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An Marianne von Eybenberg

Die mir, durch Herrn von der Beck, zugesandte kleine Münzsammlung kam zu sehr gelegner Zeit, sie erheiterte einige trübe Stunden und gab unserer kleinen Societät von Münzfreunden eine lehrreiche und angenehme Unterhaltung. Sagen Sie dem gefälligen Manne, der diese artige Sendung ausgesucht hat, recht vielen Dank! Er hat dabey gehandelt wie ein Pflanzenkenner, der, geschwind durch einen wissenschaftlichen [218] Garten eilend, aus den Hauptbeeten Blumen verschiedner Art abbräche und daraus einen bedeutenden Strauß bände. Von den allerliebsten atheniensischen Nachteulen an, durch die griechischen Könige und Städte, durch die römischen Familien und Kaiser wird man schnell durchgeführt und durch wohl erhaltene Exemplare an alles, was dazwischen liegt, erinnert.

Vielleicht könnte ich durch ähnliche Gefälligkeit von Zeit zu Zeit ein Verzeichniß von Münzen, die man ablassen möchte, mit beygesetzten Preisen erhalten. Zu unsern Zwecken ist nicht von raren Münzen die Rede, sondern nur von gut erhaltnen Exemplaren, aus denen, für bildende Kunst, bedeutenden griechischen und römischen Epochen.

Was ich in meinem ersten Briefe über dieses mein Studium gesagt, erinnere ich mich nicht ganz, verzeihen Sie also wenn ich mich wiederhole, damit Sie doch auch Ihrem Freunde zeigen können, daß seine Gunst nicht übel angewendet war.

Da ich mich von dem Anschauen größerer Kunstwerke, hier in meiner Lage, entfernt sehe; so ist die Betrachtung von Münzen eine besonders belehrende Unterhaltung, indem man die Kunstgeschichte aus ihnen sehr gut studiren kann, besonders wenn sich das Auge am Marmor hinlänglich geübt hat. In früherer Zeit hatte ich selbst einiges gesammelt, hiesige Freunde haben auch Neigung zu solcher Kenntniß und solchem [219] Besitz, wir haben die erste Sammlung der mionettischen Pasten angeschafft, wodurch wir denn schon einen Blick in die Breite des bessern vorhandenen thun können. Das große gothaische Cabinet steht in unserer Nähe, so wie das Cabinet der Gräfin Bentinck in Meinungen befindlich ist und zum Verkauf ausgeboten wird.

Bey diesen Umständen und Anlässen kann man denn schon nach und nach zu einiger Einsicht gelangen, um so mehr als das fürtreffliche Werk von Eckhel dieses ganze Wissen so sehr erleichtert.

So sieht es, meine Liebe, über diesen Punct mit mir aus, erlauben Sie mir nur noch einen kleinen Nachsatz:

Um auch über die neuere Kunstgeschichte mich, auf demselben Wege, mehr als schon geschehen, aufzuklären, habe ich gesucht besonders päpstliche Medaillen, dergleichen in dem 15. und 16. Jahrhundert häufig in Kupfer geschlagen worden, anzuschaffen. Es versteht sich von selbst daß es Medaillen sind, welche zur Lebzeit des Papstes geprägt worden, denn von den Sammlungen welche spätere Künstler, mit dem Bildniß verstorbener Päpste, geprägt, kann die Rede nicht seyn. Sollte Ihren Freunden gelegentlich etwas von dieser Art vorkommen, so geschähe mir damit ein besonderer Gefalle und ich würde einen billigen Preis gerne zahlen.

So viel von diesen Studien und Neigungen die ich[220] doch gern so wie mein übriges Wesen vor Ihnen in einigem Zusammenhang hinlegen möchte.

Nächstens von andern Dingen, die auch Sie interessiren. Mit lebhaftem Dank, daß Sie meinen kleinen stillen Wünschen ein so freundliches Gehör geben wollen. Mit herzlichem Wunsch für Ihr Wohl

W. d. 25. Apr. 1803.

J. W. v. Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1803. An Marianne von Eybenberg. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6B5B-5