater! und Mutter! und lieber Mann! habt ehr von Euren plan. Soll ihm wohl seyn, sprengt Blut! soll was geschehn, so thut!

Fußnoten

1 Ältsten-amt, Decanat und Seniorat werden an verschiedenen orten für einerley gebraucht.

2 Einer bekanten strasse in Westmünster, den 16. Sept. 1741.

3 Blitz und schlag ein ding.

4 Joh. 3, 33.

5 W.m.. r.

6 Ἀυτὸς, Cantic. 1, 1.

7 Jes. 22, 23, 24.

8 Jes 49, 23.

9 Jes. 18.

10 Phil. 3, 8 das Auskehricht.

11 Wiederholts.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Zinzendorf, Nikolaus Ludwig von. Gedichte. Zugaben 1-4 zum Herrnhuter Gesangbuch 1743. 1. Zugabe. 2157. [Abba! weiß, seit wenn mein datum steht]. 2157. [Abba! weiß, seit wenn mein datum steht]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-B7A6-9