728) Meinwercus, der Bischof von Paderborn. 1

Der Bischof Meinwercus zu Paderborn ward auf eine sonderbare Art vom Kaiser Heinrich II. erwählt. Der Kaiser ließ ihn rufen, gab ihm seine Handschuhe und sagte: Accipe (nimm), der Kapellan Meinwercus sagte: quid? (was?) da antwortete der Kaiser: episcopatum Paderbornensem (das Bisthum Paderborn). Wie nachmals der Kaiser und die Kaiserin am Weinachtsfest zu Paderborn waren, legte der Kaiser ein ansehnliches Geschenk auf den Altar, aber der Bischof gab es zurück und sagte: »Gnädigster Kaiser, das Gut Ervete will ich haben!« Wie nun der Kaiser den Schenkungsbrief auf den Altar legte, da sagte der Bischof: »Gott verlohne es reichlich!« Der Kaiser aber sagte murmelnd: »Gott verzeihe Dir's, daß Du mich um Alles bringst!« Im Jahre 1022 spielte aber der Kaiser demselben Bischof einen schlimmen Possen. Er ließ unterschiedliche Zettel mit dieser Ueberschrift machen: »Meinwerce, bestelle Dein Haus, denn in fünf Tagen mußt Du sterben!« Der Bischof bereitete sich zu einem seligen Ende, nahm Abschied, fing an zu fasten, damit er sich geschickt zum Tode befinden möchte, legte sich den letzten Tag in ein Gewölbe nieder bis um Mitternacht, wartete mit Schmerzen, ob der Tod kommen würde, darnach stand er aber von seinem Sterbebette auf und that eine gute Mahlzeit. Er hatte indeß gleich Argwohn auf den Kaiser. Sobald der Morgen des sechsten Tages angebrochen war, so kam Kaiser Heinrich II. mit dem ganzen Hofstaat zum Bischof und gratulirte ihm, daß er sobald wieder vom Tode auferstanden wäre. Der Bischof verstellte nun [689] seinen Verdruß bis die Messe angegangen war, da that er den Kaiser und dessen ganzen Hofstaat in den Bann und absolvirte sie nicht eher, bis der Kaiser und die Kaiserin ordentlicher Weise an der Kirchthür Buße gethan hatten.

Fußnoten

1 S. Berckenmeyer Th. I. S. 618.

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TextGrid Repository (2012). Grässe, Johann Georg Theodor. Sagen. Sagenbuch des Preußischen Staats. Erster Band. Westphalen. 728. Meinwercus, der Bischof von Paderborn. 728. Meinwercus, der Bischof von Paderborn. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-3D21-7