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An Heinrich Friedrich Carlvom und zum Stein

[Concept.]

[Wiesbaden, 10. August 1815.]

Da mir das Glück nicht geworden Ew. Excellenz am hiesigen Orte meine Verehrung zu bezeigen; so eile schriftlich für die genußvollen und lehrreichen Tage gehorsamst zu danken, deren Sie mich mit soviel Güte theilhaft gemacht. Ich finde mir eine neue Ansicht des Lebens und der Erkenntniß eröffnet, indem ich durch Dero Vertrauen hellere Blicke in die uns zunächst umgebende moralische und politische Welt richten, so wie eine freyere Übersicht über Fluß und Landgegenden gewinnen konnte.

Diese Erinnerung macht mich doppelt glücklich, wenn ich mir die Dauer dieser Gunst und eine Wiederholung so unschätzbarer Tage für die Zukunft versprechen darf. Hierzu kommt noch daß die schönen[66] Stunden, die mir in Ihrer Nähe gegönnt waren, Vorboten eines höchst bedeutenden Ereignisses geworden, da sey meiner Zurückkunft das Commandeur-Kreuz des Kaiserlichen Leopolds-Orden, nebst einem ehrenvollen Handschreiben des Fürsten von Metternich Erlaucht, durch die freundliche Hand des Herrn Baron von Hügel zu erhalten das Glück hatte. Zum erstenmal beklage ich die Gebrechen des Alters und die Abnahme der Kräfte, die mich außer Stand setzen, so viel aufgehäufte Gunst und Glück durch redliche Bemühungen wo nicht zu verdienen doch wenigstens mit geziemender Dankbarkeit zu erwidern.

Indessen verfehle ich nicht, die von Ew. Excellenz angeregte Betrachtung fortzusetzen, und dasjenige was ich bey näherer Prüfung den Umständen gemäß zu finden glaube niederzuschreiben, um es bald möglichst höherer Beurtheilung vorzulegen.

Sulpiz Boifferée, mit Zweck und Mitteln einverstanden, überliefert mir theilnehmend die genaueren Kenntniße zu einem solchen weitgreifenden Unternehmen.

Möge Dero Reise nach Paris nach Wünschen glücklich seyn und mitten unter der bedeutendsten Umgebung auch die Kunst und Alterthumstrümmer des südwestlichen Deutschland sich Ihrer fördernden Theilnahme erfreuen.

Mit angelegentlichster Bitte in dem schönen Kreise der Hochdieselben umgiebt, mein Andenken von Zeit zu Zeit gefällig walten zu lassen.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1815. An Heinrich Friedrich Carlvom und zum Stein. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6C0F-9