478. Der Erbdegen.

(S. Temme a.a.O. S. 297 etc.)


In der Gegend des Dorfes Christov unweit des Greifswalder Boddens liegt im Felde ein Teich, in welchem früher große Schätze verborgen gewesen sein sollen. Nun lebte damals ein Bauer in der Gegend, zu dem kam eines Tages ein fremder Knecht und wollte sich bei ihm vermiethen, als aber der Bauer fragte, welchen Lohn er begehre, so sagte dieser, Geld wolle er nicht, sondern eine Kleinigkeit, die in seinem Hause sei und für ihn irgend welchen Werth nicht habe. Darüber wunderte sich der Bauer zwar, allein da er einen Knecht brauchte und der Fremde ihm gefiel, so ging er auf diese Forderung ein. Der Knecht diente ihm nun ein ganzes Jahr fleißig, ehrlich und treu, und als dasselbe um war, und der Bauer ihn nun fragte, ob er nicht seinen versprochenen Lohn haben wolle, da sagte jener: »Allerdings! auf Deinem Boden hast Du einen Erbdegen, den erbitte ich mir als Lohn!« Der Bauer wußte von einem solchen Dinge nichts, allein der Knecht führte ihn auf den Hausboden und zeigte ihm unter dem Dache versteckt ein altes verrostetes Schwert ohne Scheide. Wie nun aber der Bauer ihn dasselbe wegnehmen hieß, versetzte er, wenn es ihm etwas nützen solle, müsse sein Herr es selbst herunternehmen und ihm in die Hände geben, sonst habe es keine Kraft.

Am andern Morgen trat der Knecht vor seinen Herrn und bat ihn, er möge einen Wagen anspannen lassen, er wolle ihm zeigen, zu was er den Erbdegen habe haben wollen. Sie fuhren dann zusammen nach dem obgedachten Teiche und als sie dorthin gekommen waren, da sagte der Knecht: »Nun paß auf, Herr, ich werde jetzt mit dem Degen in den Teich springen, dann wirst Du ein schreckliches Brausen und Stürmen im Wasser vernehmen, lasse Dich dies aber nicht kümmern, siehe aber, ob das Wasser schwarz oder roth wird. Ist ersteres der Fall, dann ist alles verloren und dann mache, daß Du fortkommst, damit es Dir nicht schlecht ergehe, ist es aber roth, dann habe ich gewonnen und dann warte, bis ich wieder herauskomme.«

Als der Knecht also gesprochen hatte, sprang er richtig in den Teich hinein und es kam so, wie er gesagt hatte, nach einigen Minuten entstand ein wildes Tosen im Wasser, die Wellen schlugen thurmhoch empor und der Bauer dachte schon daran Reißaus zu nehmen, da ward auf einmal die Oberfläche wieder glatt und ruhig und das Wasser schön hochroth und nach einiger Zeit kam der Knecht wieder aus der Tiefe des Wassers, eine schwere Kiste in den Händen tragend, heraus, mit der stieg er ans Ufer, legte sie auf den Wagen des Bauern und sagte: »Hier hast Du den Theil, der Dir dafür gebührt, daß Du mir den Erbdegen gegeben hast, fahre jetzt wieder nach Hause, ich aber muß wieder in den Teich hinab um mir meinen[506] Antheil zu holen!« Damit sprang er wieder ins Wasser, der Bauer aber fand, als er nach Hause gekommen war, in der Kiste lauter harte Silberthaler, den Knecht aber hat er niemals wiedergesehen.

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TextGrid Repository (2012). Grässe, Johann Georg Theodor. Sagen. Sagenbuch des Preußischen Staats. Zweiter Band. Pommern. 478. Der Erbdegen. 478. Der Erbdegen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-5A9B-6