601) Die Zwerge am Bielstein. 1
Unmittelbar am nordöstlichen Ende der Bergstadt Lautenthal liegt der Bielstein. Unterhalb am nordwestlichen Ende der Stadt fließt die Innerste in nordöstlicher Richtung dem Bielstein entgegen, vor seinem Fuße biegt sie links ab und läuft an ihm entlang. Ueber dieser Krümmung des Flusses am Berge und zwar nur einige Schritte über dem Wasser befindet sich eine Höhle, die von den Lautenthalern das Zwergloch genannt wird. Die Ebene aber, welche am Fuße des Bielsteins am rechten Innerste-Ufer und südwärts von der Höhle liegt, wird Spar-die-Müh genannt.
[548] Im Zwergloch wohnten in frühern Zeiten drei Zwerge, die verliehen Geld an die Bewohner der Bergstadt Lautenthal, auch silberne und goldene Geräthschaften bei Hochzeiten und Kindtaufen. Einst brachten die Leute den Zwergen das geliehene Geld nicht wieder zurück. Da sie nun wieder zu dem Zwergloche kamen und Geld leihen wollten, vernahmen sie eine Stimme, welche ihnen zurief: »Spar die Müh!« Von der Zeit an thaten die Zwerge den Lautenthalern nichts mehr zu Gefallen und seitdem heißt auch die Stelle: Spar-die-Müh. Nach einer andern Erzählung hatte ein Zwerg auf dem Bielstein einmal einen Stollen anlegen wollen. Wenn er nun des Morgens wieder hinkam, so war das, was er am vorigen Tage gemacht hatte, immer wieder eingeschurrt, darum sagten die Leute zu ihm: »Spar die Müh!« Er gab es immer noch nicht auf, dort einen Stollen anzulegen und fluchte und wetterte, so oft sein Stollen wieder eingeschurrt ward. Zuletzt rutschte er einmal vom Bielstein herunter auf seinem Hinterleder, und als er nuten angelangt war, sprach er zu den Leuten, die dort waren: »Das hätt' ich doch nicht gedacht, daß der Berg wäre an mir heruntergerutscht.«
Fußnoten
1 S. Pröhle S. 47.