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An Joseph Sebastian Grüner

[29. Januar 1826.]

Ew. Wohlgeboren

haben leider schon den Tod unsres guten Rehbeins vernommen; er wird bey Hof und in der Stadt sehr vermißt, ich besonders verliere viel an ihm, denn ich[266] konnte in meinen Jahren und bey meinen körperlichen Zuständen mich ganz auf ihn verlassen. Er gab mir täglich Belehrung und Rath in außerordentlichen Fällen entschiedene Hülse. Doch freylich war sein eigner Zustand so krankhaft, daß man sich für ihn freuen muß, solchen unvermeidlichen Übeln früher entgangen zu seyn.

Die mir übersendeten Mineralien, so wie die durch gedachten Freund erhaltenen Victualien sind glücklich angekommen.

Da ich gewiß bin, daß die von oben her eingeleitete Untersuchungs-Commission bey der Stadt Eger glücklich vorbey gegangen, so freue ich mich, Sie in neuer und anerkannter Thätigkeit zu wissen.

Fahren Sie fort, wie es die Gelegenheit gibt, Ihre Umgegend mineralogisch und geognostisch kennen zu lernen, damit, wenn ich die Freude habe, Sie diesen Sommer zu besuchen, ich manchen wichtigen Punct neu ausgeschlossen finde.

Ich gebe mir Mühe, den beliebten und belobten Göthit für Sie zu erhaschen; noch hat es mir nicht gelingen wollen. Eingegangen ist bey mir zeither wenig Neues, doch hoffe ich auch für Sie nächstens etwas zusammenzulegen. Sagen Sie mir gelegentlich, ob Ihnen vielleicht mit einigen rohen Stücken Meerschaum gedient sey.

Betrachten Sie das Wenige, ja Geringe als ein Zeichen, daß ich immer in ein Verbindung mit [267] Ihnen und dem lieben Böhmen zu bleiben wünschte. Ein persönliches Zusammentreffen möge sodann auf die herkömmliche freudige Weise zu hoffen seyn.

Der guten Wittwe Rehbein scheint es ganz leidlich zu gehen; für die Kinder der ersten Ehen ist gesorgt, Vormünder bestellt und nach unsern Pensionseinrichtungen kann es ihr an einem mäßigen Einkommen nicht fehlen. Leider empfinden alle Patienten des werthen Verstorbenen gar sehr den Mangel seines Beyraths.

Den lieben Ihrigen mich bestens empfehlend, so wie den guten Kindern die besten Fortschritte und ein preiswürdiges Gelingen fortgesetzter Studien wünsche.

Eben als ich im Begriff bin zu schließen, kommt mir die Beylage in die Hände. Das Mineralien-Comp toir zu Heidelberg läßt sich auch, wie Sie sehen, auf Tausch ein; ich glaube daher, es wäre räthlich, daß Sie mir sogleich ein Verzeichniß schickten dessen, was Sie anzubieten haben, nicht weniger den beyliegenden Catalog wieder zurück und vorgestrichen, was Sie dagegen wünschen. Ich würde die Sache bestens empfehlen und in der Folge für wohlfeilen Transport sorgen.

Der ich mich bestens empfehle und meiner mit Geneigtheit zu gedenken bitte.

unwandelbar

ergebenst

Weimar den 27. Januar 1826.

J. W. v. Goethe. [268]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1826. An Joseph Sebastian Grüner. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6C0B-2