[719] 763) Die Wundertropfen zu Lünen. 1

Ein gewisser Ritter, mit Namen Lübbert von Schwansbell, aus dem Orden des heil. Gregorius in Lievland, wurde im Kriege gegen die Russen gefangen und sehr übel gehalten. Weil er aber in seinem Gefängnisse von keinem Menschen Trost hatte, wendete er sich zur heil. Jungfrau Maria, der Mutter der Barmherzigkeit. Als ihm nun zu einer Zeit ein Stück Fleisch, darin eine Rippe, gebracht worden war, nahm er dieselbe und kratzte damit auf einen Klotz, der im Gefängnisse war, das Bild der Maria mit ihrem Kinde auf dem Arme so gut er konnte, und betete täglich vor demselben um Erlösung aus der Gefangenschaft. Einst als er auch vor diesem Bilde seine Andacht verrichtete und der Kerkermeister unverhofft dazukam, suchte er zwar das Bild mit seinem Mantel zu verbergen, weil aber der Kerkermeister meinte, er wolle etwas verstecken, womit er sich aus dem Gefängniß erlösen könne, riß er ihm den Mantel weg, wurde des Bildes gewahr und fragte ihn nach der Bedeutung. Wie ihm nun Lübbert solche gab, von der Kraft der Maria Vorstellung that und ihn zu bekehren suchte, sprach der Kerkermeister: »Ich will erfahren, ob Du die Wahrheit redest!« Darauf zog er einen Dolch heraus und stieß dreimal in das Bild und wunderbarer Weise flossen bei jedem Stoß drei Tropfen Bluts aus dem Holze, neun im Ganzen, so daß der Mensch bestürzt davonging. Lübbert aber nahm seinen Mantel und fing das Blut damit auf. Nachmals wurde er aus seinem Gefängnisse befreit und wie er nun wieder glücklich nach Westphalen kam, hat er von diesen Wundertropfen drei nach Alterlünen, drei nach Derne und drei nach Waltrop an die Pfarrkirche geschenkt, wo sie auch viele Wunder verrichtet haben.

Fußnoten

1 S. Von Steinen St. VIII. S. 229.

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TextGrid Repository (2012). Grässe, Johann Georg Theodor. Sagen. Sagenbuch des Preußischen Staats. Erster Band. Westphalen. 763. Die Wundertropfen zu Lünen. 763. Die Wundertropfen zu Lünen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-4BCF-5