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An Christiane von Goethe

Nach der Abfahrt der lieben und lustigen Frauen hat sich der gute und lobenswürdige Fleiß wieder eingefunden, es ist aber demohngeachtet eine gewisse Lücke entstanden. Ich glaube, es würde am besten seyn, wenn ihr wieder gelegentlich in den Klipsteinischen Garten zögt und wenn ihr euch auch daselbst wie der selige Geheimderath Sternberg vorkommen solltet, so würde euch doch immer eine Kalbsbrust an die guten alten Zeiten erinnern können.

Da ihr indessen bis dahin, daß diese goldne Zeit eintritt, durch meine Entfernung ziemlich leidet, und sehr gut empfindet, daß die Stelle der Köchinn in euerem Hause unbesetzt ist, so will ich nur zu einigem Ersatz versichern, daß hier alles vortrefflich geht. Heute früh gab es große Handel über ein Feldhuhn welches Heinrich ohne anzufragen vom Rentbeamten für 5 gr. angenommen hatte. Diesen Proceß schlichtete ich Salomonisch dadurch, daß ich bezahlte und mir dieses Huhn außerordentlich zum Frühstück vorbehielt. Ferner hat die Köchinn mit den morgendlichen Weinschaum für heute abdisputirt, und mir [130] dafür ein ganz vortreffliches Zwischenessen, welches sie künftig auf gleiche Bedingungen wiederholen soll, bereitet. Genug es ist an dem ganzen Zustand nichts auszusetzen.

Mit größtem Schrecken werdet ihr jedoch bemerkt haben, daß Karten und Spielmarquen zurückgeblieben sind. Sie folgen hiebey um so lieber, als sie mir kein Glück gebracht, ja mich vielmehr um einen Karpfen mit pohlnischer Sauce gebracht haben.

Nun lebet recht wohl und sendet durch die Botenfrauen wenigstens einiges, daß wir wieder einigermaßen wenigstens zu unserem Schaden kommen.

Jena den 10. November 1812.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1812. An Christiane von Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6AF9-7