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An Friedrich Christoph Perthes

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

Sendung hätte nicht zur gelegenern Zeit ankommen können; die Weimarischen Kunstfreunde hielten so eben einen Aufsatz über Steindruck für Kunst und Alterthum bereit, worin gesagt wird, daß das, was in Hamburg dafür geschehen, ihnen nicht bekannt geworden. Die überschickten, trefflich gelungenen Blätter veranlassen eine Nachschrift, die Ihnen und Ihren Künstlern keine unangenehme Empfindung machen wird. Da ich mich auf jenen Aufsatz berufen kann, sage ich nichts weiter über diesen so wichtigen Kunstzweig.

Erlauben Sie ferner, daß ich von Zeit zu Zeit jemanden empfehle, in solchen Fällen versteht sich's immer, daß günstige Zufälligkeiten dem guten Willen des Freundes zu Hülfe kommen, ungünstige dagegen den besten hindern und lähmen.

Für die übersendeten Bücher danke Ihnen und Ihrem Handelsgenossen zum allerschönsten. Zu einem wundersamen Rückblick auf's ganze Leben nöthigten mich die Stolbergischen Werke; die höchstbedauerli che Trübung der letzten Tage unseres Freundes habe immer gefürchtet; er ging von seiner Seite so rasch und zuversichtlich zu Werke, daß ihm verborgen blieb: [231] ein gewisses herkömmliches Vorurtheil werde die Blößen, die er gab, nicht auf immer zudecken.

Der Spanische Lustgarten hat mich aufgeregt, dieser herrlichen Sprache und Literatur wieder einige Stunden zu widmen; hätte der treffliche Sammler, von dem ich wohl nähere Kenntniß wünschte, nur das Doppelte oder Dreyfache an die Fingerzeige für deutsche Leser gewendet, so hätte er mich und alle, die ohngefähr in demselben Verhältniß gegen das Spanische sich finden, sehr gefördert und würde uns ohne Mühe viel Mühe erspart haben.

Ich schließe nicht ohne zu melden, daß Gauby, den Sie so freundlich gefördert, auf seiner militärischen Laufbahn sich brav gehalten, vergangenen Herbst zum Hauptmann avancirt und verheirathet ist, auch Ihrer, wenn wir uns sehen, mit Liebe und Dankbarkeit gedenkt.

Den letzten Winter befand ich mich besser als lange Zeit, aber ich hielt mich auch strenger als je und habe mancherley vor mich gebracht. Möge das, was die Jubilate-Messe von mir bringt, auch Ihnen zu Geist und Herzen gehen.

Strixner, gegenwärtig in Stuttgart, hat bey lithographischer Nachbildung der Boisseréeschen Sammlung Wunder gethan; sechs Blätter davon liegen vor mir, sämmtlich lobenswürdig; das letztere aller Forderung und Erwartung voreilend. Eine Verkündigung nach von Eyck! Es machte mich lächeln, daß Ihr so trefflich [232] gerathener israelitische Doctor sich wohl daneben zeigen und diesen Wendepunct des Alten und Neuen Testaments selbst mit Vergnügen beschauen dürfte.

Findet sich dieser Brief in Leipzig, so bitte um baldige Nachricht deshalb.

Mit reiner Hochachtung und treulicher Theilnahme.

Weimar den 12. May 1921.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1821. An Friedrich Christoph Perthes. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6C2B-9