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An den Herzog Carl August

Dieser Brief soll Ihnen bis Erfurt entgegen gehn und Abends auf der Redoute werden wir Sie alle erwarten.

[37] Das veränderliche Wetter werden Sie mit uns gemein gehabt haben, dagegen ist unsere grose und schöne Welt desto beständiger. Eine Schlittenfahrt mit vielen Postzügen ist glücklich abgelaufen, zwey andre, eine nach Belveder wo der Prinz tracktiren wollte, und eine nach Ettersburg unter den Flügeln der unendlichen Fledermaus, werden mit diesem Morgen zu Wasser.

Ein leiser Windzug der Freundschafft hat die kleine Werthern nach Dauer geführt, und Knebel ist von diesem Strömgen nachgeschleift worden. Er versprach heute Abend wieder hier zu seyn, denn morgen früh ist Probe der Iphigenie auf dem Theater. Wir hoffen Sie sollen mit dem Portal zufrieden seyn, Schumann hat seine ganze Rafaelische und Oeserische Ader darauf ausgegossen. Apropos von Künstlern, die Cristiane das leidige Stubenmädel an der Herzoginn Mutter Hof, ist von Ettersburg her schwanger, und giebt den alten Oeser zum Vater an. Die Herzoginn ist wild und droht ihr mit dem Zuchthaus, sie hat schon einmal in ihrer Aussage variirt.

Ihre Frau Gemahlinn ist nicht recht wohl, darüber ein Thee der Dienstags beym Prinzen getruncken werden sollte, nicht eingenommen worden. Ich habe sie nicht gesehen, und Ihren Grus durch die Waldner ausrichten lassen, die seit der grose Schnee hunten ist, vom Zahnweh Ruh hat. Der Wöllwarth hab ich ein Collegium über die Perspecktiv gelesen, sie hat [38] eine kindische Lust am Zeichnen. Die Stunde ist so besezt daß niemand mehr Plaz hat. Unsre Maskerade schleicht im Stillen, iedes scheut die Kosten. Die Stein hat sich ein Paar Kleider ausgewählt die sie will zerschneiden lassen. Wenn Sie selbst kommen, wirds schon gehn. Die Redoute nach der Herzoginn Geburtstag wird an Erscheinungen reich seyn, es werden Verse von allen Seiten gemacht. Wieland ist über Wolfen entzückt, der seine Cantate auch zu Ehren des dreysigsten komponirt hat. Asträa kommt drinne vom Himmel, und es sängt mit Donner und Bliz und Windsbraut an. Ich glaub es ist ein Geheimniss drum lassen Sie Sich nichts mercken. Die Crone hatte Stechen auf der Brust, das ihr sehr ungewohnt schien. Gestern Abend hat ich während des Conzerts bey der Herzoginn, auf der Göchhausen Stube gesessen eine Flasche Champagner ausgetruncken, und der Literatur aufgeholfen. Nun ist wieder Hoffnung daß das Werck vollendet werden wird. Für die Garnison Schule lass ich eine geräumige Stube im Waisenhaus zurechte machen, es kann auf sechzig Thaler kommen, dann wollen wir sehen ob wir von der feinen äuserlichen Zucht weiter zum innern kommen können. Auf der Kriegs Commission gehts sehr gut, und da alles von mir abhängt, und ich Ordnung bis aufs lezte halten kan, sehr leicht. Auch ist eine viel freyere Luft oben. Vom dicken Amtmann hab ich ein Projeckt die Steuersache zu reguliren das recht [39] gut ist, man muß nur erst sehn was das lezte Rescript würckt. In Publicis ists ganz still um uns, die Ministres fahren auf dem Schlitten. Sievers ist wieder besser. Wette hat sich auch gelegt. Bey Hofe bin ich neulich bald abgestanden, ich spazierte ganz allein im Grosen Saal, da alles in Partien befchäfftigt war, ia sogar Lingen aus Verzweiflung mit Lucken Schach spielte. Das schlimmste war dass iedes das König wurde, glaubte mich unterhalten zu müssen.

Die Herzoginn von Gotha hab ich gebeten sich vom Prinzen August das Exemplar der Geschwister das er hat, geben zu lassen und sich dessen zu bedienen. Ich hatte kein leserliches zu Hause. Der schönen Gräfin hab ich das Trauerspiel geschickt.

Ich bin sehr neugierig wie Ihre Jagd abgelaufen ist, die meine schränckt sich auf einen Raben ein, den ich gestern von den hohen Aschen, aus einer Entfernung wo er sich sicher glauben konnte, mit meiner guten Flinte, wie einen Sack herunter geworfen habe.

Über die Mengs und Correges mündlich mehr.

Stein ist nach Kochberg, ich fürchte seine Einkünfte werden über diese Sorgfalt, alle zu Spiritus, aber nicht vini.

Grüsen Sie Wedeln, sobald er kommt, wollen wir seine Idee wegen der Exekutionsgelder Casse realisiren. Die General Polizei Direcktion hat mit mir kommunizirt.

[40] Nun wünsch ich glückliche Fahrt, und empfehle mich zu Gnaden.

d. 25ten Donnerstags früh.

d. Jenners 81.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1781. An den Herzog Carl August. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6B39-2