22/6237.

An den Herzog Carl August

Unterthänigster Vortrag.
Ew. Herzogl. Durchlaucht

erlauben gnädigst, daß Ihro Hoftheater Commission, indem sie das Gesuch des Balettmeister Uhlich um einen vierwöchentlichen Urlaub zu beleuchten schuldig ist, ihr gegenwärtiges Verhältniß gegen solche Gesuche im Zusammenhang darstelle.

Es ist Ew. Herzogl. Durchlaucht noch gnädigst erinnerlich, daß ihro Commission mehrere Jahre dergleichen Gesuchen widerstanden und solche niemals zugegeben, wodurch sie in den Fall gesetzt worden, das hiesige Theater mit einem geringeren Personal und also auch mit wenigern Kosten als andre Bühnen zu bestreiten. Da nun aber der Fall eingetreten, daß einige Ausnahmen statt gefunden, so waren solche Urlaubsertheilungen nicht mehr mit voriger Strenge abzulehnen.

Commissio hat indeß, nun jenen Vortheil nicht ganz zu verlieren, den Grundsatz aufgestellt, daß nur solchen Mitgliedern der Urlaub ertheilt werden könne, welche bey einem neuen Contract sich solchen zur Bedingung [230] gemacht; worauf denn freylich die bedeutenden Schauspieler, deren Contract zu Ende ging, sich diese Vergünstigung ausdrücklich vorbehalten.

Hierbey beobachtet Commissio genau einen andern Grundsatz, daß es nämlich nicht mehrere Personen auf Einmal, und wohl gar zu unrechter Zeit darauf Anspruch machen können.

Was die Zeit betrifft, so kann im Winter kein Mensch Urlaub ertheilt werden, weil gerade in dieser Epoche bedeutende Vorstellungen auf einander folgen zu lassen.

Beurtheilt man nun hiernach das Gesuch des Balletmeister Uhlich, so findet man, daß herzogliche Commission alle Ursache gehabt, sein Gesuch abzuschlagen, weil weder sein Contract hievon etwas besagt, noch auch die gegenwärtige Jahrszeit dazu schicklich ist.

Wollte man dagegen einwenden, daß gedachter Uhlich eher als andere zu entbehren sey; so werden wir bemerken dürfen, daß vielleicht bey keinem Geschäft die Consequenz gefährlicher sey als beym Theater, weil ein Jeder sich, besonders in günstigen Dingen, dem andern alsobald gleich stellt, und das, was dem einen zugestanden worden, gleichfalls für sich zu gewinnen sucht. Wie wir denn schon mehrere Urlaubsgesuche, die noch nicht durch neue Contracte zugestanden sind, nicht ohne daher entsprungene Unannehmlichkeiten abschlagen [231] müssen, welche sogleich, wenn Uhlich begünstigt würde, sich erneuern möchten.

Wir glauben daher keine Fehlbitte zu thun, wenn wir Ew. Herzogl. Durchlaucht in Betracht vorstehender Gründe unterthänigst angehen, es bey der dem Balletmeister Uhlich ertheilten abschlägigen Resolution gnädigst zu belassen.

Weimar den 30. Dezbr. 1811.

Ew. Herzogl. Durchlaucht Unterthänigst treugehorsamste Hoftheater-Commission. J. W. v. Goethe. F. Kirms. L. Kruse. [232]

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1811. An den Herzog Carl August. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6D08-F