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An Christiane von Goethe

Wir können nicht anders sagen, als daß vor wie noch alles sehr gut geht; die Köchinn sowohl als Heinrich gehen in ihrer Regel fort, und so weiß man täglich und wöchentlich woran man ist, worauf denn doch am Ende alles ankommt. Meine Geschäfte und Ausarbeitungen machen sich auch gut, ja es thut sich sogar noch manches unerwartet Angenehme hervor.

Carl hat auf seiner Durchreise nach Carlsbad Abschied genommen und ich habe ihm das noch zugesagte Vierteljahr ausgezahlt. Es ist mir sehr lieb, daß ein Verhältniß, das so lange gedauert und das doch zuletzt nicht mehr haltbar war, sich noch so leidlich auflöste. Ich habe ihn mit einigen Ermahnungen und Hoffnungen entlassen.

Wir vernehmen, daß große Bewegungen in Jena waren, wegen Tag und Stunde des Tanzens, auch sind uns die allerverschiedensten Nachrichten davon zugekommen. Nun aber scheint es gewiß, daß Sonntag ein Thé dansant seyn soll, und ich erwarte daher die so liebe als unruhige Nachbarschaft Sonntags früh, damit ja nicht die Weimaraner in Nichtachtung des Theaters den Jenensern ein böses Beyspiel geben.

Wie es hernach zu halten sey, wird sich besprechen lassen, vorzüglich aber will ich anrathen, daß an Victualien und sonst allem Guten, ein hinreichender[156] Transport mit herüber komme; damit nicht, wie schon mehr geschehen, mein Ende das Mittel und den Anfang aufzehre.

Denn bis jetzt haben wir uns löblich gehalten und nach diesem Anschnitt kann ich künftig in Jena einen recht zufriedenen Aufenthalt haben. Verzeihe mir aber, wenn ich, um künftig einem verdrüßlichen allgemeinen Aufwaschen vorzubeugen, im einzelnen nörgele, wie ich jetzt mit Heinrichen um die Lichtstümpfchen thue. Carl reiste nicht als ein selbstständiger Herr von uns ab, wenn wir selbstständige Herrn gewesen wären.

Denn übrigens wollen wir an unserm Leibe und Gaumen nicht sparen, noch auch sonst knickern, deswegen sende und bringe noch etwas Languedoc, welcher nun einmal an der Tagesordnung ist.

Hiermit wollen wir denn abgeschlossen haben; denn ich wüßte nichts weiter hinzuzuthun. Sehr angenehm würde es mir seyn, zu vernehmen, wie Romeo und Julie reüssirt, wie es mit dem Herbsttag abgelaufen. Ich weiß recht wohl, daß ihr ein so rasches Leben habt, daß ihr an Abwesende nicht denken könnt; aber daß ihr, so wie der Assessor, von den unendlich langen Tagen auch nicht einmal eine Viertelstunde abmüßigen könnt, um mich den unendlich langen Jenaischen Winterabenden einigermaßen zu unterhalten, kann ich nicht gut finden. Ihr solltet bedenken, daß es mit den Äugelchen nicht mehr gehen will, die man denn doch am Ende zu Hülfe rufen müßte, wenn ihr gar zu [157] sorglos seyd. Mit dieser Drohung empfehle ich mich zum schönsten.

Jena den 17. Nov. 1812.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1812. An Christiane von Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6B47-2