104) Das goldene Kegelspiel.
S. Greß S. 124 fg. Bechstein Bd. II. S. 238.
Vor langen Jahren hauste einmal auf dem Schauenforste ein gottloser böser Ritter, der die Bauern arg bedrückte und quälte und Reisende und Wanderer überfiel und beraubte und weit und breit im Umkreise gefürchtet wurde.
Nun war einmal ein sehr harter Winter gewesen und die Menge Schnee, die plötzlich schmolz, hatte Flüsse und Bäche ringsum austreten lassen und durch eine schreckliche Ueberschwemmung die ganze Erndte der armen Bauern vernichtet. Dennoch verlangte der grausame Burgherr nach wie vor zur bestimmten Stunde die drückenden Abgaben bei Heller und Pfennig, und obgleich er die große Noth und das Elend seiner armen Unterthanen wohl sah, ließ er sich doch von keiner Bitte rühren, sondern nahm dem, der ihm nicht zur rechten Zeit Alles bezahlen konnte, Haus und Hof und die letzte Kuh und das letzte Stück Hausgeräthe weg und ließ Alles hinauf in die Burg schaffen. Von dem Blutgelde aber ließ er sich ein goldnes Kegelspiel mit silbernen Kugeln machen, um sich damit nach seinen Schmaußereien und Trinkgelagen zu belustigen. Da that einmal ein alter Mann, dem der Hartherzige alle seine Habe genommen hatte, den schweren Fluch, daß der grausame Ritter zur Strafe für seinen Uebermuth bis zum jüngsten Tage mit den goldnen Kegeln spielen solle, und unser Herrgott erfüllte des Alten Fluch und läßt nun den grausamen Burgherrn bis ans Ende der Welt im Innern des Schauenforstes mit den Kegeln spielen. Davon kommt das wunderliche Kollern und Rollen, was man bei schwülen, stillen Nächten in den Eingeweiden des Berges hört.