605) Der Hübichenstein. 1
Bei Grund am Winterberg steht der Hübichenstein, eine Gypsklippe, deren eine Spitze, der große Hübichenstein, ehedem noch viel höher war, aber vor mehreren Jahren schon zum Theil herabgestürzt ist; dieser Hübichenstein soll, wie Einige sagen, schon zur Zeit der Sündfluth hierher gekommen sein, Andere aber sagen, es sei ein großer Knorpel, den ein Riese im Schuh gehabt, und da er ihn drückte, hier herausgeworfen hat. Rings um den Felsen befinden sich zahlreiche Erdfälle und dicht unter dem großen Hübichenstein liegt eine tiefe Höhle, in die geht's fast senkrecht hinunter; sie ist so tief, daß noch Keiner gewagt hat ganz hinabzusteigen. In diesem Stein nun haben vor alter Zeit die Zwerge gewohnt und in der großen Höhle unter demselben hat der Hübich oder Gübich, der König dieser Zwerge, seine Wohnung gehabt. Der hat sich vor langen Jahren noch oft da sehen lassen, als aber die Jagd dort stärker betrieben worden, da hat er sich immer mehr zurückgezogen, und als gar einmal einer nach ihm geschossen, ist er ganz fortgezogen, Niemand aber weiß, wo er geblieben ist. In der Höhle soll noch zum Andenken das Bild eines Zwerges in Stein gehauen zu sehen sein, aber nicht Jeder kann es finden.
Der Gübich 2 ist aber rauh von Haar wie ein Bär und hat ein sehr altes Gesicht. So hat er sich vor alten Zeiten den Leuten gezeigt. Wem er gut gewesen ist, dem hat er vielen Reichthum bescheert, aber wer ihn beleidigt oder sonst seinen Zorn erregt hat, dem hat er manches Ungemach zugefügt. Er hat auch alle heilsamen Kräuter auf dem Harze gekannt und Manchem dadurch zur Gesundheit verholfen, aber hat niemals zugeben wollen, daß Jemand auf den Hübichenstein gestiegen ist. Er ist eigentlich von kleiner Statur, kann sich aber sehr ausrecken. Früher hat er alle hundert Jahre einmal auf die Oberwelt kommen dürfen; jetzt darf er nicht mehr.