619. Kloster Ochsenhausen.
Mündlich.
Auf dem Hügel, auf welchem das Kloster Ochsenhausen steht, stand im zehnten Jahrhundert ein Frauenkloster, das den Namen Hohenhausen geführt haben und von einer ziemlich zahlreichen Klostergemeinde bewohnt gewesen sein soll. [390] Vor den Hunnen sollen die Klosterfrauen geflohen, nach Salzburg gegangen und dort abgestorben sein. Ehe sie gingen, thaten sie Chor- und Meßbücher und Reliquien in eine Kiste, begruben selbige auf offenem Felde, weil sie innerhalb der Klostermauern nicht sicher gewesen wäre. Die Frauen kehrten nimmer wieder, und Ritter Hatto von Wolfartsschwendi zog die verlassenen Klostergüter an sich und ließ sie durch einen Pächter bebauen. Als dieser ungefähr um das Jahr 1099 den Acker pflügte, dem die Klosterfrauen die erwähnten Schätze anvertraut hatten, wurde er bei dem Auftreten des Zugochsen eines dumpfen Getönes gewahr, das ihn auf eine daselbst begrabene Kiste schließen ließ. Er spürte der Sache näher nach und fand seine Vermuthung gegründet. In der geöffneten Kiste fand sich zu seinem Erstaunen der vielbesprochene Inhalt. Sowol der Grundherr, Ritter Hatto, als dessen drei Söhne, deren einer, Hawinus, zu Hochberg, – der andere, Konrad, zu Burghalden, – der dritte, Adelbert, zu Thanheim wohnte, und der ganze benachbarte, sehr zahlreiche Adel, sowie das Landvolk sahen den Fund als einen Wink von Oben an. An der Stelle, wo der Fußtritt des Ochsen das angestaunte Heiligthum verriet, mußte zum ewigen Angedenken eine Kirche nebst einem Kloster gebaut werden. Benediktiner von St. Blasien im Schwarzwald zogen bald ein. Bei dem Haupteingang war ein Ochs mit aufgehobenem Fuße in Stein gehauen zu sehen, als Wahrzeichen (S. 11). Auch in der Orgel war ein Ochse, den der Organist von Zeit zu Zeit hervortreten ließ, und der zur Erheiterung Kukuk, Kukuk rief 1.
Fußnoten
1 Vgl. Geschichte des vormaligen Reichsstifts Ochsenhausen. Ottobeuren 1829 S. 6 u. 7. Vgl. die Chroniknachricht aus Biberach (17. Jahrh.) in den Anmerkungen hinten.