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An Carl Leopold von Beust

Ew. Excellenz

vergönnen daß ich am Ende des Jahrs, zurückschauend auf so manche Pflichten, welche mir im Laufe desselben zu erfüllen nicht gegeben war, auch der für mich so wichtigen Angelegenheit gedenke und vor allem die geneigte Theilnahme dankbar anerkenne, welche [203] Dieselben mir haben erzeigen wollen; wie ich sodann den treusten und aufrichtigsten Wünschen die Bitte hinzufüge: auch in der Folge möge gleicher Antheil gefällig und mir im vorliegenden Geschäft eine einsichtige Leitung ferner nicht versagt seyn.

Die Privilegien der vier freyen Städte sind nunmehr angelangt: durch gefällige Vermittlung des Herrn v. Leonhardi das von Frankfurt und Lübeck; durch Ew. Excellenz das von Bremen und Hamburg. Jene mit einem Schreiben unterzeichnet Danz, diese mit dem Namen Gries.

In dem Verzeichniß der verehrlichen Bevollmächtigten an einem hohen Bundestage finde ich ersteren als Gesandten der vier freyen Städte bezeichnet; der letztere unterschreibt sich in dem Erlaß vom 13. September als Gesandter der freyen Stadt Hamburg. Hie bey entsteht die Frage, ist Herr Syndicus Danz Gesandter der drey ersten Städte geblieben? und sollte es hinreichend seyn an beide genannte Herren meinen schuldigen Dank abzustatten? mit dem Ersuchen denselben an ihre Herren Committenten in meinem Namen gefällig zu übergeben, oder sollten vier besondere Schreiben an die genannten Städte selbst nöthig seyn? in welchem Falle ich mir Aufschrift Courtoisie und Unterschrift zu meiner Nachachtung erbitten würde.

Ew. Excellenz verzeihen diese fortgesetzten Behelligungen, nicht weniger, in Betracht unserer, gegenwärtigen [204] Lage, eine vielleicht dazwischen tretende Verzögerung ja ein mögliches Versäumniß.

Der große unerwartete Schlag von Osten her, welcher durch seinen Nachhall die ganze Welt erschüttert, trifft unsere Verhältnisse unmittelbar auf das gewaltsamste. Ew. Excellenz übersehen die schmerzliche Wirkung und empfinden das Peinliche meiner Stellung, da ich ein täglich theilnehmender Zeuge solcher Bekümmernisse bleiben muß. Ein hoher Familienkreis, der sich noch vor kurzem vollkommen glücklich preisen durfte, ist auf eine Weise verletzt, die keine Aussicht auf eine völlige Wiederherstellung hoffen läßt.

Und so darf ich denn auch wohl eben in Betracht von Ew. Excellenz wahrhafter Theilnahme zugleich erwähnen, daß ein höchst unangenehmer die Person Serenissimi berührender Fall hinzugetreten, indem Hofrath Rehbein, ein fürtrefflicher Arzt, welchem unser Fürst das verdienteste Vertrauen zugewendet, von einer tödtlichen Krankheit befallen worden, wobey wenig Hoffnung zu völliger Genesung Raum bleibt. Viele Getreuen finden sich dadurch für ihren Fürsten und zugleich für sich selbst besorgt in die bänglichste Verlegenheit gesetzt.

Solche unangenehme Mittheilungen verzeihen Ew. Excellenz gewiß einem unbegränzten Vertrauen: denn so sollten wir in solchen Fällen einige Linderung finden, wär es nicht indem wir uns entschließen [205] gegen verehrte Männer, von denen wir gleiche Gesinnungen erwarten dürfen, unsern Schmerz laut werden zu lassen.

In vollkommenster Hochachtung mich unterzeichnend.

Ew. Exzellenz

ganz gehorsamster Diener

Weimar den 28. December 1825.

J. W. v. Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1825. An Carl Leopold von Beust. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6C31-A