694) Das eiserne Halsband zu Münster. 1

Um das J. 1547 war Lambert von Oer zu Kackesbeck, gewesener Commandant zu Münster, wegen mehrerer Schimpfworte mit Gerhard von Heren in Feindschaft gerathen. Als nun einstens der von Oer an einem Sonntag nach Lüdinghausen zur Kirche fahren wollte, lag der von Heren in einem Hinterhalte auf der Landstraße, fiel ihn an und warf ihm ein eisernes [674] Band um den Hals, welches in Nürnberg auf das Künstlichste so gemacht war, daß man auswendig weder ein Schloß noch eine Fuge daran bemerken konnte. Der von Oer achtete Anfangs wenig darauf, und als er nach Hause kam, sagte er scherzend zu seiner Frau: »Siehe, hier kommt der alte Reckel mit dem Halsbande!« Da er nun aber kein Schloß daran fand und es auf keine Art öffnen konnte, kam ihm die Sache ernstlicher vor, und als er nun sogar bemerkte, daß das Halsband inwendig voll von kleinen Stacheln war, welche sich bei der geringsten Bewegung in das Fleisch eindrückten, so war er in der größten Verlegenheit und wußte Tag und Nacht vor Angst und Schmerzen nicht, wohin er sich wenden sollte. Zuletzt ging er nach Münster, um sich bei einem Schmied Hilfe zu verschaffen; allein keiner von allen wollte es wagen, das Halsband gewaltsam zu sprengen, bis endlich der Schmiedemeister Thiel Schwoll auf der Höxter Straße sich entschloß, das Werk zu unternehmen. Muthig legte der von Oer seinen Hals auf den Ambos, der Meister Schwoll nahm einen gewaltigen schweren Hammer und schlug mit allen Kräften dreimal auf das Halsband mit den Worten: »Im Namen des Vaters, des Sohnes und des h. Geistes!« Bei dem letzten Schlage sprang es auf und der von Oer war gerettet. Das künstliche Halsband wird aber noch bis auf den heutigen Tag im Rathhause zu Münster aufbewahrt und den Fremden als Merkwürdigkeit gezeigt.

Fußnoten

1 S. Münsterische Geschichten S. 101.

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TextGrid Repository (2012). Grässe, Johann Georg Theodor. Sagen. Sagenbuch des Preußischen Staats. Erster Band. Westphalen. 694. Das eiserne Halsband zu Münster. 694. Das eiserne Halsband zu Münster. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-4B4C-9