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An Ernst Christian Friedrich AdamSchleiermacher

[Concept.]

Die vor einiger Zeit gefällig angekündigte Sendung des doppelten Exemplars jenes höchst merkwürdigen ja einzigen monstrosen Schädels ist glücklich angelangt. Der Großherzog, mein gnädigster Herr, sieht dadurch einen seiner angelegentlichsten wissenschaftlichen Wünsche befriedigt und zwar glücklicher[325] Weise gerade zu der Zeit, wo er für die Jenaischen Anstalten auf eine höchst fürstliche Weise sorgt. Ich hoffe nächstens hinüber zu gehen und diese neue Acquisition persönlich einzurangiren.

Erlauben Sie mir bey dieser Gelegenheit zu sagen, daß jedesmal, wenn ich die mir untergebenen wissenschaftlichen Sammlungen durchschaue, die Ihrige als ein unerreichbares Muster mir vor Augen steht. Auch habe ich mich nicht enthalten können, sie öffentlich als eine solche anzurühmen.

Zugleich erbitte mir die Erlaubniß von manchem, was bey uns in duplo vorhanden ist, einiges nach und nach zu übersenden was vielleicht angenehm seyn könnte. Das eintretende Frühjahr fordert wieder zur Revision der Kabinette auf. Vorläufig sende nächstens ein Paar der vorzüglichsten Cameen des Wiener Kabinetts in Gypsabguß, welche zusammenhalten mit den Nachbildungen bey Eckhel höchst belehrend sind.

In Erwiderung des monstrosen Schädels werde sodann einen von denjenigen senden, welche mir zwischen hier und Jena aus einem hochgelegenen Grabhügel ausgegraben. Hofrath Blumenbach erklärt diese Nation für eine der schönstgeformten. Die Familienähnlichkeit der sämmtlichen aufgefundenen ist höchst merkwürdig, sie scheint in den frühesten Zeiten unsrer Ära sich von der Ostsee nach Thüringen gezogen und auf der Höhe zwischen der Saale und der Ilm ihr Wesen getrieben zu haben.

[326] Nun aber füge ich noch eine Bitte hiebey deren Verzeihung ich wohl hoffen darf, daß Ew. Wohlgeb. die Gefälligkeit haben mögen, mir den monstrosen Schädel nochmals in einem weißen Exemplare, wie er aus der Form kommt ohne weitere Nachhülfe, geneigtest zu gewähren. Es werden dadurch die Wünsche unserer Anatomen erfüllt, welche die Vergleichung mit gesunden Schädeln soweit als möglich verfolgen möchten.

Mit Bitte, mich den gnädigsten Herrschaften dankbarlichst verpflichtet zu Füßen zu legen.

Weimar d. 5. Apr. 16.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1816. An Ernst Christian Friedrich AdamSchleiermacher. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6C52-F