66.

1728.


An die theure Brüderschaft, die Ihm Gott in Jena samlet,
Von mir, der ich lieben kan, ob die Zunge gleich noch stammlet:
Gnad und Friede von dem Vater, und von Jesu unserm Herrn,
Allen, die da nahe worden, angelokt von nah und fern.
Theure Brüder! gönnet mir, daß ich in gebundner Rede
Euer aller Angesicht zu gesegnen mich entblöde:
Also gehets in der Schnelle etwa noch zum besten an,
Daß ich meines Herzens Meynung eurer Lieb entdekken kan.
Jesus, unser ewiger und lebendiger Monarche,
Der uns durch Sein eigen Blut in die sichre Kirchen-Arche,
Zur Befreyung vor dem Sturme der gemeinen Sündfluth, bracht,
Und dis angefochtne Schiflein noch unsichtbarlich bewacht;
Jesus sey gebenedeyt, der im Namen Gottes kommen,
Und den Namen offenbart allen, die Ihn angenommen;
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Der noch itzo in den Höhen unaufhörlich selig spricht
Alle, die den neuen Namen in der Zeugung weggekrigt.
Seine Liebe lasse sich auf das theure Jena nieder,
Und bereite Ihm daselbst eine Hütte vieler Brüder.
Jesus habe Lust zu wohnen ums Gebirge dort herum,
Oeffne Thüren, theile Zungen, daß der Widrige verstumm,
Glaubets, wenn des Teufels Macht unter euch zertheilet würde,
Und die Leute glaubeten, daß die Sünden eine Bürde,
Daß die Welt nicht redlich handelt, sondern uns die Ruh nicht gönnt;
Würde Jesus Herzen krigen, die Er selig machen könt.
Unser schlechtes Herrenhut, welches Gott gewiß erbauet,
Weil man ihme selber nichts, und Gott alles zugetrauet,
Wimmelt in der That von Zeugen unsrer Ohnmacht, Seiner Kraft,
Und ein Theil von dieser Wolke hat diß Zeugnis angeschafft.
Nehmts in wahrer Liebe hin, o ihr Weisen und Gelehrte,
Die das wunderbare Licht dieser Zeit daher bekehrte,
Die ihr eitel Wunder werdet, wenn ihr in der Gnade bleibt,
Und euch dem Kraft-vollen Weinstok in der Einfalt einverleibt.
Jena ist vor jedermann allbereit zum Wunder worden,
Herrnhut steht geraume Zeit unter den geringen Horden,
Die da klein sind und doch lieblich, da der Herr zu seyn erwehlt;
Was ists Wunder, daß diß Hüttlein sich zu jenem Hause zehlt?
Lieben Seelen! bleibt bey Ihm, achtet es für eine Schande,
Dem, den Seine Seelen-Gier an verfluchte Hölzer bande,
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Um der Schmach und Schande willen, die auf Herrlichkeiten geht,
In der Welt seyn untreu worden, (Ihm zur Hand der Kraft erhöht!)
Ich Geringster, bete an, zu des Höchsten Gnaden-Throne:
Daß Sein Liebs-Panier und Hut über Jen' und Herrnhut wohne.
Jesu, meiner Seelen Hoffnung, und der ewgen Herrlichkeit,
Mache mich zu Deinem Läuffer in der letzten Gnaden-Zeit!
Gib mir Botschaft an die Welt, und die Du heraus erwehlet,
Gib mir Mund und Stimme mit, die Dein grosses Heil erzehlet,
Dieser Welt, daß Du gestorben, daß auch sie zu Gnaden käm,
Deinen Jüngern, daß Dein Lieben sie so gern zusammen nähm.
Liebet, theure Prediger dieser ewiglichen Gnaden,
Lobet euern Bräutigam, alles zu Ihm einzuladen;
Und diß selige Geschäfte setzt nicht eher völlig aus,
Bis ihr nach dem Kampf erreichet das von Gott erbaute Haus.
Lernt von unsrer Brüderschaft, daß Gott nichts unmöglich falle,
Daß das Evangelium auch von Bauern aus erschalle.
Und weil meine grosse Schwachheit nichts mehr von mir lernen läßt,
Lernet, daß ihr nichts verlieret, wenn ihr euch um Ihn vergeßt.
[185]

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TextGrid Repository (2012). Zinzendorf, Nikolaus Ludwig von. Gedichte. Teutsche Gedichte. 66. An die theure Brüderschaft. 66. An die theure Brüderschaft. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-B816-7