562) Die Sagen vom Kapellenfleck bei Braunlage. 1
In der Nähe von Braunlage stand früher eine Burg, deren Namen aber jetzt Niemand mehr weiß; deren Besitzer war nach Palästina gezogen und hatte daselbst seine Tochter Luitgarde zurückgelassen. Während der Abwesenheit des Ritters hatte dieselbe sich mit dem Ritter Siegbodo von Scharzfels, dem nachherigen Stammvater der neuern Scharzfels'schen und Lutterbergischen Grafen, verlobt (um 1130), allein eines Nachts stand einmal die Burg auf allen Seiten in Flammen, ein paar Pilger, die zufällig in selbiger Nacht eine Herberge im Schlosse gefunden hatten und eifrig für die Rettung desselben bemüht waren, hatten sich erboten, das Fräulein in das nächste Dorf zu führen, aber seit dieser Zeit war jede Spur von ihr verloren und allgemein war die Muthmaßung, daß freche Räuber sich dieses Mittels bedient hatten, um sie in der herrschenden Verwirrung zu entführen. Siegbodo hatte bereits die Hälfte des deutschen Reichs durchzogen, um nach der verschwundenen Geliebten zu forschen, allein er hatte keine Spur von ihr angetroffen. Da kehrte ihr Vater nach zehnjähriger Abwesenheit zurück und fand seine Burg in Trümmern, sowie seine Tochter entführt. Seine Knappen hatten unterdessen bei seinem zukünftigen Schwiegersohn auf Scharzfels ein Unterkommen gefunden.
Indessen durchsuchten Luitgardens Vater und Bräutigam die wüste Stätte, [506] wo einst die Burg gestanden, immer wieder von Neuem, um doch vielleicht noch irgendwo Spuren von der Verstorbenen zu finden, und so begab es sich eines Tages, daß sie, als sie unverrichteter Sache den Ort verließen, durch den Wald ein Glöcklein klingen hörten. Dies war das Glöcklein der Kapelle St. Maria im Walde, welche zwischen den Ortschaften Braunlage und Wieda lag, welche damals noch ohne Kirche waren, weshalb die Einwohner in jener Kapelle ihre Andacht verrichteten. Sie beschlossen also auch dahin zu gehen und ihr Herz zu Gott zu erheben. Zwar war die Kapelle von vielem Volk umlagert, denn am andern Tage sollte der Abt von Walkenried daselbst Messe lesen und eine große Menge Wallfahrer war bereits dorthin zusammengeströmt und hatte sich um dieselbe gelagert, um gleich am andern Morgen bei der Hand zu sein. Die Kapelle selbst aber war leer und der trostlose Greis warf sich vor dem Muttergottesbilde darin nieder und flehte die heil. Jungfrau um ihren Beistand an, daß es ihm gelingen möge, seine verlorene Tochter wiederzufinden. Wer aber beschreibt sein freudiges Erstaunen, als das Bild sich zu dem Weinenden herabneigte und mit sanfter Stimme zu reden begann: »Sei getrost, Du Tiefbetrübter, ich will Deine Thränen stillen. Deine Tochter lebt, aber sie wird von Ruchlosen gefangen gehalten, die sich Diener Gottes nennen, aber nur die Knechte ihrer Lüste sind. Berthold, der Abt von Walkenried, derselbe, dessen Nähe morgen meinen Altar entheiligt, hat den Raub begangen. Sie schmachtet in dem Kerker seines Klosters. Eilet dahin! ich will mit Euch sein und Euch helfen. Aber wenn Euch die Rettung gelungen ist, dann sei Eure erste Pflicht, den gottlosen Abt zu strafen.« Ihre Züge, die sich während ihrer Rede sanft verklärt hatten, wurden wieder zu Stein, und die beiden Ritter eilten mit beflügelten Schritten nach Walkenried. Es war tiefe Nacht, als sie ankamen. Alles schien im Kloster in tiefem Schlummer zu liegen, dennoch aber fanden sie zu ihrem Erstaunen das Thor weit geöffnet. Sie traten ein und standen in dem finstern Kreuzgange. Da sahen sie auf einmal, wie an dem Ende desselben ein Licht sichtbar ward, es kam näher und näher und ein Mann mit einem schweren Schlüsselbunde, eine Kerze in der Hand, ging ohne sie zu bemerken an ihnen vorüber. Sie folgten leise. Jetzt rasselten die Schlüssel an einer eisenbeschlagenen Thür, diese öffnete sich und der Mann trat hinein. Es war ein Vertrauter des Abts, der der Gefangenen allnächtlich Speise und Trank brachte. Die aufmerksamen Beobachter hörten, wie er ihr drohte, es sei dies das letzte Mal, wo er ihr Speise bringe; wenn sie sich dem Willen des Abtes nicht fügen wolle, werde man sie verhungern lassen. Kaum waren jedoch diese Worte über seine Zunge, als ein Paar kräftige Arme ihn umschlangen; in demselben Augenblick lag er am Boden, der Mund ward ihm verstopft und er an Händen und Füßen geknebelt. Schnell ergriffen die Ritter die Jungfrau, eilten mit ihr durch das noch offenstehende Thor und brachten sie auf Scharzfels in Sicherheit.
Kaum war aber der Morgen angebrochen, so eilten sie auf schnellen Rossen wieder zu der Kapelle Maria im Walde. Dort stand der Abt Berthold im höchsten priesterlichen Schmuck vor dem Altar und las die heilige Messe; auf seinem Haupte prangte die Mitra und an seiner Seite lehnte der Krummstab, welche bischöfliche Insignien den Walkenrieder Aebten zu führen vergönnt war. Als nun die feierliche Handlung beendigt war, wogte die [507] Menge wieder hinaus zu den Zelten und Buden, welche rings um den Wallfahrtsort, wie es damals Sitte war, aufgeschlagen waren. Schon schickte sich der Abt an, die für ihn bereitstehende Sänfte zu besteigen und den Ort zu verlassen, da traten die beiden Ritter vor ihn hin und forderten Rechenschaft von ihm, warum er die Burg des Abwesenden zerstört und die Jungfrau gefangen gehalten habe. Der Abt verrieth durch sein Erblassen seine Schuld, allein trotzig und frech trat er ihnen entgegen, leugnete keck Alles und drohte ihnen mit seiner Rache. Da riß Siegbodo voller Zorn sein Schwert aus der Scheide und rief: »Glaubst Du hier uns gegenüber ebenso leichten Kaufs durchzukommen, als gegen die Söhne Deines Bruders, die Du um ihr Erbe gebracht hast? (Berthold war nämlich ein geborener Graf von Klettenberg und hatte seinen Bruder Albrecht vermocht, nach Palästina zu ziehen, vorher aber seine Güter dem Kloster Walkenried zu vermachen, welches die zwei Söhne Albrechts, Albrecht und Konrad, jeden mit 4 Pfund Silbers abfand.) Die heilige Jungfrau selbst hat uns Dein Verbrechen enthüllt und uns das Rächeramt gegen Dich übertragen.« Da rief der Abt mit lauter Stimme die noch zahlreich versammelten Wallfahrer zu Hilfe, und da diese wohl die drohenden Gebehrden der Ritter gegen einen Priester im geistlichen Ornate sahen, den wahren Grund aber nicht wußten, so drängten sie sich sofort drohend um dieselben und es fehlte nur noch die Aufforderung des Abtes und es wäre um sie geschehen gewesen. Wohl wußte der Abt die günstige Lage zu benutzen und so rief er denn: »Ihr Alle seid Zeugen gewesen, daß diese zwei Sinnlosen den unerhörten Frevel begangen, das Schwert gegen einen Diener des Herrn zu zücken. Darum sollt Ihr auch Alle Zeugen sein, wie ich gegen diese Ruchlosen denselben Fluch ausspreche, den einst die fromme Adelheid, die Stifterin unseres Klosters, über unsere Widersacher verhängte. Derselbe lautet aber so: Ich verfluche Euch, daß Euer Name vertilget sei aus dem Buche des Lebens! Seid unterworfen allen Plagen, mit denen Gott den Pharao verfolget. Seid verflucht in Eurer Behausung, daß niemals ein Gerechter bei Euch wohne. Gott werfe Euch aus Eurem Eigenthume und gebe es Euren Feinden, Euer Theil aber sei bei dem Verräther Judas und Euere Ruhestätte bei Dathan und Abiram, Euere Aecker sollen werden wie Sodom und das schwefliche Feuer verderbe Euer Haus wie Gomorra. Verflucht sei der Himmel über Euch und die Erde, auf welcher Ihr gehet. Der Herr verfolge Euch mit seinen Blitzen und verderbe Euch mit Feuer und Schwefel. Die Luft schicke viele Legionen Teufel über Euch aus, die Euch peinigen, während Ihr in Nacktheit und Kälte umherirrt. Ihr sollt verflucht sein vom Fuße bis aufs Haupt und Euere Eingeweide ausschütten wie Judas, daß Euch die Würmer mit Gestank verzehren. Euere Leichname werden von Raben verzehrt, Euer Gedächtniß sei von der Erde vertilgt. Verflucht seien alle Euere Werke, verflucht jede Stätte, wo Ihr aus-und eingehet. Euer Tod sei der Tod eines Hundes und wer Euch begräbt, sei verflucht. Verflucht sei die Erde, die Euere Gebeine aufnimmt und so Ihr nicht Buße thut, sollt Ihr bleiben in Ewigkeit bei Satan und seinen Teufeln und seinen höllischen Flammen. Amen.«
Während dieses Fluches, der wörtlich derselbe ist, den einst die Stifterin von Walkenried, Adelheid von Klettenberg, über die künftigen Feinde des Klosters aussprach, herrschte eine Todtenstille in der ganzen Versammlung, [508] kaum aber waren die letzten Worte verklungen, so stürzten Alle auf die zwei Ritter los, die freilich ihre Schwerter zogen und sich für den Augenblick damit ihre Feinde vom Leibe hielten. Allein lange hätten sie nicht widerstehen können, namentlich weil der Abt Jedem Ablaß seiner Sünden verhieß, der dazu beitragen werde, die Frevler lebendig zu fangen. Da fiel das Auge des Greises auf das Bild der heil. Jungfrau und laut rief er in seiner Noth: »Maria, Maria, heilige Mutter Gottes stehe uns bei!« Alsbald rollte es wie Erdbeben durch das Kirchlein, ein furchtbarer Donnerschlag lähmte alle Anwesenden, ein strahlender Glanz erfüllte die Kapelle; er strahlte wider vom Haupte der heil. Jungfrau, die von ihrem Gestell herabtrat und die eine Hand schützend über die Ritter breitete, während sie die andere drohend nach dem erbleichenden Abte und der niederstürzenden Menge streckte: »Genug des Frevels!« tönte ernst und streng ihre Stimme. »Habt Ihr vergessen, daß da geschrieben steht: mein Haus ist ein Bethaus, Ihr aber habt es gemacht zur Mördergrube! Aufgeweckt ist die Rache des Himmels, zu Ende Deine Macht, Heuchler, der Du die Würde Deines Amtes und meinen Altar lang genug geschändet hast! Betet, Ihr Ruchlosen, Euer letztes Stündlein ist gekommen! Wer aber sich schuldlos weiß, der folge mir; denn über die Schuldigen soll hier Gottes Strafgericht ergehen.« Damit schwebte sie durch die lautlose Menge aus der Thür der Kapelle, den beiden Rittern winkend, die ihr folgten. Einige Andere noch, die sich reines Herzens wußten, folgten ihr ebenfalls. Die Meisten aber, wenn sie auch die Absicht hatten, sich zu erheben, blieben wie angefesselt liegen. Als aber St. Maria und die ihr gefolgt draußen angekommen waren, streckte sie die Hand zurück nach der Kapelle und aufs Neue tönte es wie Donner, rollte es wie Erdbeben und weithin öffnete sich der Boden, in dessen Oeffnung in wenigen Augenblicken die Kapelle sammt den Zelten, die sie umgaben, und sammt den Menschen, die sie erfüllten, spurlos versank. Noch ein lautes verworrenes Geheul erscholl aus der Tiefe, dann schloß sich der Erdboden wieder darüber.
Die heil. Jungfrau aber wanderte mit den Geretteten eine Strecke fort, bis auf den Gipfel des höchsten Berges, da blieb sie stehen und mit Erstaunen sah ihre Umgebung, daß statt der lebenden Maria jetzt wieder nur ihr Bild, das vordem in der Kapelle gestanden hatte, unter ihnen weilte. Da bauten sie statt der versunkenen Kapelle »Mariä im Walde« eine neue auf der Stätte, wo das Bild sich nun befand, und der Graf Siegbodo dotirte sie mit dem ganzen Walde ringsum; das ist die Kapelle »Mariä auf dem Berge«, bei welcher späterhin das Dorf Hohengeiß entstand.
Da aber, wo die alte Kapelle Maria im Walde mit dem verbrecherischen Abte und der ruchlosen Menge versunken ist, herrscht seit der Zeit ein unheimliches gespenstiges Walten. Da hören die Vorübergehenden zur Nachtzeit Glockengeläute und Chorgesang oder wildes Tosen wie das Gewühl eines wüsten Gelages. Es huschen Gestalten in der Dunkelheit an dem Wanderer vorüber und graue Mönche stehen spukhaft am Wege und erschrecken den Arglosen.
So kam einst ein Bergmann Nachts zur Schichtzeit aus der Grube heim und nicht weit von dem Kapellenfleck vorüber. Er wohnte noch nicht lange in der Gegend und wußte deshalb noch nichts von dem, was hier vorgefallen war. Als er nun Glöckchen in der Nähe schellen hörte, schloß er, es müsse [509] eine Kirche dort stehen, und weil er ein frommer gottesfürchtiger Mann war, beschloß er dort sein Gebet zu verrichten; er ging also dem Schalle nach und langte bei einer Kapelle an, die von gar mannigfachen Zelten und von einer lauten Volksmenge umgeben war. Da gab es vielerlei zu kaufen und zu schmausen, aber der Bergmann hielt sich dabei nicht auf, sondern legte seine Axt wie auch Schlägel und Eisen auf die Schwelle des Kirchleins, setzte sein Grubenlicht daneben und trat andächtig hinein. Während er aber in sein Gebet versunken war, hatte einer der außen sich Herumtummelnden heimlich die Geräthschaften des Bergmanns weggenommen und dieser fand sie nicht wieder und begann zu klagen und zu jammern; denn er war ein armer Mann und der Wochenlohn, den er bei sich trug, war nöthig, um Frau und Kinder zu ernähren, und wollte er sich davon die Geräthschaften wieder kaufen, so mußten jene darben. Wie er aber so klagte und sich erbärmlich geberdete, sammelte sich die Menge um ihn und lachte ihn aus und verspottete den Armen, ohne daß ihm einer die Geräthschaften wieder zurückgegeben hätte. Was wollte er thun? Wohl oder übel, er mußte sein Wochenlohn daran wenden, sich wieder mit dem Arbeitszeuge zu versehen, und trat vor eins der Zelte, was ihm fehlte, zu erhandeln. Darauf gab er mit einem schweren Seufzer seinen Wochenlohn hin, erhielt eine Hand voll blanker Pfennige darauf zurück, nahm die erkauften Werkzeuge und ging mit schwerem Herzen von dannen, unterwegs überlegend, wovon nun Weib und Kinder leben sollten.
Die Kinder hüpften ihm wie immer bei seinem Eintritt entgegen, und obwohl er ein verdrießliches Gesicht zog, hingen sie sich doch liebkosend an ihn, und sein Weib trug die warme Wassersuppe auf den Tisch und bat ihn liebevoll, sich nun zu pflegen. Da fing er fast an zu weinen vor Traurigkeit, daß die lieben Geschöpfe nun eine Woche lang hungern sollten wegen seiner Unachtsamkeit und er erzählte, was ihm begegnet sei. Als er aber dabei die neuen Werkzeuge hervorlangte, sie zu zeigen, da fuhren alle mit einem freudigen Schreck in die Höhe, denn Axt und Hammer und Eisen mit sammt dem Grubenlichte waren eitel gediegenes Gold; ebenso die Pfennige, die der Bergmann zurückerhalten hatte. So groß vorher der Kummer gewesen war, so groß war nun die Freude und die ganze Familie stimmte ein Danklied an, daß der Himmel ein solches Wunder an ihnen gethan, sie aus der Armuth zu erlösen. – Auf dieselbe Weise kaufte einmal dort ein Landmann goldene Striegeln und Kandaren.
Ein ander Mal kamen drei Räuber in tiefer Nacht des Weges, mit reicher Beute beladen, die sie bei der Plünderung des Försterhauses zu Bektessem (Benneckenstein) davongetragen hatten. Der kostbarste Theil der Beute war jedoch das junge Weib des Försters, auf welches der Anführer der Räuber es vorzüglich abgesehen hatte, weshalb er alles übrige Geraubte seinen Kumpanen überließ und sich allein mit der reizenden weiblichen Bürde belud, die halb ohnmächtig in seinen Armen hing und vergebens sich gegen das Fortschleppen sträubte. Wie nun die Räuber ihrem sichern Versteck in einer Felsenhöhle des ungangbaren Waldes zueilten, hörten sie in der Nähe Glockenklang, und wie sie aufmerksam auf diese Klänge lauschten, vernahmen sie zugleich ein fröhliches Singen und lautes Jubeln, und schlichen näher, zu sehen, woher es käme. Sie fanden eine ihnen unbekannte Kapelle mit sammt den Trinkzelten und Verkaufsbuden, umringt von einer Menge [510] Menschen in altertümlicher Kleidung, mit langen Bärten und von seltsamen Aeußern. Die jubelten und zechten und sangen, daß es weit hinein in die Nacht schallte, also daß dem Anführer der Räuber, der ein wüster Gesell war, das wilde Treiben gefiel und er sich nicht enthalten konnte, an dem Saufgelage Theil zu nehmen. Er übergab darum das junge Weib der Obhut seiner Gesellen und mischte sich unter das lustige Volk und trank und schmauste, daß er seine beiden Gefährten bald vergaß. Die standen indeß und blickten finster auf den langen Jubel und sprachen unmuthig: »Da sitzt er und zecht und wir müssen hier trocken stehen und haben das leere Zusehen. Wir wollen das Weiblein binden, daß sie nicht fliehen kann, um uns einen Augenblick in dem nächsten Zelte zu vergnügen. Wir können ja doch immer unsere Gefangene im Auge behalten.« Also banden sie die junge Frau an einen Baum und legten die geraubten Sachen daneben; dann gingen sie in's nächste Zelt und fingen an zu zechen und zu jubeln, so daß ihnen das Leben dort gar wohl behagte; und sie saßen, indem sie von Zeit zu Zeit nach der Gebundenen sahen, wohl eine Stunde lang; da meinten sie, es sei Zeit zum Aufbruch und gaben dem Anführer einen Wink, er möge kommen. Der setzte noch einmal den vollen Humpen an, um ihn zum letzten Mal zu leeren, da in demselben Augenblicke schlug die Uhr der Kapelle Eins und zugleich schwieg das Glockengeläute, verstummte das Gewühl rings herum und ohne daß die Räuber der unheimlichen Stätte entfliehen konnten, hatte sich die Erde geöffnet und in ihren Schooß Kapelle und Zelte und Trinkgenossen mit sammt den Räubern verschlungen. Die Gebundene aber, nebst dem übrigen Raube, wurde am andern Morgen gefunden, als der Förster, der während der Plünderung seines Hauses nicht daheim gewesen war, mit seinen Jägern die Gegend durchsuchte, und von ihr erfuhr man die seltsame Geschichte.
Auf jenem Kapellenflecke ist ein Born. Ein Köhlerjunge sollte die Pferde suchen. Als er bei den Born kam, schwamm darauf eine große Glocke, die war ihm bescheert. Sie kam, daß er sie greifen konnte und er trug sie nach der Köthe. Sein Meister verlangte aber, er sollte sie wieder hintragen; das geschah auch, da that sie einen Kling, daß der Junge taub wurde. Nachher ist sie nicht wieder zum Vorschein gekommen.
Fußnoten
1 S. Pröhle S. 152. cf. Sagen und Geschichten aus der Vorzeit des Harzes. Halberstadt 1847. S. 391 etc.