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An Carl Ludwig von Knebel

Da ich ein mehr mühsames als arbeitsames Vierteljahr durchlebt habe und wenig davon zu sagen weiß, als daß es vorbey ist so wollte ich nicht eher schreiben, als bis ich dir das neuste Propyläenstück mitschicken könnte, in welchem doch wenigstens einige Spuren meines Daseyns zurückgeblieben sind. Wie oft habe ich Ursache deine Einsamkeit zu beneiden.

Deine Elegie hat mir viel Freude gemacht. Die Verbindung des Allgemeinen und Individuellen des Poetischen und menschlich Wahren thut eine sehr gute[120] Wirkung und eine ernste doch angenehme Stimmung theilt sich mit.

Gernings Besuch hat dir gewiß Freude gemacht, er ist von seiner Reise sehr vergnügt zurückgekommen, er hat mir deinen Zustand geschildert wie ich dich gern sehen mag.

Ich wünsche dir eine guten Nachsommer und einen leidlichern Winter als den vorigen ob er gleich auf dem Walde noch lang und streng genug bleibt.

Von mancherley Dingen die ich vorhabe mag ich nichts sagen, ja ich mag nicht gern daran denken wie viel ich vorhabe! Es sind alles Dinge die nur durch die reinste Stimmung hervorgebracht werden können, und die weltlichen Dinge sind nicht geeignet sie uns zu geben oder zu erhalten.

Die nahe Ankunft des Königs bringt uns auch aus unserm Geschicke. Da wir zweymal hinter einander Schauspiel geben, so bin ich bey dieser Erscheinung auch nicht frey von allen Beschwerden.

Ich packe diesen Brief zu dem Gelde, das ich hinlege bis sich Gelegenheit giebt. Ich habe 16 gr. für die Boten davon abgezogen. Durch Gerning wirst du die 50 rthlr. von Eisenach erhalten haben, das übrige habe ich diesmal ganz erhalten. Wahrscheinlich bist du von den Verhältnissen schon unterrichtet.

Lebe recht wohl und behalte mich lieb.

Weimar am 25. Juni 1799.

G. [121]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1799. An Carl Ludwig von Knebel. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6D3B-E