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An Charlotte von Stein

d. 28. Abends im Garten.

Ich dachte mit dem Prinzen nach Tiefurt zu fahren als ich hörte es ginge alles hinaus. Darauf entschloss[49] ich mich kurz und gut unter mein altes Schindeldach zu kriechen und im Stillen mir und dir zu leben. Einige Geschäfftgen sind beyseite gebracht, ein Leben im Plutarch gelesen, und nun sag ich dir einen guten Abend. Morgen wird mich die alte mit einem Zettelgen erfreuen, nun hast du meine Post, und denckst gewiss an mich und bist vielleicht auch begriffen mir es zu sagen. O du beste! was deine Briefe einen Glanz von Liebe und Treue haben, wie ich mir dein Herz so sachte und schön geöffnet sehe! Wie ich mich auf den Montag freue!


den 29ten.

Heute hab ich den grösten Theil des Tags mit dem Prinzen August zugebracht er hat den Braten nicht verzehren, sondern nur anschneiden helfen, schade daß es nicht eine grose Gesellschafft war.

Dein Brief und Schachtel kamen über Tisch. Ich erfreute mich recht herzlich ieder Sylbe. Montags lade ich dich mit den deinigen ein, ich will es auch in deinem Quartier sagen. Welch ein schöner Tag wird es mir werden.

Der Herzog geht auf Dresden, er hat mich gar gut eingeladen mit zu gehn oder zu folgen, ich werde aber wohl bleiben. Der Prinz bleibt. Übermorgen wird die Comödie gegeben. Dies sind unsre Neuigkeiten. Gute Nacht liebste. Das zweyte Buch Wilhelm Meisters ist balde fertig.


[50] d. 31. Aug.

Gestern war ich den ganzen Tag in Bewegung und Zerstreuung. Heute früh erhalte ich dein liebes Packet und die Versicherung daß du kommst. Ich träume alle Nacht von dir und hoffe es soll bald wahr werden.

Heute wird die Comödie gegeben, die du auch nicht sehen sollst. Wäre der Herzog nicht gegangen, so wäre es später geworden.

Die Anstalten zur Dresdner Reise sind mir zuwieder. Der Herzog macht sie auf seine Art, das heist nicht immer die nächsten, und disgustirt einen nach dem andern. Stein ist auch ungehalten daß er im Oberlande hat für Wedeln vikariren müssen der nunmehr mitgeht.

Ich bin ganz ruhig denn es ist nicht zu ändern und es freut mich nur daß es keine Fürstenthümer gilt, um welche offt mit dergleichen Karten gespielt wird.

Isenflamm ist angekommen mit dem will ich brav politisiren. Der soll mir Wien inn und auswendig schildern.


d. 1. Sept.

Das Stück ist ziemlich gut abgelaufen.

Ich höre daß heute Abend die Pferde zu dir gehen also nur Ein Wort.

Ich erwarte dich morgen zu Mittage in meinem Garten wo ich dir ein Essen bereiten will. Welche[51] Freude dich wieder zu sehen und neues Leben von deinem daseyn zu nehmen.

Adieu liebste, zärtlichste und zärtlich geliebteste.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1782. An Charlotte von Stein. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6CD1-F