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An Sulpiz Boisserée

Mit heute fahrender Post geht endlich, mein Theuerster, ein Exemplar Divan an Sie ab. Ein gleiches sollte zu Epiphanias bey Ihnen einlangen, allein zu Weihnachten machte ein hübsches Kind darauf Anspruch, und so wird der Freund verzeihen daß er im Nachtheil stand.

Seit ich nichts von Ihnen vernommen, ist die unschätzbare Zeichnung des Mittelstücks des großen Hemmling bey mir angelangt. Es erregt Bewunderung und Freude bey allen die sie betrachten.

Wegen der Reise unseres trefflichen Danneckers hieher sind mir diese Zeit über einige Zweifel aufgestiegen, denn der Mensch denkt über eine Sache nicht einen Tag wie den andern. Es sind wohl sechs und mehr Jahre, daß ich Gall zu Liebe, der bey uns einsprach, meine Maske abformen ließ; sie ist wohl gerathen, Weiser hat sie nachher aufgesetzt und die Augen geöffnet; sollte es nicht hinlänglich seyn, wenn ich beydes hinsendete? wie müßte man thun, wenn sich das Original in die ewigen Wohnungen entfernt hätte. Die Formen sind hier ganz genau, Geist, Leben und Liebe muß ja ohnedem der Künstler hinein stiften. Es sey dieses nur eine Zwischenrede, der Hauptsache unbeschadet.

[173] Ein Heft Kunst und Alterthum liegt bey, möge Ihnen darin einiges gefällig seyn. Ein Heft Morphologie wird auch zunächst ausgegeben. Ich arbeite jeden Tag etwas weg, aber es giebt des Stoffes so viel, daß ich denselben sich kaum vermindert sehe. Arbeiten Sie fleißig mit frischen Kräften. Graf Reinhard schreibt mir daß Sie eine Reise nach Paris machen, ich hoffe noch vorher von Ihnen zu hören.

Weimar den 27. Februar 1820.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1820. An Sulpiz Boisserée. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6C79-8