[84] 29. An seine Gemahlin, als sie drey und zwanzig Jahr alt worden

1723.


Gehülfin, die das Lamm mir selber angetraut,
Die Seine Liebes-Hand in meine Hand beschlossen,
Und uns bis diesen Tag mit Gnaden-Thau begossen:
Komm, bete mit mir an! komm, meines Königs Braut!
Die Eh ist allerdings ein sehr geheimer Stand,
Ein Stand, den unser Herr im Garten schon gesegnet,
Dem Jesu Gegenwart, o hohe Gunst! begegnet,
Ein in der Ewigkeit geknüpftes Liebes-Band.
Zwar wenn man zu der Eh durch Welt-Lust angekirrt,
Dieselbige vollzieht, nach Art der Hochgebornen,
Ach! aber auch dabey von Gott nicht Auserkornen,
(1. Cor. 1.) Was Wunder, daß die Reu gleich mit geehlicht wird?
Wie, spricht man, wilst du dann, daß sie beschaffen sey?
Du lehrest uns vielleicht die Ehe der Phantasten,
Die sich vor Aengstlichkeit und Harm zu Tode fasten?
Nein! Freund, die Eh im Herrn ist von dem allen frey.
Ein Knecht der Liebe ist im übrigen gefreyt,
Ein Fürst der Herrlichkeit, des Vaters edle Pflanze;
Und eine Magd des Herrn prangt in dem Glaubens-Kranze;
Zu solchem Paare reimt sich wol kein Sclaven-Kleid.
Wie sieht dann aber nun die rechte Ehe aus?
So sieht sie aus: Die Braut, Immanuel verschrieben,
Ist einem guten Freund im Angedenken blieben,
Der liebt, der hütet sie, bis hin ans Hochzeit-Haus.
Und wie nicht Weib noch Mann in Jesu Christo ist,
So sind sie beyderseits so Kämmerer, als Freunde
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Vom rechten Bräutigam, dem Schrekken unsrer Feinde,
Da eins das andre dann zu schmükken nicht vergißt.
Die Zeit des Lebens ist die Zubereitungs-Zeit,
Die Monden, die der Fürst, seitdem Er sie erkennet,
Und sie als Jungfer selbst zum Ehe-Bett ernennet,
Zur Salbung und Geschmuk der schönen Seelen leiht.
Da muß die Frau den Mann, der Mann muß seine Frau,
Die ihm der Bräutigam zur Pflege übergeben,
Mit Ernst bemühet seyn zur Hochzeit aufzuheben;
Der Zwek ist, daß man sich nur zier und auferbau.
Ein Flek, ein kleiner Staub, was sonst kein Auge kennt,
Was sonderlich die Lieb am allerschwersten siehet,
Das alles ist man hie genau zu sehn bemühet;
Weil Stund und Augenblik zum Hochzeit-Tage rennt.
Wenn man sich allemal nicht recht zu helfen weiß,
So geht man eilends hin dem Bräutigam zu beichten,
Der läßt von Seinem Thron ins Herz den Scepter leuchten,
Und winkt der Seele dann zurük ins rechte Gleis.
Mein anvertrautes Pfand! ich könte, was ich hier
Mit Redlichkeit gesagt, durchs Wort des Herrn beweisen:
Doch der gewohnet ist, sich selbst an dir zu preisen,
Der hats für mich gethan, daran genüget dir.
Wir gingen heute hin zum theuren Bräutigam,
Wir banden unsre Last auf Seinen breiten Rükken,
Und liessen uns dafür von Ihm aufs beste schmükken,
Der unser beyder Amt für dismal auf sich nahm.
Nun gehts von neuem an, die Monden, die der Herr
Zu unsrer Schmükkungs-Pracht uns gnädig zugeleget,
Bis Er Sein Bräut'gams-Bild uns recht ins Herz gepräget,
Die eilen, und der Tag der Hochzeit näher her.
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Die Monden laßt uns doch von heute, liebes Kind!
Sie währen noch so lang, für einzle Tage halten;
Damit wir in dem Ernst nicht säumen noch erkalten,
Und uns das Braut-Geschrey mit heller Lampe find'.
Gelobet sey der Herr, der von dem Tage an,
Da vor drey Jahren Er dich kräftig aufgewekket,
Mit Seiner Heiligkeit dich seliglich erschrekket,
Und so ins Licht gestellt, viel Heil an dir gethan.
Diß Heute soll dir wol ein theures Heute seyn,
Der Tag, Mariä Heil, fand dich zu Jesu Füssen,
Vor Liebes-Zärtlichkeit, und selger Reu zerfliessen:
Drum bindt er dich auch an mit der Mariä Theil.
Und solte Er dir nicht nunmehr ein ganzes Herz,
(Wie du das deine Ihm) zum Angebinde schenken?
Er hat es zugesagt, Er wird daran gedenken,
Gedenke du doch auch so fleißig Himmelwerts.
An meiner Pflicht dabey will ich nicht säumig seyn;
Der Heiland wolle nur den mir gegebnen Willen,
Zu Seiner Herrlichkeit, an meiner Statt erfüllen,
Wir treten in den Bund vor Seinen Augen ein.
Was nun das Herz gedacht, als unser beyder Mund
Einander wahre Treu und Liebe zugesaget,
Und wir bereits auf Ihn, in Einfalt los gewaget.
Und was im Ringe steht, 1 das bleibe unser Grund.
Dann wird sich unser Geist, den Er erlöset hat,
Zur Treue gegen Ihn mit Redlichkeit bequemen;
So dürfen wir uns einst vor Seinem Thron nicht schämen.
O! liebten wir Ihn nur im allerhöchsten Grad!
Du Freund der Seelen! Du, für uns erwürgtes Lamm!
Komm! schreib uns in die Zahl, (nicht derer Königinnen,
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Nein! Einer, die Du liebst, daß wir Dich ganz gewinnen,
Und endlich hole uns zur Braut, o Bräutigam!

Fußnoten

1 Da stehet: Lasset uns Ihn lieben, Er hat uns erst geliebet.

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TextGrid Repository (2012). Zinzendorf, Nikolaus Ludwig von. Gedichte. Teutsche Gedichte. 29. An seine Gemahlin, als sie drey und zwanzig Jahr alt worden. 29. An seine Gemahlin, als sie drey und zwanzig Jahr alt worden. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-BAC8-3