673) Die drei Brüder von Zellerfeld. 1
Auf dem Zellerfeld waren drei Brüder, die waren Jäger und gingen mit einander nach der Schalk auf die Jagd. Da bekam der Jüngste drei Rebhühner zu sehen und schoß nach dem einen. Er glaubte es getroffen zu haben, es lief aber fort und er verfolgte es bis nach der Höhe des Berges an die Stelle, welche »beim Neubrunn« heißt. Allda ist das Huhn verschwunden. Der Jäger nimmt die Stelle in nähern Augenschein und findet eine Oeffnung, die bezeichnet er sich, geht zurück und pfeift seinen Brüdern. Alle drei gehen nun zu der Oeffnung hinein und kommen unter der Erde in ein geräumiges Zimmer, worin Tische und Stühle sind, der Tisch aber ist gedeckt und voll allerhand guter Speisen. Die drei Brüder setzen sich da nieder, essen und trinken und lassen es sich wohl schmecken. Nach dem Essen kommen drei herrliche wohlgekleidete Damen, welche sie anreden um Standhaftigkeit und kund thun, daß sie hier verwünscht wären; wenn sie drei Jahre hier verharrten, ohne das Tageslicht zu schauen, so wären sie befreit. Versprachen ihnen auch, während der Zeit für gutes Essen und Trinken zu sorgen. Auch luden sie die drei Jäger ein, um ihnen ihre Schätze zu zeigen. Da führten die Damen die Jäger in's Nebenzimmer, zeigten ihnen drei Fässer mit Geld und thaten ihnen kund, daß sie von nun an wohl schwarz werden und sich nur alle Jahre einmal würden sehen lassen. Sobald das erste Jahr verflossen ist, kamen die drei wieder, da waren sie schon etwas weißlicher geworden. Sie ermahnten die drei Jäger aber noch einmal, nur standhaft zu bleiben. Das zweite Jahr kamen sie auch wieder, da waren sie schon wieder etwas weißlicher. Da ermahnten sie die drei Jäger nochmals, nun auch noch das letzte Jahr auszuharren. So verging denn auch das erste halbe Jahr glücklich, im dritten Vierteljahre wurde aber der älteste Bruder unzufrieden und sprach: »Wozu wollen wir hier länger weilen?« Der Jüngste vermahnte ihn aber mit ihm auszuharren. Auch der zweite Bruder wurde endlich wankelmüthig und so beschlossen die beiden denn endlich fortzugehen. Sie drohten den Jüngsten zu ermorden, wenn er nicht mitwollte, und um sein Leben zu retten, gab er nach. Der Aelteste sprach nun weiter: »Wir wissen ja das Geld, so nehmen wir mit, so viel wir schleppen können.« So thaten sie auch und gelangten mit ihrem Gelde glücklich nach dem Zellerfeld, wo Alle die Drei schon verloren geglaubt haben. Diese haben sich unterwegs beredet, von der ganzen Sache nichts auszusagen, und sie gaben vor, daß sie auf [633] Reisen gewesen und sich durch diese Gelegenheit ein ansehnlich Stück Geld verdient hätten. Sie legten auch die Jägerei nieder und nun lebte der Aelteste als ein Freiherr, der Zweite kaufte sich eine Wirthschaft und der Jüngste eine Mühle, alle drei aber nahmen Weiber und lebten als verheirathete Männer. Nun hat der Aelteste in Saus und Braus gelebt und es dauerte nicht lange, so ist sein Geld alle gewesen. Mit dem Zweiten hat es etwas länger gedauert und der Jüngste hat in rechtem Wohlstande und guten Verhältnissen gelebt. Als nun die beiden Aeltesten ihr Geld durchgebracht hatten, hielten sie mit einander Rath und befanden für das Beste, wieder an die Stelle zu gehen und sich noch mehr Geld zu holen. Der Jüngste wollte nichts davon wissen, doch zwangen ihn die beiden ältern Brüder wieder mitzugehen. So gingen denn alle drei wieder dem verlassenen Orte zu, fanden ihn richtig auf, doch trafen sie das Zimmer nicht so wieder, als sie es verlassen hatten, denn es war Alles schwarz überzogen und auf dem Tische standen drei Trauerlampen. Sie dachten nun gleich wieder nach dem Gelde zu greifen, konnten es aber nicht finden, kehrten in das Zimmer zurück und setzten sich voller Verwunderung dort nieder. Als sie in dem Zimmer waren, kamen die drei Damen ganz kohlschwarz wieder. Sie sprachen nichts, bald aber kamen drei Männer, gekleidet wie Fleischer und mit weißen Schürzen vor. Sie sprachen, auf den Aeltesten blickend: »Ihr meineidigen Schurken!« Darauf ergriffen sie den Aeltesten, viertheilten ihn und packten ihn in ein Faß. Also erging es auch dem Zweiten und so wurden Beide getödtet. Der Jüngste hatte Alles mit Zittern ansehen müssen, ihm aber riefen die Damen zu: »Du, treuer Freund, bist unschuldig! Dir soll Dein Leben geschenkt sein! Nimm was Du willst und gehe vergnügt nach Haus! Wir müssen so lange in Trauer verharren, bis sich drei Ritter finden.«
Fußnoten
1 S. Pröhle S. 93.